Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (21.1929)

Isak Habrecht. Himmelsglobus, Bronze vergoldet
Straßburg 1646
Versteigerung der Sammlung F. A v. Kaulbach durch
Hugo Helbing, München, am 29. und 50. Oktober
diesem Anlaß an seine Freunde einen Gesamt-
katalog versandt, auf den hier nachdrdicklichst
hingewiesen werden soll. Wir wissen, daß es nicht
zuletzt die vorbildliche Arbeit dieses Verlages ge-
wesen ist, die die letzte ungeheuer fruchtbare
Epoche der modernen Kunstwissenschaft begleilel
hat, eine Arbeit von größter internationaler Be-
deutung, die Pionierdienste auf vielen Spezialge-
bieten geleistet hat (z. B. dem der asiatischen
Kunst). Auch die Fülle der Objekte, die stets von
einer bibliophilen verlegerischen Liebe betreut ge-
wesen sind, hat in keinem anderen europäischen
Kunstverlag ihresgleichen, zählt doch dieser »Ca-
talogue general« über die Jahre 190/1 bis 192g
mehrere hundert Publikationen auf, die fast aus-
nahmslos dokumentarischen Wert besitzen.
So ist es auch verständlich, daß viele von den be-
kanntesten Vertretern auf diesem Gebiet in Frank-
reich, Belgien, Holland, Rußland, Deutschland
usw. gern die Gelegenheit benutzten, Herrn van
Oest ihre Wertschätzung und Bewunderung schrif t-
lich .auszusprechen, und auch diese »temoignäges«

sind nach einem historischen Überblick über die
Geschichte des Hauses in dem reich mit Abbil-
dungstafeln geschmückten Katalog wiedergegeben.
Anders das Gesicht des Verlags von R. Piper & Co.
in München, der das gleiche Jubiläum feierte und
aus diesem Anlaß einen reich mit Leseproben ge-
füllten. ebenfalls illustrierten Katalog edierte, der
mehr den Charakter eines Almanachs hat. Auch an
Pipers Verdienste darf erinnert werden, wenn un-
ter seinen Veröffentlichungen die reine Kunst-
wissenschaft auch vielleicht an letzter Stelle steht.
Dafür ist Piper einer der Bahnbrecher unter den
kulturellen Verlagen, und jedermann weiß, daß
Schriftsteller und Gelehrte, wie Meier-Graefe,
Worringer, Dvorak, Hagen, Hausenstein neben an-
deren programmatisch auf diesem Gebiet das Ge-
sicht bestimmt haben, daß Piper vor Jahren das
große Marees-Werk und die Entwicklungsge-
schichte Meier-Graefes herausgab, heute noch Ver-
leger der Marees-Gesellschaft ist und neuerdings in
seinen Piper-Drucken Meisterwerke der Reproduk-
tionstechnik geschaffen (bei dieser Gelegenheit sei
an die Ausstellung in der »Sezession« erinnert),
die im ganzen durch ihr künstlerisches Programm
überraschen. Vieles wäre noch zu sagen. Das ist
Aufgabe des obenerwähnten Katalogs. B.
Der durch seine bedeutenden kunstwissenschaftli-
chen Publikationen, besonders durch die berühmte
»Kunstgeschichte« von Lübke-Semrau, weit über
die Grenzen Deutschlands hinaus bekannte Paul
Neff-Verlag beging am 8. Oktober zusammen
mit der angesehenen Buchhandlung gleichen Na-
mens in Stuttgart das Jubiläum des 100 jährigen
Bestehens. Überblicken wir die lange Verlagstätig-
keit, so tritt uns ein Stück der Entwicklung deut-
scher Kunstgeschichte entgegen, repräsentiert durch
Namen wie Burckhardt, Gurlitt, Hofstede de
Groot, Kugler, Liibke, Schnaase, Semper und Woer-
mann. r
DER NEUE KATALOG DES KAISER-FRIED-
RICII-M USEU M S
Soeben ist im Verlage von Paul Cassirer-Berlin
ein neuer Katalog über die deutschen und
a 1 t n i e d e r 1 ä n d i s c h e n Meister im lvaiser-
Friedrich-Museum erschienen, der auf 5oo Ab-
bildungen fast den ganzen wesentlichen Bestand
des Museums auf dem Gebiete der deutschen und
altniederländischen Malerei wiedergibt. Der Preis
dieses Katalogs ist sehr niedrig gehalten und be-
trägt nur M. 4.5o. Zu wünschen wäre vielleicht im
Hinblick auf den populären Zweck des Unterneh-
mens, daß hinten im Register ein paar wesent-
liche Tatsachen mehr verzeichnet, stünden, die auch
der gebildete Laie nur ungern entbehrt.
Zwei weitere Bände, die die holländische und flä-
mische Malerei des 17. Jahrhunderts, die italieni-
sche und spanische Kunst sowie die französische
des 17. und 18. JahiTiunderts in Abbildungen ent-
halten, werden in Kürze folgon. G.