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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 21
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Meier-Graefe, Julius: Der Figurenmaler Corot
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0641

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J. B. Camille Corot Mariette (Mme Gambey). 1869—70
0,80:0,59 Robaut 1565 Photo: Durand-Ruel, Paris

ponierten Landschaften so oft die Absicht verstimmt;, fügt hier die Einsicht in die
Regie eine Beglaubigung hinzu, weil das Bildhafte gewinnt, weil das Gestellte ge-
schickter oder ungeschickter gemacht wird, weil es uns nicht hindert. Emma Dobigny
war keine Griechin. Sie lief im Atelier herum, erzählte den letzten VYitz vom Boulevard
und amüsierte sich über alles und nichts. Als Corot ihre nackten Beine malte, dachte
er viel weniger an Eurydice, als er es acht Jahre vorher bei der Arbeit an dem Salon-
bild von 1861 getan hatte, wo Orpheus die Eurydice durch den Wald zieht. Dort
gleicht sie einer Konfirmandin, die zum Tisch des Herrn geführt wird. Theophile
Gautier nannte sie eine Puppe ohne Gelenke. Jetzt dachte Corot nur an Emma Dobigny,
die wahrscheinlich ihren Strumpf geradezog. So mußte sie einen Augenblick bleiben.
Eurydice ist der Emma Dobigny nicht im Wege. Der Titel dokumentiert keinen
Archaismus, sondern den der Fesseln ledigen Mädchenkörper, ein Kosewort für die
griechisch anmutende Gliedersprache.
Nackte oder halbnackte Einzelgestalten kommen in der Kategorie nicht wieder. Das
Kleid gehört dazu. Zumal das kleinbürgerliche Kleid, nur erlaubt sich Corot mit ihm
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