Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0687
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Heft 22
DOI Artikel:Rundschau
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Hans Thoma
Sorrent
Axis der Thoma-Ausstellung der Ludwigs-Galerie in München
das seltsam verhaltene Temperamt, das sozusagen
hinter den Werken der van Eycks verborgen ist, zu-
tage tritt. So bei der noch ganz hieratischen »Verkün-
digung« des Colonel Friedsam, die Friedländer ganz
nahe an das Werk Jan van Eycks heranrückt, und die
bei allem »weltlichen« Detail— der Gartenmauer
und der Waldeslandschaft außerhalb derselben —
eine »Erscheinung« bleibt. Neben der »Verkündi-
gung« sieht man noch von Petrus Christus das in-
tensive Bildnis eines Kartäusermönches mit Hei-
ligenschein aus der Sammlung Jules S. Bache.
Dann kommt ein Männerkopf des Meisters von
Flemalle, dessen bekannte Komposition der Ma-
donna mit Kind in einer Nische stehend und von
zwei musizierenden Engeln umgeben, in der Ver-
sion eines Nachfolgers und einer Adaption von Ge-
rard David zu sehen ist. Von Bogier van der Wey-
den sind nicht weniger als drei der wenigen von
ihm bekannten Porträtköpfe vorhanden, der schöne
Kopf einer Frau mit weißer Kopf binde aus der
Sammlung des Finanzministers Mellon, der einer
Patrizierin (J. Piockefeller jun.) und Colonel
Friedsams Bildnis des Fionello d’Este. Außerdem
hat Mr. Mortimer F. Schiff eine Tafel mit Szenen
aus dem Leben des Papstes Sergius auf die Aus-
stellung geschickt. Eine entzückende »Madonna
mit Kind«, die den Kleinberger Galleries gehört,
geht unter der Bezeichnung »Nachfolger Rogiers«.
\ on Dirck Bouts sieht man eines seiner drei Bild-
nisse dieses Iyps (Colonel Friedsam) und drei
Madonnen mit Kind (Jules Bache; Jesse Straus;
Ernst Rosenfeld). Die »Anbetung der Könige« von
Joos van Glient stammt aus seiner frühen Zeit, ehe
er seine Reise nach Italien unternommen: es ist
ein Werk von erstaunlicher Raumwirkung. Hugo
van der Goes ist mit dem rechten Flügel eines
Altars vertreten, der einen Donator mit dem Heili-
gen Johannes in gewaltiger Konzentration dar-
stellt. A on Memling nicht weniger als sieben
Werke, darunter die, nach Friedländer ,früheste
Version seiner thronenden, von musizierenden En-
geln umgebenen Madonna mit Kind vor land-
schaftlichem Hintergrund (Sammlung Mellon),
zwei Christusköpfe, das Bildnis eines jungen Man-
nes mit langem Haar und eine wundersame, zarte
»Madonna das Kind säugend« (Colonel Friedsam).
Es folgen die Meister der Catharina, der Ursula
und der Lucialegende; Gerard David (die Geburt
aus der Sammlung Kaufmann; die Beweinung aus
der Sammlung Nemes u. a.); Colijn de Coter (eine
große Madonna mit Kind und Engeln); Hierony-
mus Bosch mit einem typischen und intensiven
»Christus vor Pilatus« und Jan Provost (Thro-
nende Madonna mit Kind aus der Sammlung des
Hon. Herbert II. Lehmann).
Des weiteren seien noch kurz erwähnt: Albert
Bouts; Quentin Matsys mit einem Frauenbildnis,
das Friedländer als das beste dieses Meisters be-
zeichnet und das in der Tat etwas Großes und
Glanzvolles ist und der »Ruhe auf der Flucht«
aus der Sammlung Oppenheim-Köln; Joachim Pa-
tinir; Herri met de Bles; Goswin van der Weyden
(»Beschneidung«); Joos van Cleve mit nicht weni-
ger als sieben Werken, darunter zwei Bildnissen
Sorrent
Axis der Thoma-Ausstellung der Ludwigs-Galerie in München
das seltsam verhaltene Temperamt, das sozusagen
hinter den Werken der van Eycks verborgen ist, zu-
tage tritt. So bei der noch ganz hieratischen »Verkün-
digung« des Colonel Friedsam, die Friedländer ganz
nahe an das Werk Jan van Eycks heranrückt, und die
bei allem »weltlichen« Detail— der Gartenmauer
und der Waldeslandschaft außerhalb derselben —
eine »Erscheinung« bleibt. Neben der »Verkündi-
gung« sieht man noch von Petrus Christus das in-
tensive Bildnis eines Kartäusermönches mit Hei-
ligenschein aus der Sammlung Jules S. Bache.
Dann kommt ein Männerkopf des Meisters von
Flemalle, dessen bekannte Komposition der Ma-
donna mit Kind in einer Nische stehend und von
zwei musizierenden Engeln umgeben, in der Ver-
sion eines Nachfolgers und einer Adaption von Ge-
rard David zu sehen ist. Von Bogier van der Wey-
den sind nicht weniger als drei der wenigen von
ihm bekannten Porträtköpfe vorhanden, der schöne
Kopf einer Frau mit weißer Kopf binde aus der
Sammlung des Finanzministers Mellon, der einer
Patrizierin (J. Piockefeller jun.) und Colonel
Friedsams Bildnis des Fionello d’Este. Außerdem
hat Mr. Mortimer F. Schiff eine Tafel mit Szenen
aus dem Leben des Papstes Sergius auf die Aus-
stellung geschickt. Eine entzückende »Madonna
mit Kind«, die den Kleinberger Galleries gehört,
geht unter der Bezeichnung »Nachfolger Rogiers«.
\ on Dirck Bouts sieht man eines seiner drei Bild-
nisse dieses Iyps (Colonel Friedsam) und drei
Madonnen mit Kind (Jules Bache; Jesse Straus;
Ernst Rosenfeld). Die »Anbetung der Könige« von
Joos van Glient stammt aus seiner frühen Zeit, ehe
er seine Reise nach Italien unternommen: es ist
ein Werk von erstaunlicher Raumwirkung. Hugo
van der Goes ist mit dem rechten Flügel eines
Altars vertreten, der einen Donator mit dem Heili-
gen Johannes in gewaltiger Konzentration dar-
stellt. A on Memling nicht weniger als sieben
Werke, darunter die, nach Friedländer ,früheste
Version seiner thronenden, von musizierenden En-
geln umgebenen Madonna mit Kind vor land-
schaftlichem Hintergrund (Sammlung Mellon),
zwei Christusköpfe, das Bildnis eines jungen Man-
nes mit langem Haar und eine wundersame, zarte
»Madonna das Kind säugend« (Colonel Friedsam).
Es folgen die Meister der Catharina, der Ursula
und der Lucialegende; Gerard David (die Geburt
aus der Sammlung Kaufmann; die Beweinung aus
der Sammlung Nemes u. a.); Colijn de Coter (eine
große Madonna mit Kind und Engeln); Hierony-
mus Bosch mit einem typischen und intensiven
»Christus vor Pilatus« und Jan Provost (Thro-
nende Madonna mit Kind aus der Sammlung des
Hon. Herbert II. Lehmann).
Des weiteren seien noch kurz erwähnt: Albert
Bouts; Quentin Matsys mit einem Frauenbildnis,
das Friedländer als das beste dieses Meisters be-
zeichnet und das in der Tat etwas Großes und
Glanzvolles ist und der »Ruhe auf der Flucht«
aus der Sammlung Oppenheim-Köln; Joachim Pa-
tinir; Herri met de Bles; Goswin van der Weyden
(»Beschneidung«); Joos van Cleve mit nicht weni-
ger als sieben Werken, darunter zwei Bildnissen