Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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Heft 22
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Govaert Flinck Brustbild einer jungen Dame mit Federhut
Versteigerung der Sammlung Kommerzienrat Held am 5. Dezember durch Cassirer-Helbing, Berlin
haft insofern als Stück für Stück der Leinwand,
sei es geringfügigstes Detail eines Kleides, sei es
die schlanke Fingerspitze einer stilisierten Hand,
neben dem Inkarnat eines Gesichts gepflegteste
Malerei ist. In dem »Selbstbildnis« sitzt jeder
Strich mit Vehemenz.
Das Bildornament der ausgestellten Hauptwerke
ist sichtbar runder geworden gegen die Arbeiten
der Nachkriegszeit in kantiger Neugotik. So folgt
auf die frühere, harte Abkehr Beckmanns vom
Impressionismus heute eine Synthese aus blühen-
der Farbmaterie und modern verdichteter Bild-
anschauung. Sascha Schwabacher
PRAG
Künstlervereinigung »Manes«: Mitglieder-
ausstellung
Diese Ausstellung lohnt den ausdrücklichen Be-
richt: zu der steigenden Klärung der älteren Mit-
glieder tritt das Temperament einer Schar junger
Künstler, die in dieser sehr klug geleiteten Ver-
einigung ebenso als frische Blutzufuhr wirken wie
umgekehrt Disziplinierung und Einordnung emp-
fangen Emil Fi 11a wandert weiter mit Picasso,
schafft aber trotz aller formalen Angleichung
weit mehr als bloße Nachbilder. Wir wollen unser
Urteil nicht auf der Bedeutung basieren lassen,
die eine so durchdisziplinierte und durchkulti-
vierte Malerei wie die Fillas hier in Prag zu be-
anspruchen hat. Wir konstatieren, daß hier eine
sehr persönliche Farbkultur gepflegt wird, die ab-
solute Bedeutung hat. Die in klare Mitteltöne ge-
brochenen Farben wägen sich mit größter Sicher-
heit gegeneinander aus und ergreifen durch die
leise Trauer eines hinter aller Resolutheit der For-
men stehendes Wissen. Die kleinen Bilder von
A1 f r e d J u s t i t z greifen in ihrer kösl liehen Aus-
gewogenheit über die Rahmen hinaus, so daß eine
»intime Monumentalität« von eigenartigem Pveiz
entsteht. V aclav Spalas ungebrochenes und et-
was unbekümmertes Temperament greift wände-
füllend aus in unzähligen Landschaften. Lim seine
malerische Potenz zu erfassen, muß man seine
Stilleben betrachten, die bei aller Festigkeit und
bei allem Temperament eine schöne Zartheit ber-
gen. Bei den Jungen regt sich eine leicht persiflie-
rende Note voll prickelnder Schmissigkeit, wie sie
bei Iloly und bei dem farbig treffsicheren Ko-
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