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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 22
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0690

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Hans von Kulmbach Bildnis eines jungen Mannes
Versteigerung der Sammlung Kommerzienrat Held am 5. Dezember durch Cassirer-Helbing, Berlin

tik durchaus überzeugt, während man hei Ja-
nousek allzuviel willkürliche Fixigkeit argwöh-
nen muß. Unter den Skulpturen fallen einige
Stücke der jungen Bildhauerin Marta Jiräs-
k o v ä auf in ihrer sicheren und volltönig erfaßten
plastischen Geste. 0. S.
*
PERSONALIA
ABY WARBURGf
Mit dem Hinscheiden des Hamburger Kunstgelehr-
ten Professor Dr. Aby Warburg, der nach langer,
schwerer Krankheit im Alter von 63 Jahren starb,
verliert die deutsche Kunstwissenschaft eine ihrer
stärksten Individualitäten, die Geisteswissenschaft
einen ihrer einflußreichsten Vertreter. Unver-
geßlich wird allen, die ihn kannten, die klare, ein-
dringende und überzeugende Art seines Vortrages,
das Profunde seines Wissens, die Weite seiner
Ideen und Schlüsse bleiben. Im Gespräch von
einem Gebiete zum anderen springend, immer
um neue Perspektiven, neue Spiegelungen und
Wendungen angeschnittener Fragen bedacht, ver-
stand er es, stets Zusammenhänge — sei es zwi-
schen den Wissenschaften, sei es zwischen den
Künsten — aus scheinbar chaotischem Wirrwarr
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aufzuzeigen. Seine schöpferischsten Ideen gehör-
ten der Renaissance, deren Kernproblem er in der
Rezeption antiker Vorstellungen und heidnisch-
mystischer Tendenzen sah. Das führte ihn zur Be-
schäftigung mit Grenzgebieten und Hilfswissen-
schaften der Kunstgeschichte, zur Religionsge-
schichte, Ikonographie, Mystik, Astrologie ebenso
wie zur Theater- und Kostümgeschichte. Sein
nicht sehr zahlreiches literarisches Oeuvre, be-
gonnen mit einer Dissertation über Sandro Bot-
ticellis »Gehurt der Venus« und »Frühling«, fort-
gesetzt mit Studien über flandrische Kunst und
florentinische Frührenaissance, über Dürer und
die italienische Antike, über Bildniskunst und
florentinisches Bürgertum, über italienische Kunst
und internationale Astrologie, legt für seine außer-
ordentliche Kennerschaft Zeugnis ab. Sie war
Wegbereiterin j für den Sammler und Bücher-
freund, der um die seltensten und verstecktesten
Werke wußte und die er mit viel Geschick und
reichen Mitteln für sich erwerben konnte. So
wurde die »Bibliothek Warburg«, die er bei der
Gründung der Hamburger Universität seinerVater-
stadt stiftete, das sichtbarste Denkmal und Haupt-
werk des Verstorbenen. Als Dienerin für die For-
schung hat sie sich in den vielseitigen Publika-
 
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