Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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Heft 23
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Frans Masereel Schiffe und Häuser
Aus der Ausstellung in der Städtischen Kunsthalle, Mannheim
Anzahl weiblicher Charakterköpfe und dichte-
risch-zart empfundene Landschaften, Klier den
ausdrucksvollen Charakterkopf W. Lieglers. Der
Clou der Schau sind die im Mittelraum 0.
Strands 5o. Geburtstag zu Ehren ausgestellten
szenischen Entwürfe, die den Phantasiereichtum
dieses besten österreichischen Bühnenarchitekten
zeigen. —
Wenn die Ausstellung der Sezession etwas bunter
und lebendiger wirkt als sonst, trägt dazu manches
die Aufnahme anderen Vereinigungen angehören-
der Gäste bei. Vom Münchner Dill gibt es eine
flockig gemalte Impression vom Turfplatz, von
E. Huber liebevoll gesehene Dorfbilder und An-
sichten aus Frankreich und Belgien, farbenreicher
als sonst, in der Komposition freilich oft arg zerfah-
ren. Züblow hat wiederum zur heimatlichen Scholle
zurückgefunden, der er seine besten Kräfte dankt.
Unter den jüngeren Künstlern der Sezession über-
rascht Dobrowsky, dessen Bilder jahrelang in
einem dem Seicento abgelauschten branstigen
Bot versanken, durch eine reichere und gelöstere
Farbigkeit. Fast einen ganzen Baum nehmen die
Skizzen und Entwürfe zu dem Neubau des Regie-
rungsgebäudes in Eisenstadt (Architekt R. Per-
then) ein. Ein unerquickliches Stilsammelsurium
(unter Bevorzugung barocker Elemente), eine
phantasielose Verballhornung von Überkomme-
nem und Neuem, die nur ein Glied in der Kette
von Mißgriffen der letzten österreichischen Regie-
rungen in baulichen Fragen bildet. Man denke
an die vielen geschmacklosen öffentlichen Bauten
aus dem letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts,
welche auch heute noch von den meisten Wienern
und den ihre Weisheit aus dem Reiseführer schöp-
fenden Fremden bewundert, die Ringstraße säu-
men; oder etwa, um ein Reispiel aus der jüngsten
Zeit zu erwähnen, an den von der österreichischen
Bundesregierung aus parteipolitischem Dünkel
betriebenen Wiederaufbau des Monstrums des am
i5. Juli 1927 leider nur teilweise niedergebrann-
ten Justizpalastes. —
Die Bilder des jungen Pirandello, die bei der rüh-
rigen Bukum A.-G. ausgestellt sind und die mehr
als die Erzeugnisse des Sohnes eines der berühmte-
sten Komödienschreiber als um ihres künstleri-
schen Wertes willen interessieren, zeigen einen
krampfhaft nach Originalität strebenden Künstler,
der, was ihm die Natur an schöpferischer Phan-
tasie versagt, durch die Eigenart einer durchaus
unmalerischen Technik wettmachen möchte. Eine
Technik, die durch dicken Farbenauftrag relief-
mäßigen Eindruck der einzelnen Objekte zu er-
reichen sucht, die im übrigen, wo es sich nicht um
an der Elephantiasis Picassoensis krankende Ge-
stalten handelt, eine gute Beobachtungsgabe ver-
raten. Poglayen-Neuwall
DRESDEN
Die Gedächtnisausstellung August M acke in der
»Fides« erweist, wie recht Franz Marc in sei-
nem Nachruf hatte. Es brach tatsächlich eine der
kühnen Kurven der deutschen künstlerischen Ent-
wicklung ab. Schwer vorzustellen, was wäre, wenn
Marc und Macke auch nur bis heute hätten wei-
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