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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 23
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Kunst-Literatur
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Sammler und Markt
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Rembrandt Die drei Kreuze
Auktionspreis: 70 000 M.

SAMMLER UND MARKT

DIE NOVEMBER - VERSTEIGERUNGEN BEI
BOERNER
I.
Hauptpreise und Hauptkäufer der Boernerschen
Auktion vom 5. bis 7. November sind wohl allen
Lesern durch die Tagespresse bekannt geworden.
Eine ausführliche Liste der wichtigeren Preise
bringt die Beilage des Cicerone. Doch die
wenigen Namen und die vielen Zahlen können
denen, die nicht der Versteigerung beizuwohnen
Gelegenheit hatten, das Fazit der Auktion nur un-
vollkommen vermitteln. Die »Spitzenpreise« sind
gewiß ein beredtes Zeugnis dafür, daß man, trotz
schwierigster wirtschaftlicher Verhältnisse in aller
Welt, noch in gewissen, freilich bestsituierten
Kreisen willig für eine unrepräsentative Kunst,
wie es die alte Graphik nun einmal ist, gutes Geld
ausgibt. Ohne Zweifel geschah dies jenseits von
Spekulation und Snobismus: denn einesteils blie-
ben gerade wichtige Käufer anonym, andernteils
sind die höchsten Preise derartig hochgeschraubte
Liebhaberpreise, daß man beim Erwerb nicht an
ein irgendwie aussichtsreiches Veräußerungsge-
schäft denken könnte.
Wie stand es nun um die allgemeine Stimmung
bei der Auktion? Wie stark war die Beteiligung
der deutschen Sammler und Museen? Wie verhielt
sich das Preisniveau für »guteMittelware«? Solche
und ähnliche Fragen drängen sich wohl vielen von
denen auf, die die Preislisten der Versteigerungen
zur Iiand nehmen . ..
II.
Die Kupferstich-Versteigerung.
Zu dem gewohnten Kreis der internationalen
Händler — wie meistens im Herbst, ohne die
Amerikaner — und der deutschen Museumsleiter,
— die freilich im Herbst auch nur in geringerer
Anzahl anwesend zu sein pflegen, da die kärg-

lichen Budgets ihrer Sammlungen vielfach schon
aufgezehrt sind, — gesellte sich noch ein kleiner
Kreis deutscher Liebhaber und Anticpiare.
Das Berliner Kabinett gelangte in den Besitz der
seltenen Tancrede-Illustrationen des Gabriel de
Saint-Aubin, von denen nur ganz wenige unzer-
schnittene Exemplare nachweisbar sind. Das Dres-
dener Kabinett beteiligte sich quantitav in den ver-
schiedenen Abteilungen am lebhaftesten, Nürn-
berg ein wenig, ab und zu auch die Leipziger Gra-
phische Sammlung sowie bei den Opitzschen
»Messeszenen« das Leipziger Stadtgeschichtliche
Museum.
Der Hubertus von Dürer, in der Druckcjualität
den schönsten Museumsexemplaren ebenbürtig,
wanderte nach Süddeutschland in Privatbesitz.
Auch beide Exemplare der Melancholie sowie eine
Anzahl der schönsten Dürer-Holzschnitte gelang-
ten in deutsche Privatsammlungen. Das einwand-
freie Exemplar von Rembrandts Triumph des Mar-
dochäus war für einen Dresdner Sammler bei sei-
nem nur wenig über der Hälfte der Taxe liegen-
den Zuschlagspreis geradezu ein »Fund«. In die
besseren Schongauer teilten sich ein durch die
Auktionsfirma vertretener deutscher Privatsamm-
ler und ein Schweizer Herr — leider fehlten in
der Serie die beiden herrlichen Madonnen (Num-
mern 681, 682 des Katalogs), die bei der Vorbe-
sichtigung bereits auf unrechtmäßige Weise ihren
»Liebhaber« gefunden hatten.
Der bekannte Amsterdamer Sammler Dr. Bierens
de Haan kaufte in altgewohnter Weise zahlreiche
Raritäten altniederländischer Meister, zum Teil im
Wettstreit mit dem Dresdener Kabinett oder dem
Beauftragten eines zweiten holländischen Samm-
lers, zum Teil gegen die Gebote eines belgischen
Händlers. In guten Qualitäten sind die relativ
wohlfeilen niederländischen Kleinmeister noch im-

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