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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

DOI issue:
Heft 24
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Scharf, Alfred: Eine Darstellung des Sündenfalls von Lucas Cranach dem Jüngeren
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0734

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arbeiten verschiedenen Hanges, zu selbständigen Schülerleistungen und auswärtigen
Nachahmungen, beruht nur auf einer subjektiven Skala des Qualitätsurteils, das die
besten Leistungen dem Maler selbst, schwächere Ausführungen Schüler- und Gesellen-
händen zuweist. Schwer, wenn nicht unmöglich, ist es dagegen, die erste Konzeption
einer Komposition unter zahlreichen Varianten festzustellen. Kein Wunder, daß Künstler-
persönlichkeiten, die in seinem Atelier tätig waren, nicht greifbar werden. So ist Hans
Cranach, der als schöpferischer Künstler genannt wird, in der Produktion der Werk-
statt untergegangen. Ein Beispiel für viele. Einzig das Oeuvre des jüngeren Lucas
kristallisiert sich aus dem fast unübersehbaren Schaffen des Ateliers heraus. Trotzdem
man ihm mit großer Sicherheit seit etwa 1544 zweifellose Arbeiten seiner Hand zu-
weisen kann, bleibt er in Darstellungsstoffen und Gestaltnngsprinzipien von seinem
Vater abhängig. Ein typisches Beispiel der Verarbeitung eines von seinem Vater oft
behandelten Themas und seiner Art bietet das hier farbig reproduzierte, mit dem
Schlangenzeichen und dem Datum 1549 versehene Adam- und Evabild aus New Yorker
Privatbesitz. Nur sclnwer kann man sich an den Gedanken gewöhnen, daß das email-
artig klare und höchst qualitätvolle Bildchen von ihm und nicht vom älteren Lucas
stammt. Es zeigt dieselbe kostbare Oberfläche, die das Bildchen in die Nähe kunst-
gewerblicher Bijoux rückt und die des älteren Cranach Spätwerke auszeichnet. Ver-
glichen etwa mit derselben Darstellung des Berliner Kaiser-Friedrich-Museums benutzt
er dieselben j ugendlichen, grazilen Akte mit unentwickelten und wenig durchgebildetem,
muskelarmem Körperbau. Beiden dient die Landschaft als Hintergrund, nicht als Schau-
platz. Fast frontal sind die Figuren in die vordere Bildebene gerückt. Aber während
Eva auf dem Berliner Bilde tänzerisch in manieristischem Sinne auf Adam zuschreitet,
stehen die beiden Gestalten auf dem Bilde des Jüngeren isoliert, Eva in einer Kontra-
poststellung, Adam in der von Dürer überkommenen Beinstellung. Im Gegensatz zum
Berliner Bilde sind beide Figuren annähernd gleich groß und einer zentralen Kompo-
sition eingefügt, die im Sinne der Renaissance auch die Landschaft mit dem im Laub-
werk weit ausgreifenden Baum in der Mitte und den fast symmetrischen Baumgruppen
im Hintergründe mit einschließt. Weitere Unterschiede bestehen in der Farbenwahl
und Farbengebung. Während der ältere Cranach verschiedene Farben wählt, um die
Männer von den Frauen, in unserem Beispiel Adam von Eva, zu unterscheiden und sie
rein als Lokaltöne verwendet, findet bei seinem Sohne die gleiche Farbe für das Inkarnat
beider Geschlechter Verwendung. Sie steht hell und kalt im Lichte und stellt Be-
ziehungen her zu allen Teilen der Bildfläche, die durch ein gelbliches Grün und Rot
belebt wird. So entsteht eine ihm eigentümliche neue farbige Einheit, die die alter-
tümliche Buntheit überwindet und auf koloristischen Forderungen der Renaissance-
theoretiker beruht.
Einen letzten Beweis dafür, das der jüngere Lucas der Schöpfer unseres Bildes ist, er-
halten wir aus einer lavierten Federzeichnung, die aus deutschem Privatbesitz in die
gleiche Sammlung gelangt ist. Darauf wird in zeitgenössischer Schrift stolz verkündet:
Pinxit hoc Lucas, Lucae Cranachis filius Ducum Saxoniae quodam pictor.
 
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