Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

DOI Heft:
Heft 24
DOI Artikel:
Rosenthal, Erwin: Eine wiedergefundene Miniatur Jacob Elsners von Nürnberg
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0738

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
wohlbekannten schönen roten Zahlen durch, vermerkte auf dem Innendeckel seinen
Namen und heftete auf das erste Folium ein großes Blatt mit der Geschichte seiner
jüngsten Bucherwerbung1. Entsprechend der Bedeutung seines neuen Besitzes versah
er die Handschrift nicht wie so oft eigenhändig mit dem Schedelschen Wappen (dem
Mohrenkopfe), sondern zog, wie aus dem eben erwähnten Blatt hervorgeht, einen
uns wohlbekannten Miniaturisten für die Einmalung seines Exlibris heran. Er vergab
die Arbeit, wie er schreibt, an Elsner (Et angelum cum armis meis per dictum Elsner
depingi feci). Stauber-Hartig vermuteten mit Recht, daß es sich hier um den Illu-
ministen Jacob Elsner von Nürnberg handeln würde. In der einzigen monographischen
Darstellung Elsners von Robert Bruck war diese Miniatur noch nicht erwähnt ge-
wesen. Die genannten Autoren haben einen Vergleich mit Elsners Arbeiten nicht
durchgeführt und augenscheinlich auch die Arbeit Brucks nicht gekannt. Stellt man
jetzt einmal die Figur des Engels aus dem Galen-Codex neben che erhaltenen Miniatur-
malereien Jacob Elsners, so kann gar kein Zweifel mehr darüber bestehen, daß Hart-
mann Schedel eben diesen Künstler für seine kleine Arbeit herangezogen hat.
Es mag die Heranziehung eines berufenen Fachmannes auch damit Zusammenhängen,
daß am Unterrand der ersten Schriftseite bereits ein Bildnis des Galenus in ornamen-
taler Fassung eingemalt war, daß also der gegebene Platz für das Wappen Schedels
bereits besetzt gewesen ist. Jacob Elsner hat nun seine Aufgabe überraschend glücklich
gelöst. War ihm nur noch der rechte Seitenrand zur Verfügung gestanden, so macht
er aus der Not eine Tugend, indem er eine langgestreckte Engelsfigur erfindet; das
Schedelsche Wappen selbst, dessen Schild sonst einzeln am Unterrand der Bücher ein-
gefügt zu werden pflegt, wird hier dem Engel in die Hand gegeben. Über golddurch-
wirktem bräunlichen Haar streben die großen grünen Flügel auf; das Karminrot des
Kleides steht über dem Blau der Wolken. In Erfindung und malerischer Haltung steht
dies reizvolle Werk der Nürnberger Kleinmalerei würdig neben den Miniaturen des
»Gänsebuches«. Durch Schedels Notiz ist die Einmalung des Engels im Jahr 1505
beglaubigt. Somit stellt er die früheste uns bekannt gewordene Arbeit Elsners dar.
Gerade aus diesen Jahren wurden in jüngster Zeit Buchminiaturen von Adbrecht Dürers
Hand bekannt, und es ist naheliegend und wichtig, von dieser Arbeit Elsners zu den
ganz gleichzeitigen Arbeiten Dürers zu blicken. In meiner Publikation »Dürers Buch-
malereien für Pirckheimers Bibliothek« schaltete ich bei Besprechung der Theokrit-
Miniatur, welche ziemlich genau gleichzeitig mit diesem kleinen Engelbild entstanden
ist, die Möglichkeit von Elsners Autorschaft aus2. Stellt man dies letztere heute neben
die Theokrit-Miniatur oder irgendeine der sonst für Dürer feststehenden Buchmalereien,
so ergibt sich die starke Überlegenheit der Dürerschen Arbeiten. Neben diesen erhält
auch der Elsnersche Engel eine gewisse Flauheit; es fehlt da an Präzision der Zeich-
nung, sei es schon in der Wirkung des Umrisses oder auch im einzelnen, so bei der
Wiedergabe einer Hand und der Durchzeichnung der Flügel. Wird aber auch die
Genialität des Entwurfs, die Kraft der Linie und der Reiz des Kolorits von Elsner nich t
erreicht, so bedeutet diese bisher unbeachtete Malerei einen willkommenen Beitrag
für die Kenntnis der zeitlich und namentlich festlegbaren Nürnberger Illuminierarbeiten.

L Wörtlich abgedruckt bei Stäuber op. cit. S. 24g.
2 Jahrb. der Preuß. Kunstsammlungen XL, Beiheft 1928.

702
 
Annotationen