Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0746
DOI Heft:
Heft 24
DOI Artikel:Rundschau
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0746
Maiy Duras Mädchen am Fenster
Aus der Ausstellung der Prager Sezession
wachsende bleichfarbige Iris. In glutende Farben
getauchte Bilder von Schmidt-Rottluff und Pech-
stein. Dazu noch Arbeiten von E. Heckei, Herbig,
in ihrer Tektonik einzigarlige Gemälde von Kersch-
baurner, von 0. Müller rhythmisch gegliederte
Figuren- und Landschaftsbilder. Von M.Kaussind
u. a. zwei farbensatte, wuchtig - monumentale
Donaulandschaften zu sehen. Nolde ist diesmal nur
mit zwei Graphiken vertreten. Ein in Wien bislang
ganz Unbekannter ist Ewald Matare, dessen an
prähistorische Felsbilder gemahnende geome Irisie-
rende Tierdarstellungen das Essentielle in präg-
nantester Formel wiedergeben. Alles in allem
dürfte die Ausstellung trotz ihrem geringen Um-
fange zufolge der hohen Qualität der Mehrzahl
des Gezeigten in Wien bei seiner lokalen Isoliert-
heit überaus anregend wirken. P.-N.
PRAGER SEZESSION
Die »Prager Sezession«, die neue Vereinigung zeit-
bewußter deutscher Künstler in der Tschechoslo-
wakei, tritt mit ihrer ersten Ausstellung (im Kunst-
verein) vor die Öffentlichkeit. Zu der ideellen Be-
deutung für die deutsche Kunst dieses Landes tritt
die faktische eines wirklichen Niveaus. Gäste aus
dem Reich und aus Österreich schaffen ein Belief
(diesmal K a r 1 Hofer und R. T h ö n y (Graz).
Korrespondierende Mitglieder: Sudetendeutsche,
die im Ausland leben, verknüpfen die einheimi-
sche Kunst mit den Metropolen Paris und Berlin.
Im Lande selbst schaffen zerstreut in kleinen Städ-
ten und in Prag beachtliche Leute, die wirksam
zusammengefaßt zu haben, ein großes AVrdienst
der mutigen Vereinigung ist. Denn einiger Mut ge-
hört schon dazu, hier für moderne deutsche Kunst
zu werben. Georg Kars gehört heute zu den
anerkannten Malern von Paris. Sein vornehmer
Lyrismus treibt hier das Niveau stark hinauf. Ru-
bins »Stilzel«-Zyklus bedeutet eine prächtige
Konzentration des großen Zeichners, eine ganz
große Sonderkunst. Moritz Melzer tönt im-
mer bewußter ab, klärt seine schöne Eigen willig-
keit. Mit Willy Nowak, der jetzt Professor an
der Prager Akademie ist, und F r i e d r i c h F e i g 1
kommen kultivierte Töne aus Berliner Arbeits-
atmosphären in die leicht ins Romantische aus-
schlagende Note der hiesigen Deutschen. Die Ge-
fahren eines solchen Romantizismus sind heute
liier allgemein erkannt. Von verschiedenster Seite
her sucht man dagegen anzugehen: Frisch ange-
nommene Natürlichkeit bei Anton Bruder, bei
F elix Bibus, bei Alois Watznauer, Grete
P a s s e r. Auflockerung aus Paris bei dem Maler-
temperament Maxim Kopfs, der nun immer
breiter ausholen darf, Formstudien im Stilleben
Püschel und Dorn. So leicht ist sowas nicht
auszutreiben: bei dem farbenfrischen Fritz
Kaus ek spukt es noch herum und bei M i k e v s k a
flüchtet es sich in einige »Hoferei« hinein. Bei
Dobrovsky kompensiert es sich durch Wiener
Malkul tur. Bei C h a r 1 o 11, e R a d n i t z dringt es
neuerdings aus froher, sehr persönlicher Fabulier-
lust zu sehr reifer Bildgestaltung voller Kul-
tur und warmem Sehen durch. Mit Richard
7 1 o