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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 24
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0755

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amerikanischer Katholiken dem Papst zum nahe
bevorstehenden 5o jährigen Priesterjubiläum ge-
schenkt werden soll. Es handelt sich um ein schö-
nes altes Bild aus Raffaels Zeit, das in besserer
Komposition in der Leningrader Eremitage als
»Madonna aus dem Hause Alba« nochmals vor-
kommt. Der Verteidiger des Bildes, der zugleich
sein Besitzer ist, hat in einer einstweilen nur in
englischer Sprache gedruckten Broschüre, die auch
in Deutschland unter der Hand verteilt wurde,
unter Hinzuziehung von Fachleuten in angesehe-
ner Stellung sich für den Namen Raffael einge-
setzt, mit der Bezeichnung »Madonna di Gaeta«
(früher im Besitze des Fürsten Putbus auf Rü-
gen). In der deutschen Presse hat man jetzt eben-
soviele Worte des Zweifels wie der Zustimmung
gefunden, so daß der Streit durchaus nicht als
geklärt gelten darf, zumal gerade namhafte Stim-
men geschwiegen haben und Kenner wie Lieb-
haber nach wie vor skeptisch sind. Auch gibt es
doch wohl zu denken, daß das in Frage stehende
Bild nicht einmal unter die zweifelhaften in dem
von Gronau herausgegebenen Raffael-Bande der
»Klassiker der Kunst« auf genommen worden ist.
Wenn man die Liste der fehlenden Stimmen be-
denkt, so fehlt vor allem die Zustimmung von
Bode, der das Bild seit etwa Jahren kannte und
es stets ablehnte. Es fehlt auch die Stimme von
Fischei, dem bekannten Raffael-Forscher, der an
einer Raffael-Biographie arbeitet und der Her-
ausgeber des groß angelegten Werkes über die
Zeichnungen des Meisters ist. Es fehlen Georg Gro-
nau, der Herausgeber jenes Raffael-Bandes, und
Bernhard Berenson, auf dessen Urteil sonst der
amerikanische Kunstmarkt hört. Von ausländi-
schen Gelehrten schweigen die Vertreter des Louvre
in Paris, der Direktor der National-Gallery in Lon-
don, Gorrado Ricci, der frühere Generaldirektor
der Altertümer und Schönen Künste in Rom. Von
jenseits des Ozeans fehlen der Direktor des Metro-
politan-Museums in New York, der Direktor des
Museums in Detroit, Valentiner, Paul Joseph Sachs
von der Harvard Universität und Edward Forbes
vom Fogg Art Museum. Es fehlen Namen wie Sir
Martin Gonway, Charles John Holmes, Paul Oppe
in London, der Verfasser einer Raffael-Biogra-
phie, Tancred Borenius vom Lehrkörper der Lon-
doner Universität, Oswald Siren in Stockholm und
Grabar, der bekannte Moskauer Restaurator und
Kunstgelehrte. Diese Liste fehlender gewichtiger
Stimmen könnte man beliebig fortsetzen. Dem-
gegenüber stehen als Zustimmende neben einer
Anzahl Direktoren deutscher Provinzmuseen vom
Auslande Namen wie F. Hermanin, der Direktor
der Staatlichen Galerien Roms, Nogara, der Gene-
raldirektor im Vatikan, eine Autorität auf dem
Gebiete der etruskischen Ausgrabungen, und Mon-
signore Wilpert, ein Spezialist für Katakomben-
malerei. —■ In Europa wundert man sich, daß
Amerika solche Opfer für eine so unsichere Sache


China, Wei-Zeit Falkner
Dunkelgrauer Ton, mit Resten rotbrauner und weißer
Bemalung Ausgestellt bei China-Bohlken, Berlin
bringen will und nicht bessere Verwendung für
sein Geld findet als es an ein Bild zu wenden, das
zum mindesten strittig ist und über das man nicht
anders urteilen wird, auch wenn es seine Stelle im
Vatikan finden sollte. R.
JACOUES DOUGET / AUGUSTE PELLERIN f
Zwei der größten französischen Sammler sind fast
gleichzeitig gestorben: Jacques Doucetund Auguste
Peilerin. Beide gehörten nicht dem alten Typus
des Sammlers an, dem seine Sammlung ein Dauer-
haftes, Unzertrennbares erschien. Den Vorwurf des
strengen Degas hätten sie verdient, der eines Ta-
ges einen alten Freund, einen Sammler, zu grü-
ßen sich weigerte und, als man ihn um den
Grund fragte, antwortete: »Er ist gestorben: seine
Sammlung wird verkauft.« Denn Doucet, der eine
sehr große Sammlung von Werken des Dix-hui-
tieme besaß, ließ sie im Jahre 1912 im Hotel
Drouot versteigern. Diese Auktion erregte Auf-
sehen, weil sie die für die Zeit fast kolossale
Summe von i/j Millionen Franken erreichte. Spä-
ter kaufte Doucet ausschließlich Werke der mo-
dernsten Malerei und des Orients.

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