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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Sonderheft Kunstliteratur
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18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0797

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18. Jahrhundert

MAX OSBORN: DIE KUNST DES ROKOKO.
Propyläenkunstgeschichte XIII. Berlin, Propy-
läenverlag, 1929.
Unter der Stilbezeichnung Rokoko faßt der von
Osborn besorgte Band die Kunst des 18. Jahrhun-
derts zusammen. Beabsichtigt war, das als Einheit
darzustellen, was durch stark differenzierte Über-
gänge vom Spätbarock bis zum Beginn des Klassi-
zismus an Kunstwerken produziert wurde. Daß
diese Einheit nur eine oberflächliche, beweisen die
Ergebnisse neuerer Forschung, die die Phase des
Spätgotik bis gegen die Mitte des Jahrhunderts,
die des Klassizismus bereits im dritten Viertel er-
kennen lassen. Der Name Rokoko bleibt demnach
nur einer kurzen Spanne, die genau dem Louis XV.
entspricht, überlassen. In dem vorliegenden Bande
sinddie widersprechendstenTendenzen unter Rokoko
begriffen, einesteils die »barocke« Kunst der Kirche,
die internationale Kunst der Höfe — hier triffl
der Begriff Rokoko noch am besten zu — und die
bürgerliche, schon stark klassizistisch gefärbte
Kunst des dritten Standes. Osborn hat das schwer
fixierbare Neben- und Nacheinander dieser be-
grifflich schwer zu erfassenden Epoche, die durch
vielfach wissenschaftlich noch nicht erforschte Ge-
biete führt, weislich zu durchdringen verstanden.
In seiner Darstellung beschränkt er sich auf feuil-
letonistische Schilderung der kulturellen und künst-
lerischen Tendenzen der Zeit, der spielerischen Ele-
ganz des Rokoko entsprechend, bewußt verzichtet
er auf Belastung des Stoffes durch wissenschaft-
liche Exkurse. Der wie allen Bänden der Propy-
läenkunstgeschichte wichtige Abbildungsteil ent-
hält, nach Ländern geordnet, Beispiele der Archi-
tektur, Plastik und Malerei, am Ende gesondert
das Kunstgewerbe und die reinste Schöpfung des
18. Jahrhunderts, das Porzellan, in gut gewählten
Beispielen. Die Auswahl der Abbildungen, aus-
nahmslos bekanntes Material, ist für die Charak-
teriesierung des Begriffs Rokoko im allgemeinen
ausreichend. Ohne daß eine wichtige Äußerung
des Kunstwollens übersehen wäre, wünschte man
breitere Berücksichtigung mancher Gebiete, so der
süddeutschen Architektur — wo blieben bildliche
Proben Lucas von Hildebrandts, der Asam, Fi-
scher von Erlach u. a. —, der französischen, eng-
lischen und spanischen Architektur, der italieni-
schen Malerei. Ausstattung des Bandes und Repro-
duktionen, an keiner anderen Stelle so umfassend
geboten, von oft gerühmter Qualität. Scharf
WILHELM DORN: MEIL-BIOGRAPIIIE. Verlag
von Gsellius, Berlin 1928. Preis brosch. 28, geb.
3o, Leder 60 RM.
Hier liegt ein Werk eifriger Forscher- und Samm-
lerarbeit vor, dazu bestimmt, Joh. Wilh. Meil, den
qualitätvollen und künstlerisch ebenbürtigen Zeit-
genossen Chodowieckis, einen unserer liebenswür-
digsten Buchillustratoren um die Wende vom 18.

zum 19. Jahrh., aus unverschuldeter Vergessen-
heit zu reißen. So entstand ein sehr brauchbarer
und verläßlicher Katalog, mit zahlreichen und gu-
ten Wiedergaben Meilscher Kompositionen ausge-
stattet, die auch dem dieser Kunst Fernerstehenden
einen vorzüglichen Einblick in das Werk und die
Schaffensart des Künstlers geben. — Als Einlei-
tung auf ein paar Dutzend Seiten das Leben des
Künstlers, das sich hauptsächlich in Berlin ab-
spielte, in klarer und auch kritischer Weise dar-
gestellt, sein Verkehr mit dem Kreise um Lessing
und Nicolai, seine Bemühungen um die Auffri-
schung der Akademie, deren Direktor er war. Dann
der chronologisch geordnete, 612 Nummern um-
fassende, beschreibende Katalog; zum Schluß eine
Autobiographie des Joh. IJeinr. Meil, des älteren
Bruders unseres Künstlers, sowie eine Denkschrift
Meils über die Einrichtung einer Zeichenschule in
drei Klassen für Handwerker an der Akademie.
Alles in allem vermittelt das Buch einen guten Ein-
blick in das Kunstleben und Schaffen der frideri-
zianisehen Zeit, für den man Dorn zu großem
Dank verpflichtet ist. Herbert Klinkhardt
GABRIEL MOUREY: LA PEINTURE ANGLAISE
DU XVIII e SlECLE. Paris et Bruxelles 1928.
G. van Oest.
Ein sehr französisches Buch. Kein Wälzer mit tau-
send Anmerkungen und Belegen, sondern eine
Plauderei, bewußt skizzenhaft in der Form (was
man manchmal bedauern möchte). Die Schwere
und Dumpfheit, die so oft deutscher Wissenschaft-
lichkeit anhaftet und nach Akten und Kolleg
riecht, ist ins Heitere und Beschwingte umgebogen,
und trotzdem ist in diesem Buch soviel Farbe, Um-
riß und Kritik enthalten, daß ein höchst lebendiges
Bild des 18. Jahrhunderts in England, seiner
Künstler, ihrer Schicksale und Werke entsteht. Ein
kluges und persönliches Buch also, das den Leser
von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln und
zu belehren weiß, und besonders reizvoll auch des-
halb, weil hier ein Franzose den Wurzeln einer
Kunst nachspürt und ihre Ausdrucksformen und
Gestaltungen würdigt, die so anders geartet sind
als die seines eigenen Volkes, und denen er nun
trotz mancher Vorbehalte und Einschränkungen
gerecht zu werden sucht und auch gerecht wird.
In großen Zügen und knapper Formulierung führt
uns der Verfasser den Werdegang der englischen
Malerei bis zu ihrer überraschenden Blütezeit im
18. Jahrhundert vor, als weitere Kreise des Volkes
von ihr ergriffen werden. Es ist die Kunst einer
Nation, der es an Einbildungskraft in künstleri-
schen Dingen fehlt und die immer erst des Anstos-
ses vom Auslande her bedurfte, um daraus Eige-
nes zu entwickeln. Diese Kunst aus zweiter Hand
birgt mit Notwendigkeit schon einen gewissen Ma-
nierismus in sich, der besonders sichtbar wird auf
dem Gebiete des Porträts (das den Hauptteil der
Abhandlungen Moureys einnimmt). Hier greifen

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