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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0187

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nitn z»§rn in Neih und Glicd mi't dein
Tambour an der Spitze nach dein Hafcn.
Die Genueser'saZen, daß der Aninarsch
dkr Frenvilligen noch »ie' so stark wie jetzt
gewesen sei, iind vielleicht wird noch fnr
einige Zeit jeden Tag eiiic Speditkon ab-
gchen. Kauin ili ein Schiff voin Stapcl
qtlaufen, so sieht inan wiederuin ncue
'Frekwillige maffenweise iii allen Straßen
stch unsl'rcitcn. Weiin man die hiesige
Beweguiig usit ansieht, muß man sich
wohl' sügeiidaß die' Proclamation Gari-
baldi'6 aii die italieiiischen Frauen, in
welchcr er sagt: „Mutter, sendet mir
Eure Svhne, Inngfrauen- sendet mir Eure
Freier", redlich befolgt wird. Auch sagt
man, daß 30 Mailänder Damen bin-
nen Klirzein nach der Inscl Sardinien ab-
gchcii' werden, uin dcii' Verwundeten in
den L-pikälern auf d'er Insel Sicilien Hilfc
zu'leistcii. — G.encral^Tü r r, der in M'ai-
land mit so virlcr Bcgeisterniig aufgcnom-
meu wurde, kaln letztcu Sänistäg hier aii
nnd wird dkescn Ab'cud äiif 'einem Post-
dampfschiffe dircct uach Messina abgehen.

Am lL. August wußtc mait in Nea pel,
daß l5,000 Freiwilligc sich init 2000 Ca-
labrescist in dcn Bergen vercinigt haben;
auch giiig l'n Ncäpcl das Gcrücht, Cosruz
habc mil 4000 Frei'willigen Taoriniiia
veriassen und die Nichtiing nach der Terra
Firma^ genommeii. Taormina. daö Tauro-
mcniuin der^ Alten, ist die Stadt, die auf
eincm fast uucrstciglichcn Fclsen fest, hoch
uud schön am Sudende der Meerenge liegt
nnb 4000, nach Anderen 7000 Einw. hat.

Dcr „Nazione von Florenz" schreibt man
auö N ea'p el, ll. Aug.: „Pianelli hat
20,000 Maiiu uuter sich: 20,000 stchcn
in zweiter Liiiic zwischcn Ncapel niid Ca-
labrieii; Desertioiien siiid so hänfig, daß
davön 730 allcin auf das 13. Infanteiie-
Negiment komincn. In Neapel bcreitct das
Genic Corps den Bau von Barricaden vvr.
Die Bcwohner vvn El Vomcro siud anf-
gcfordert worvcn, ihre Visteii zu verlafsen."

Turin, 20. Aug. Der Bischof von
Imola wurle vou dcin Gerichtc in Na-
vcnua frcigcsprochen.

Turin, 23. Aug. Die „Opliiioiit"
meldet aus Neapel voui 22.: Garibalhi
hac sich mit 80Ö0 Maiin ausgcschifft; in
Calabricn kst cinc Insiirrection ausge-
brochcu; Garibäldi nahni Ncggio ; die Nea-
politanrr coiictiitrirtcii sicl, b'eiMöntcleoiie.

Aus Ncapcl lautcn die Bcrichte schr
trübsclig, Nathlosigkeit und Vcrwirrung
im Innern wie nach Außen bci den höch-
steu Bchördtu, Zerwürfuissc in dcr könig-
lichen Faiuilic, Furcht und Zaghaftigkcit
untcr den Gutgesiuntcii, Schwankcn, thcil-
wcise sclbst Meiiiereieii nnd Trculosigkcilen
iui Hccre iind dcr Marinc, Unznveriässigr
keit, ja nicht sclicn Veirätherei bei den
uiitcrgevrdiiereu Beamtcn und Behördcn,
Anarchie und die vollfommenstc polirische
Dcmoralisalion uutcr deui Volkr, das, in

sich selbst, in dic vcrschiedenartigsten Par-
teien gespalten, nnr darin einig ist, lebig-
lich scinen vcrschiedencn Leidenschaften zu
gehorchen. Da ist es dciiu uicht zu ver-
wniidern, wenn die Bcsitzenden, naincntlich
die, dereii^ zci'therige politischc Stestung sie
irge'nd mißliebig machcn konntc, masscnhaft
auswaiidern, und auch in dcr königl. Fa-
milie Allcs inSgeheiin dazu vorbcrcitet wird,
bcsvuders durch Verkanf oder Dciseitc-
schaffung' astcr wcrthvosten Gegenstände.

Neapel, 13: Aug. Man schreibt dem
„Io.iirn. dc6 Dcb.": Sost ich Ihnen mit
e i n e m Worte sagcn, was man hier trcibt,
so sagc ich: „Man flüchtet!" Dcr König
hat das Fort St. Elmo und das neue
Schloß mit Boinbcn nnd Zündgeschosscn
gespickt. Dicser Hintcrgedanke Se. Maj.
war bis vor drci Tagen uicht uniiütz. Aber
scitdcm haben, wic es scheint, der Admiral
Mundp. lind die englische Eseadrc Instruc-
lionen crhalten, das Boinbardement und
die Erneuerung der Auftrittc in Palermo
zu verhüteu. Uiiterdcssen verbreitet der
Hof das Gcrüchk, der König werde, ohne
ciiien Schuß zu khuu, sich einschiffen, an
Europa und an scin Volk äppelliren, uud
die Sorgc für dic Erhaltung seines Erbes
dcr Diplomalic und. der Armcc überlassen.
Der Glaube baran mäßigt die rcvolutio-
närc Pärtei uiid rührt das Volk. Die
Wahrheit ist, daß der Köuig sich bis zur letz-
tin Stunde, bis zur letzten Patrone, bis zum
letztcn Manne und bis zuin letzten Thaler
verihcidigcn wird. Eine Vorsichtsmaß-
regei, die der König getroffen hal, ist, baß
er 30 Mistlonen Ducaten auf dcn kleiuen
Kri'eg6schöoncr„Ärth»r" schaffen ließ, ebenso
seine Essectcn uud viele Köstbarkeiten äus
drn köni'gl. Schlössern. Das Schiff soll
heute näch Triest in Src gehen. — Der
Schatz ist leer, buchstäblich leer, und be-
merkeii Sie wohl, daß der Hof außer tcr
gcwöhnlichen Eiunähme. des Königrcichs
scit sicben Monatcu 10 Mist. Ducaten
verausgabt hat. Das erklärtIhncn, warum
Herr Manna, trotz des Mißliiigeiis seiuer
Ml'ssivil in Turiii, nicht zurllckgekvinuien
ist uud auch uicht kommcii wird: Hcrr
Männa ist Finaiizini'nistcr. Wärc er hier,
so müßte er die Zahlungsauweisungeu uu-
tcrzeichnen, sie controlire», uud wäre vicl-
leicht genöthigt, diesen verzweifelten Fi-
iianzoperati'oncn deö Hofes ein Ende zu
machcn. In sciner Abwcsenhcit vcrfügt
der Königj über die Kassc. Der Schatz
zahlt auf eine Ordre des Secretärs dcs
Köiiigs die Suinmen, dic Se. Maj. wnuscht,
und so bleibt Franz ll. Herr uud Meister
der beidcn Hauptkräflc des SiaatS, dcr
Armee und dcr Fl'naiizcn. — Gcstcru Abeud
descrti'rteu gegcn 100 „Bapern", um zu
Garibaldi zu gehen, imd wurdeu nebst 7
biv 8 Söldätcii festgcnoinMen, dic von der
Hauplwache durchqegangcn waren.

l3. Äug. ' Der Köuig hat
bis jctzt allen an ihn gcstellteu Aii,liinen,

stlbst da, wo sic seine pcrsönlichen Nei-
gungen bctrafeii, mit großer Bereitwkllig-
keit nachgegcben. Nnr in dem einen Punkt
ist er trotz des nugestüineil Drängens dcr
Rcvolutionäre fcst geblieben, welchcr die
Entlassung ber freniden Trnppcn, ver
„Bapern'",. wie man sic hicr nciittt, be-
trifft. Er mag wohl einsehcn, daß diese
bie einzige Stütze sind, auf die er sich
noch verlässen kaun. Jhre Haltuug war
abcr aüch bisher musterhaft. llng'cachtet
allcr Vcrnachlässigung von obcn, sowie
aller Aiifcindnngen n»d Vcrsnchungen von
niitcü haben sie ,'hrc Treue nnd DiSciplin
aufrccht crhaltcn. Sie sind deßhalb auch
allgcmcin gefürchtet. — Die meisten Frem-
den habcn die Stadt verlasscn. Die hie-
sigcn Einwohuer der höhern Klassen sen-
den ihre Iliwelen nnd aiidere werthvosie
Gcgenständc zur Anfbewahrung, aui. die
cnglischen Schiffe, wofür sie gewisse Pro-
ccntc dcs Werthcs eiurichtcn müffen. Die
Engläiider machcn dabei gute Geschäfte.

Nenpel, 18. August. Der General
M a rra, der dcm Königc meldcte, die
calabrische Armce werde sich nicht gcgen
Garibaldi schlagen, hat seine Dcmission
gegeben und wurde ins Fort Sant Elmo
geschickt. — Die Könl'gin-Wl'ttwe ist ab-
gereist. Sie schiffte sich anf einem spa-
nischen Dampfer nach -Lpanicn ein. Ibre
Tochter und die jiingen Prinzen begleiten
sie. In Neapel bleibeii jetzt nur die Öheime
dcs Königs und deffen älterer Bruder.
Der Graf v. Sprakus wird auf ciiiein
sardinischen Schiffe nach Tnrin gchen, da
Viccor Emauucl ihn nach vorhergegange-
»er akteninäßigcr Erklärung, daß cr die
Einvcrleibüng bcidcr Sl'cillcn in Piemont
gut heißc, als Prinz des savopischcn Hau-
ses aiicrkannt hat. Der König wird über
Triest nach M ü n ch e n, odcr mit scinem
Oheim Trapani und seineni Brnder Trani
nach Spanicn gehen. — Die Pariser
„Presse" enthält gleichfalls eincn Bericht
ans Neapcl über den Abzug der Cama-
rilla. Daiiach zogen zncrst dic Iesiiiten
ab, dic Pässe als Missionarc oder Mis-
sionszöglinge liähmcii, um »ubehelligter zn
sein. Die Mehrzahl gkng nach ittoin. Nacb
Marseille fchifften siä> mit ihren Familicu
eiu die Hcrzoge vou San Cesario, Evoli,
Torremaggl'o und San Severo, dic Mar
chesen vou Cainpodisola nnd Azzia, der
Nittcr Toiiiiiiasi, dcr N'itter Zurlo nüt der
bcriihinteii Täiizeriu Tadolini, der Fürst
Zurlo ii. s. w.

T ü r k e i

Aus Al.eraiidricn vom 6. d. schreibt
maii, daß dci» Vicc-König dcn mit ihreii
Fainilicn grflüchtcten sprischcn Christen Lä»-
dcrcicm zur Ansiedelung angeboteu hae,
falls sic sich in Aegpplcn wiirdc» uieder-
lassen wollen. Er laßt ihncu fortwährcud
mannigfachc Unterstlitzuiigeii zu Thcil
wcrdcn.
 
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