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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0195

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Dicscs und das Gerücht, daß dcr Kri'egs-
Mliu'ster den Befehl erhaltcn habe, auf
dem Papi'er alle Vorbereitungcn znr Auf-
slellnng ei'ner Armee von 100,000 Mann
zu trcfscn, verinchrt die Bcsorgnifsc natür-
lichcr Wcise, wclchc die allgcineine Situa-
tion, so wic sie dem Publikuin erschcint,
dcinselbcn cinstvßt. Es ist fcdoch denkbar,
daß dcr Kaiser noch nicht mit Bestiinnit-
hcit auf die Neise nach Algier verzichtete,
und daß er sie nur deßhalb-iiicht officiell
aiikülidigen ließ, weil er cs für inöglich
hält, daß dic Staatsgeschäftc ihn zwingen
würden, rascher, als cr es sich vorgesetzt
hatte, nach Paris zurückzukchren. — Der
Prinz Peter Bonapartc hat Lust, zu
Garibaldi zu eilen, es schcint jedoch, daß
der Kaiser ihm dic Erlanl'iiiß verweigert.

Paris, 24. Aug. Ein Decret erklärt
als ein Werk von öffentlichein Nutzen die
Herstellung des Hafcns in Thonon
und die Äusbesserung desscn in Evran
am Genfer Sce (die ncutralisirte Zonc!).
— Die Majestätcn sind anf ihrcr Neise
dnrch Frankreich, Corsica und Algcrien
l'n Dijon angekoninicn, wo sie mit En-
thlisiasiiilis empfangen wurden. Die sehr
patriotische Redc des Maircs von Dijou
sagt: Wenn Europa uoch unter dem Ein-
drnck der furchtbarcn Macht Jhrer Waffcn
stcht, so fürchtet es doch noch weit mchr
die Spmpathieen, die Sie bci den Völ-
teru erwkckt habcn. Der Bischof drückte
Ln seincr Nede dic Hoffnung aus, daß der
Kaiser dcr schwcren Verlegcnheiten Herr
wcrden werde, welche einc vom Wegc dctz
Rcchtcs und der Gerechtigkeit abgewichene
Politik dcm ältesten Sohne der Kirche,
dem Nachfolger Pipins und Karls des
-Großen auferlcgen wolle. Er hofft, daß
cr die die Kirche bcdrohenden Wellen ent-
fernen werde, und rühmt dic der Eifer-
sucht eincr winkelzügigen Politik (Eng-
land!) zum Trotz untcrnoinmeue sprischc
Erpedition. Moniteur. — Jm Constitu-
tionnel constatirt Grandguillot dcn aus-
gezcichnetcn (!) Zustand ber Bezichungen
Awischen Frankreich und Oestcrrei ch.

S ch w e i z.

Schaffhausen, 24. Aug. Wie wir
dcni„KIettgauer"cntnehmeii, hat diegroßh.
badi'lche Regierung derjenigen von Schaff-
hausen den Wunsch ausqesprochen, sie
mögc nun die vertragsmäßigen Erpro-
priatioiicu sür die Eisenbahn vor-
nehmen. Als großh. Erpropriationscom-
niissär soll auch demnächst Hr. Bahnbau-
cassier Schue m acher aus Pforzhcim in
Schaffhausen eintrcffeii.

C n g l a n d.

London, 22. Aug. Eiiie Citp-Demon-
stration für Garibaldi soll morgen statt-
sinden. Maueranschlägc laden dazu nach
der „London-Tavern" cin. Dr. Noß vom
Gemcinderath wird den Vorsitz führcn.

Außcrdein fordert daS Garibaldifonds-Co-
niite zu Geldbeiträgcn in öffentlichen Zci-
tlliigs-Anzelgen auf, nnd hat der wieder-
holt genannte Cupitän Stplcs ein Bureaü
eröffnet, um — so lautet die Anzcige —
„allen Jenen (namentlich abcr Mitglic-
dcrn von Frciwilligcncorps), welchc das
südliche Jtalien bcsuchen, und durch ihre
Gcgenwart und durch ihrcn Einfluß die
Sache Garibaldi's und ' Jtalicns fördcrn
wollcn, Anskunft über die bcstc Art zu
reiscn zu ertheilen." Man sieht, dic An-
küiidigung ist so gcschickt stplisirt, daß ihr
das Gesctz nicht gut zu Leibc kann.

London, 23. Aug. Wie dem Ncu-
ter'schcn Telegraphcn-Bureau gemeldct
wird, fand am Geburtstage des Kaisers
von Oesterrcich am russischen Hofc ein
großcs Festmahl statt, welchem der österr.
Gesandte beiwohnte. Der Kaiscr Aleran-
der brachte bei dieser Gelcgenhcit einen
Toast aus „zu Ehren meines theuren
Bruders, des Kaisers vvn Ocsterrcichs!"

London, 24. August. Dasselbe Burcau
bringt Nachrichten aus Meflina vom 20.
d. M., welche die Landung Garibaldi's
bc: Melito bestätigen. Jn der vorigen
Nacht hat, nachdem gestern ein Gewchr-
feucr auf dic Besatzung cröffnet wordcn,
wobei sich die Citadelle ruhig vcrhielt,
cine neapolitanischc Schildwache aufeinen
englischen Unterthan gefeuert. Ein zu
Liverpool gekaufter Kriegsdampfer war
angekonimcn. Der Franklin war nach
Meffina zurückgekehrt, nachdem scine Ver-
suche, den Torino wieder flott zu macheu,
vergeblich geblieben waren. Die neapo-
litanischen Schiffe hatten nicht auf den
Franklin gefeucrt. Man erwartcte am
Abendc dcs 20. eiiicn allgcincincn Kampf.
— Demsclben Bureau geht folgende
Nachricht zu: Obschon in Teplitz ein
Einverstälidniß iin Prinzip übcr mchrerc
Fragcn festgestellt wurdc, so hängt die
Verwirklichung cincr Allianz zwischen
Ocstcrrcich und Prcußen dennvch von den
politischen Ncfornicn Oesterreichü ab. Dcr
Prinz-Negent von Preußen erklärte dem
Kaiser, daß Oestcrrcich die Bestiminung
vcr Bundes-Akte verletze, welchcr zufolgc
alle Bnndesstaaten ständischc Verfassungen
crhalten niüsseu; so lange Qesterreich
nicht aus d°en Boden der Gesctzlichkeit
zurückkehre, köunc eine wahrc Allianz
nicht eintretcn.

Das Neuter'schc Telegraphen-Bureau
berichtct aus Wien: „Der Ministerralh
hält seit mehrercn Tagen fast pcrinanent
Sitzungen, weil er vor Ende' August vom
Rcichsrathe aufgefordert wcrden wird,
übcr dic Reorgaiiisation Oesterreichs sich
auszusprechcn.' Man hegt Besorgnisse,
daß die Negierung keine ziifrl'cdenstellciide
Maßregeln erlassen werde. Für diesen
Fatt siud die ungarischcii Mitglieder cnt-
schlvsscn, dcn Ncichsrath sogleich zu ver-
lassen, und man erwartet dann eine

Stetler-Verweigcrimg in Ungarn. — Un-
garische Flüchtlinge machen gegenwärtig
in der Walachci Propaganda für die Re-
volution. Außcr anderen militärischen
Maßregeln wcrden auch bereits fünfzehn
Cavalleric-Negiinciiter unter Feldzeugmei-
ster Bcnedek vereiiiigt."

Jn der gestrigen Sitzung des Unter-
hanscs erwidertc Lord Palinerston auf
eine Jnterpcllation Sepinour's, das Suez-
Canal-Project sei der allergrößte Schwin-
del, uiid einc Ausführung desselben un-
denkbar.

Italt en

Venediq', 20. Aug. Die Eisenbahn-
arbeiten zwischen Cormons und Nabresina
sind beendct. Am 1. Sept. wird die Bahn
von dem Banunternchmcr der Gesellschaft
übergebcn und am 5. dem Publikum er-
öffnet wcrden. Und somit ist das große
Wcrk vollendct und die Kaiserstadt mit der
Königin der Lagnnen verbunden. Sehcn
wir darin eiu günstiges Wahrzeichen für
unsere jetzt so nmhülltc Zukunft.

Turin, 22. Aug. Ein k. Dckret be-
ruft die 2. Kategorie der Altersklasse von
1839 cin, wodurch das Hcer vollständig
auf den Kricgsfuß gcsctzt wird. Gelegent-
lich der Landuiig bci Melito ward der
Dampfer Torino, Eigenthum dcr transat-
lantischen Gesellschaft, in den Grund ge-
bohrt. Die Mannschaft soll gercttet wer-
den, die Ladung hingegcn verloren ge- '
gangen sein.

Neapel. DicLandung der Gari-
baldianer daucrt nach der „Patrie"
unnntcrbrochen fort; nian schätzt die bis
jctzt gelandeteu auf 8000. Sic berannten
Neggio, welcher Platz nach dem „Paps"
bereits gefallcn ist. Lctztcres Blatt spricht
auch vou eiuem bereits stattgehabten Ge-
fecht, dessen Nesultat man aber noch nicht
kenne. Die Landungen erfolgen uach der
„Patrie" ohne ernstliche Hiilderniffe von
Seiten der neapoli'tanischeii Flotte, dic in
hinlänglicher Stürke in der Meercnge vor-
handen sei. Dic Garibaldl'aner verbrciten
cinc Proclamation an die ueapolitani'sche
Armee, in der es heißt, daß Frankreich,
England und selbst Nußlanb Garibaldi's
Un'tcrnehmeil zu Giinsteil der italienischen
Einheit begüiistigten. Die neapolitanischen
Truppen der drei Calabrien waren im
Marsch auf Pinopoli, um sich dort zu
concentrireu.

Ein Brief aus Neapel vom 21. Aug.
(via Toulou) mcldet, daß dcr k. Jntcn-
daut von Potenza in der Provinz Ba-
silicata an die Spitze des Aufstandes ge-
treten sei; 4000 Jnsurgenten Calabriens
wärcn zu den Garibaldianern gestoßcn,
die Neggio angriffen. Der Telegraph war
bis nach Palmi unterbrochen. Dic Stadt
Neapel erwartc mit jedcm Augeublick die
Landung Garibaldi's selbst.
 
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