Heidelberger Tagblatt (1860 (Juli bis Dezember))

furt. Man erwartct, daß der hieslge Sc-
nat, dcr dic dcßfaflsigcii wicderholtcii An-
rcglingcn deS .acsctzgcl'endeii Körperö bi'S-
hcr nnberncfsichti'at gelasscn hat, cndlich
crnstlich auf die Cntscrnnng dcr anSwär-
tigcn Bundcötruppcn dringen wird. ^Die
answärti'gcn Truppcn kostcn dcr Stadt
Iahr für Iahr thcures Gcld; nach dcn
ncnlichen Berhandlungcn iin gcsctzgcben-
dcn Körpcr kosten allci» die Ausbcssernng
zerschlagcncr Fcnstcr in den verschirdenen
Kasernen der Stadt jährlich nrchrcre Tau-
send Gnlden.

Dresden, 9. Scpt. Die Schiller-
lvttcrie wird bercits vor dcm 10. Oct.
geschlosscn werdcn, sobald 600,000 Nnin-
rncrn vcrkauft sind. Gcstern waren hier
ini Ausstclluiigslokal bcreits dic Nuininer»
602,400 ff. a» der Verkanfsrcihc.

Elberfeld, 7. Sept. Dic Handels-
kaniincr von Elbcrfeld nnd Barmen hat
der Handclskainincr zu Hcidclberg wegen
Bcrilsnng cincs dentschen Handels-
tagcs geantwortet, daß sie ihre, iin Ein-
klang niit der perlnanentcn Coiiiiiiission
des prcnßischen Handelötagcs bcreits ans-
grsprochene Ueberzengung, „daß nnr bei
Bcschränkung der Berechtignng zur Theil-
nahme ain Handelstage auf di'e Zollver-
cuisstaaten ein practischer Erfolg zn er-
reichen sei", nicht anfzugeben verinag.
Di'csc Mvdalität sci abcr bei dcr iin Nund-
schrcibcn vom 14. Angust vorgeschlagenen
Abstiininung nicht znr Frage gestellt wor-
d-.n; sie beantragt also. diese Frage zn-
sälzli'ch stcllen und darnber gleichfalls dic
Abstiniinlliig der Handclsvorstände ver-
anlassen zn wollen.

Hcrnnover, 9. Sept. Der Minister
deS Innern, Graf v. Borri.es, hat es
nencrdingö für nötbig gchalten, durch die
rlanddrvsten deni gesainuitcn Verwaltnngs-
personal crössncn zn lassen, daß in seinein
Rcffort das Anfrücken in höhere Stellen
wie überhanpt jede Befördernng nicht
mehr nach dcm Prinzip dcr Ancl'ennetät,
sonvern nach Maßgabe des politischen
Wohlverhaltcns erfolgen werde.

Wien, 8. Scpt. Der Gcheinierath
Graf H a r t i g hat cine politische Denk-
schrift ansgearbcitet, welche vielfach als
ein Fingerzeig znin Ausweg aus den
östericichischen Verfassnngswirren bezei.ch-
nct wird. Nach ciner knrzen Analysc dcr
„Allg. Z." zeigt dic Schrift, „daß ei'nc
das Ganze unifasscnde Vcrfassung das
einzl'g Mögliche für Oesterreich sci und
jede andere Mcthode, auö den Schwierig-
kcite» sich zu rctten, ittnsorisch ist. Dic
Grundanschauung dieser Schrift steht dem
Miiioritätsgutachten des rcichsräthlichen
Budgctausschusscs nahe; nur daß sie in
das Wie der Orgailisation positiv und
concret eingeht, während sich das Gutach-
'ten dessen enthalten zu iiiüssen glaubte. In
besoudcrem Grade bcliierkenswe.rth scheint
die Art und Weisc, wie die Klippe ver-

iiiicden wird, welche für Ocsterrcich ohne
Zwcifel die gefährlichste ist, näinlich dic
Klippc der Parteicii-Ncgirrnng und dcr
Majoritäten-Herrschaft." Dic Denkschrift,
wclche den Titel führt: „Nenn Briefc über
Verfasslingsrefornien in Oesterreich", ivnrdc
von der Polizei init Beschlag belegt nnd
dann wi'cdcr frcigcgcbcn.

Wien, 9. Sept. Ein Ministerwechscl
stcht i'in Begriff sich zu vollziehen. Man
erzählt, daß dcr Ministcr deö Innern Graf
Golnchowski znrücktretcn und durch dcn
Grafcn Clain-Martl'ni'sz crsctzt wrrden
solle; cbcnso der Jnstl'znlinkster Graf Na-
dasdp dnrch den Grafen Apponpi, nnd
cndli'ch dcr Polizeiini'nistcr v. Thicrri durch
dcn Grafcn Szecsen. Es bcdarf kanin
dcr Erwähnung, daß, wenn diese Nach-
richt sich bestätkgen sollte, dies einer An-
nahme dcs Mchrheitgutachtens der Ncichs-
rathsbndgctcolnniission von Seiten der Ne-
gicrung gleichkoininen würde, und daß
einc solche Minl'stcrconibination, in Vcr-
bi'ndnng init der cbcn eingetroffciien Nach-
richt von dcin Ei'nzuge Gctlibaldi's in
Neapel, nicht allekn die Börsencnrse, son-
dern auch alle Hossnungeii dcr wohlinci-
nendkn Neforinpartei in Ocsterreich anf
das tiefste Niveau herabdrücken würdc.
Wenn dic Beschützer des nenen Blattcs
„Das Vaterland" wirklich das Nnder dcs
Staatcs in di'eseiii kritischcn Augcnbli'ck
ergrcifcn spllten, so kann der wahre Frcund
Oesterreichö und Dentschlands nnr iliit dcr
tiefstcn Besorgniß in die Znkunft blicken;
denn eine dcr stärksten Säulen Dentsch-
lands würdc sich sclbst dadnrch der inncrn
Festigkrit, dcs innigen, vertrancnsvollen
Znsaninicnhaiiges zwischen Volk nnd Ne-
giernng beranben. Ietzt, da cs vor Alleni
Noth thnt, das biöher znrückgcdrängte,
vernachlässigtc dentsche Eleinent in Oester-
reich zn stärken, dainit es den ccntrifn-
galcn freinden Nationalitäten gegenüberl
als Bindeuiittel nnd festcr Mittclpnnct
diene, jetzt wäre ein wescntlich nligarischcs
Nll'nistcriilin ein Mißgriff, der dnrch keine
von ihui ansgehcnde Maßregel wieder gut
zu inachen wäre.

Wien. Die „Preffe" und „Ostdentsche
Post" voni 11. bringen (s. das Telegr.
in Nr. 216) ci'nen Bericht übcr die ani
10. stattgehabtc erste Plcnarsitzung dcs
verstärktcn Reichsraths. Bei der Bcr.a-
'lhung nber das Hofstaats-Bndget wii?de
dic Sparsainkei't dankbar anerkannt nnd
deni Kaiscr ein einstl'iliiniges Hoch gebracht.
Anläßlich der Budgetberathnng für das
Cnltns- nnd Unttrrichtsniini'sttrinin bean-
tragte Handelskaninier-Präsident Maager
aus Cronstadt cine Nevision dcs Concor-
dats, sowie Gleichstellnng aller christlichcn
Glanbensbcktnntniffe als Staatögrundge-
sctz. Jn ähnlicher Wcise sprachen sich
Schaguna, Pctrino und Moczonp zn Gun-
sten der grl'echisch-orientalischcn Kirche aus.
Die Versaniinlung beschloß im Sinne dcs

Maagrr'schen Antrages zwci Zusätze z»m
Coinlteberi'cht, dcrcn cincr sich gegen dke
Verschiedenheit dcr Staatsunterstiitznngen
an Kirchc und Schnlc, dcr andere für
Negclung der confessionellen Verhältiii'sse
ansspricht.

K r a n k r e t ch.

Paris, 12. Sept. Das „Paps" ent-
hält nachstehende Note: „Dic Mächte, in
Uebcreiiistlliimnng mit Frankreich, haben
sobald sie von der Proclaination des Kö-'
nigs Victor Einanuel, worin er die J„-
terveiition Pi'cinonts in den Markcn uiid
in Uinbricn ankündigt, Kenntniß erhielten
gegen diese Unternchinung protcstirt, d,'e
sie, welches anch dieIntenti'onen desKöm'gs
Vi'ctor Emannel scien, als dcm Völker-
rechte widerstreitcnd bctrachten mnßtei,.

Paris, 13. Sept. Die „Patrie" be-
richtet: Der König von Neapel habe am
12. d. Gaeta verlassen und ist auf einer
spanischen Fregatte nach Sevilla abge-
reist. Lamoriciere hat sich ini't 8000
Mann bei' Ancona conceiitri'rt, 45,000
Mann Piemontesen sollen die Linie von
Ancona angreifen.

Paris, 13. Sept. Die röini'sche
Garnison wird vermehrt; Gopon kehrt
auf seinen Posten zurück.

rNarseille, 11. Scpt. Dic ncapoli-
tanischen Generale Ischitel la nnd D a-
gostinv sind in Marseille eingetrossen.

S ch w e i z.

^ Basel, 8. Sept. Unscre Stadt hat
am 6. und 7. d. M. das Fest des vier-
hnndertjährigcn Bestehens ihrcr Universität
begangei^ Von nahe nnd ferne wareir
Freunde nnd Iünger dcr Wisseiischafc und
des Geistes herbcigeeilt, dasselbe feicrlich
begehen zu helfen und dnrch ihre Anwesen-
heit zu verschöncrn; ebcnso bcthei'ligte sich
die Bürgerschaft sehr zahlrcich daran. Die
Stadt selbst hatte ihr schvnstcs Gewand
angethan. Es würve der Nanm ni'cht
hinrcichen, alle Eiiizelheitcn diescs schöncn
Tagcs zu beschrei'beii; wir müssen uns
dahcr dami't bcgniige», zn erwähnen, daß
nin 6^/2 Uhr an bein ei'gentlichcn Festtage
sich alle fremden Äbgeordneten, sowic die
hicsigcn Professorcn und Ehrengäste in der
Anla des Museuins znr Begrüßung ver-
sammclten. Jm Nainen der deutschcn uiid
andern auswärtigen Abordnungen braib/e
Hcrr Cvnsistorialrath Vogel seinc
wünsche dar. Dann folgten die Anredeir
dcr Abgeordneten der schweizerischen Hoch'
schulen, hieranf die Ueberreichung der vcr-
schiedenen Festgeschenke. Vvn deissclben
erwähnen wir der Namens der stcrn-
wartecoininission übergebenen Skistuugv-
nrkunde der Sternwarte, zu wclchcr me
hiesige Bürgerschaft, zum großc» ^hki
anch alte Schüler, 58,500 Fr. znsanune^
gelegt hatten. So war der Morgen vc '
strichen. Mit dem Schlage 1 Uhr en'