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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0324

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spendeten Wicse einen Todtenacker anlegen
zu kvnnen, jcdoch init der Modkfication,
dic ursprnn.alich bestiininte Anlage a»f ein
geschmälertcö Areal zlirückjiifnhren, wie
auch eine Kapclle nicht cirkchtet werden
darf; deinaeinäß wkrd auch kniiftig nicht
dcr Klang ciner Glocke den entschlafcnen
Protcstanten zn sciiier Todtenrlihc gelei-
ten. Für Abstelluiig dcrartiger, die Knl-
tiisverhältiiisse beengender Zustände hat
sich in diescn Tagen eine Coininisfion nach
Wicn gewcndct.

Wicn, 28. Sept. Schlnßsitznng bes
Reichsraths. (Schlnß.) Ilistiziniiiistcr
Graf Nadasdp: Er wcrde den Nainen,
dcn er von. scincn Vorvätern ererbt habe,
auch rein und inakellos erhalten als Mann
vön Ehre nnd chrlichcr Mann. Er müsse
es tief bedaiiern, bei sci'nen Gcgnern nicht
jene Allsdrnckswcise zu finden, dic inan
l'n jcder Gescllschaft wohlgcbildeter Män-
ner erwartcn dürfc. Er vcrwahre sich
gegen jedc Beleidigung anf das Ernsteste.
Er habe gesagt, wie dic Gesctzgebnng war,
uicht wie fie gehandhabl wurde; er inüsse
jcdoch sagen, daß, so vicl cr wisse, die
100 Stockprügel noch 1836 ansgeführt
wurden. Graf Barkocz p entgegnct init
Heftigkeit. Dcr Hr. Erzherzog-Prä-
sident rügt dies nnd fügt hinzu, daß,
so leid es Sr. K. Hoh. thne, cr im vor-
koinnienden Falle dein Grafcn Barkoczp
das Wort eiitziehen werde. 1)r. Hcin
(gcgen Barkoczp, der dein Minoritäts-
votum vorgeworfen, daß es die Munici-
palfrciheit nicht wahre und dahcr niit
Unrccht als eiu deutsches Botuin bezeich-
net werdc; es sei viclinehr iin Geiste fran-
zöfischcr Centralisatioii). Drr Nedner er-
klärt, dcr Minoritätsantrag sei weder
französisch noch spezifisch dentsch, weil
Oesterreich nicht durchaus deutsch ist, son-
-ern aus vcrschiedenen Nati'oiialitätcii be-
stehe, nnd wcil die Antragsteller der Mi-
roritätsvorlage keinc so schwache Neichs-
gcwalt habcn wollen, wie die dcutsche sei.
Hcrr v. Majlath spricht in einer mit
Huinor gewürzten Nede gegcn die Mini-
ster und die Miiioritätsrcdlier. Er hütte
den größtcik Werth daranf gelegt, wenn
ben berechtigten Wnnschen der Ungarn iin
Reichsrathe durch Einhelligkeit Nechnung
getragen worden wäre. Baron Neper
für die Minorität. Nachdem alle Ver-
treter für ihre Länder gesprochcn, sei auch
ein Wort für Triest bcrechtigt, welches
sich stets opferbereit fi'ir den Kaiser ge-
zeigt; auch 1849, welches Iahr ihin frnhcr
nnbckannte Stenern brachte. Ebenso tren
und opferwillig war es bei allen Kriegs-
ereignissen der lctztcn Zeit, welche doch die
Stadt zunächst bcrührten, und auch jetzt,
wo dic Ncde ist, daß Kossuth nach Fiiiine,
Garibaldi und Victvr Emanuel nach Triest
koinmcn werden. vr. Hein antwortet
auf die Nede Majlaths. Man habe von
den berechtigten Ansprüchen dcr Ungarn

gesprochen. Er sci gerne bcrcit, diescn
Ncchiiung zn tragen. Abcr über bcrech-
tigt nnb unbercchtigt sind die Meiilnngcn
verschieden. Unberechtigt sei, daß man
verlange, die Krone solle mit den cin-
zelnen Landtagen über die Gesctze paktiren,
unbcrechtigt/daß dic Landtage es in der
Haud haben sollcn, zn bcstimmen, was
ihncn und was der Neichsgewalt gehöre.
Dcr Redner sagt fcrncr: die österrcichischen
Provinzen haben ein gntcs Necht, dic
Unterordnnng Ungarns untcr die Gcsammt-
monarchie zn verlangen, denn fie haben
dies mit großcn Opferu erNingcn; dies
sci auch ein historisches Recht! Wenn man
so vielfach hier betheuert, daß, wcnn
Ungarn erst wiedcr seine Antouoinie habe,
werde cs durch Treue und Hiiigcbniig dcn
Gcsammtstaat stärken, so müsse er darauf
hinwciscn, daß ein Land, wclches er nicht
ncniikii wvllc, gcrade in dcm Momcnte,
wo es im Vollbcfitzc sciner Anlonomie,
seiner nationalen Iilstitutioncn war, das
Ccntrifugiilin znr Thatsache gemacht habe.
Graf Szccsen, der mehrmals ben Red-
ner nilterbrcchen wollte, lacht bei einer
Stelle laut, erhält aber dafür ekncn Ver-
weis von dem Herru Erzherzog Rcichs-
rachspräsidenten. Graf Clam fordert den
Neichsrath auf, iu dieser drängenden Zcit
sich um das Majoritätsvotum zu schaaren,
bas allein gceignct sei, die Monarchic zu
kräftigcn, nnd dies fäude nnr statt, wenn
Uiigarn bernhigt würde. Aber auch das
Königreich Böhmen, welches seine eigene
Krone in dcr Geschichtc so hoch und glän-
zend getragen, sci nicht mindcr eine histo-
risch-polikische Iiidivl'dualität, die ihre
Berechtigung habe. Mit Vergnügen habe
er vernommrn, daß die Minorität sich
gegen die Auslegnng des Neichsraths
Maager verwahrt habc. Wenn Hcrr
Neichsrath Maager behauptet, daß Tan-
sende anßer dieser Versaminlung für ihn
scien, so könne er nur sagcn, daß Millionen
für die Majorität seien. Der Nedner
schließt damit, daß er für dic Zusaiiimen-
berufnng des Neichsrathes scincm Dank-
gefühl für Se. Majestät den Kaiscr Ans-
druck gkbt, und fordert die Vcrsattimlung
auf, Sr. apostol. Majestät eiil dreinialiges
Hoch zu bringen. Die ganzc Versamm-
lung erhebt sich, nm eiiizustinimen. Die
Abstl'mmung geschieht niit Nainensaufrnf:
es stimmen: Für die Minorität 16 Stiin-
men; für dic Majorirät 31 Stimmen.
Gegcn bcide Anträge haben '.nit Nein
gestinimt: die Herren Erzherzoge Wilhelm
und Leopold nnd der Hcrr Cardinal-Erz-
bischof v. Nauschcr. Auch Graf Hartig
und Bischof v?Schaguna siud wcgen ihrer
besonderen Ainendeineiits keinem der beiden
Anträge beigetreten. Der Erzherzog-
P räsident dankt dcm Neichsrathe iin
Namcn des Kaisers für seinc Beinühungen.
Se. Majestät habcn befohlen, ihiu sogleich
die Vorlagen zn machei,, welchen er Be-

rückfichtigung schenkcn werde zum Wohle
dcr Gesammkinonarchie und der Kron.
länder. Der Herr Erzhcrzog bemerkt
ferner, daß mehrere wichtige Gcsctze vor-
bereitet seien, um fie dem Neichsrathe vor-
zillcgcn, daß aber auf die allcrilnter-
thäill'gste Vorstellung des Präfidinms, wel-
chcs darauf hi'ngcwicsen, wie seit 4 Mo-
uaten bereits so viele Mitgliedcr ihre
eigenen Geschäfte verlasscn haben, der
Hcrr Erzhcrzog ermächtkgt sei, für dics-
mal mit dcr heutigeii Sitznng des Reichs-
raths zu schließen, indem er letzteren
gleichzcitig vertage. Zum Schlusse macht
der Herr Erzhcrzog dic Eröffnuiig, daß
Se. Majestät die Gnade haben werde,
den Neichsratb Samstag uni 12 Uhr zu
empfangen. Mit einem abermaligen Hoch
geht die Versammlung allscinander.

Wien, 28. Sept. Die „Wien. Ztg."
bestätigt heutc dic Mittheilung übcr die
zu gewärtigendc Einbernfung eines Con-
tingents von 85,000 Manu.

Wien, 28i Sept. Mit außerordent«
licher Spannuug erwartct man nuninehr
dic Beschlüssc der Regierung. Allgemein
hosst man, daß sie, wenn sie auch den
Minoritäts-Aiitrag, wenigstcns» nicht in
der vorliegenden Fassung, nicht acccptirt,
den Majoritäts-Antrag entschieden ver-
wirft. Die Annahme dessclben wäre
der erste Schritt zur Ausiösung des
Kaiserstaats, und die Feindc Oesterrcichs
hättcu allen Grund, über seine Annahme
zu jubeln, denn die Widerstaiibskraft b/r
Monarchie würde dadurch geschwächt,
ja gcbrochen werdru.

F r a n k r e t ch.

Paris, 29. Sept. Die Vermehruiig
der Besatzung von R o m um eine Divi-
sion ließe sich allcnfalls aus dcn iniikren
Zuständen Italiens, aus drn Besorgiiifsen,
welche Garibaldi cinsiößt, und aus der
Aufregung erklären, welche in Rom selbst
herrschen soll, seitdem dic Piemontesen in
dcr Nähe dcr Stadt sind; ist es aber
wahr, was hcute Abend vcrfichert wird,
daß iiämlich die franzöfische-Armee auf
60,000 Mann gebracht werden wird, dann
kann nian auch mit Sicherheit annehiiien,
daß die politische Lage im Allgemeiiicn
eine bedcnkliche Wendung genommeii hat.

Paris, 1. Okt. Das '„Paps" briiigt
die Versicherung, daß drei pieuiontesische
Divisioiien in das Königreich Neal'el
einrückcn werden.

I t a l i e n.

Verona, 26. Sept. Die k. k. Re-
gierung trifft die umfaffendsteii Aiistaltcn,
nm sich gegen iniiere und äußere ^
wirksam zu vcrtheidigeil, und nitsailer
wirklich sehr bedeutende Mittel uuo
qroßen Eifer. Seit eiiiigen Tagen wurve
eiu scharfcr Cocdon gegcn die lombar-
dische und inittel-italienische Grenze ge»
 
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