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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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December
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0610

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verändcrung bcill'ii»lit er dcidurch den Zwcck
bi'ö uuf dcn letzteu Vorwand. ' Cr eiu-
waffnet di'e ltalieiiischcn Patri'oteii, und
die Propaganda in sei'iien Staaten wird
aufhörcii, 'wünschcnSwcrth für sie zu sei'n.
Diese weise Politik sichcrt Oestcrreich zu-
gleich bei dcr endgiltigeu Negcluiig, wclche
der Cvngrcß aller Mächte vorzuiiehiiieii
habcn wird, eincn init Recht geachteten
El'iifluß.

Jndem Franz Joseph auf uiierwartetc
Weisc den moderneii Bestrcbungeii und
deu örtlichen Ucberlieferuiigen Italienci
Genüge leistet, erwirbt er ein Necht, vor-
theilhafte Bcdingungcn für den Papst nnd
für Neapcl zu verlaiigen, und Schadlos-
haltuiig für dic u'in Kampfe geopferten
Znteressen, welchen der Friedenöschluß zu
genügen nicht gestattet hätte.

Indcin er Europa von den Gefahren
befreit, ivclwe es ilii Frühjahre bedrohen,
kann er vcrlaiigcn, daß die Paeisicirung
einen allgeineinen Charakter annehiiie, und
durch eine geiiieinschaftliche, allgeineine
Vercinbarung den periodischcn Befürch-
tungen ei'n Ende inachc, wclche die Ab?
wesenhcit directer Verpflichtuiigcn zwischen
den bestrhendrn Mächten allcin zu unter-
halteii im Standc ist.

Den größen Gedanken der heiligen Al-
lianz wieder aufzunehinen, sie im Inter-
esse der Völker uiid der Köni'ge wirder
in's Leben zu rufen, auf Grundlageii, wie
sie den Bcdürfnissen der Zeit entsprcchen,
zu bewirken endlich, daß dic geZeinvärki-
gen Grenzrn Frankreichs, Europa's in
den Augen Aller für geheiligt und
unüberscbreitbar scien, dns ist dcr allge-
lncine'Wünsch der Natioiien ünd dcr Nc-
gieriingkn; daö ist dic Haiipläiifgabc des
Iahrhundertö.

Dic Negclung der italiciiischen Ange-
legenheiten bietet einc Gelegrnhcit där,
die Auflnerksaiiikeit der Mächtc anf dieseö,
große Werk zu lenken, und Nieinand wird
Oesierreich die Ehre verweigern, die Jni-
tiative zu ergreifen.

Diese Betrachtuiigen, indtin sie zeigen,
welche politische Vortheile Oesierreich aus
der Eolllbination der Loskaiifung zitheii
kann, laffen der Hoffnung Näuin, däß
dieselbe, in cinenr großeii europäischcii Jn-
teresse dargeboteu, nicht ohnc Prüfiinss be-
seitigt werden wird. -Wir köniien sie vou
allcn Sciten betrachtcn.

Und was ist zunächst Venetieii hrute
für Oesterrcich?

Eine verfallene'Stadt, ein vereinfaintcr
Hafen, eine trostlöse, zn Griindc gerich-
tete Gcgend, bilden die venttiaiiischcir
L7taaten am Fußc der unzugäiiglicheirBerge
von Dprol, Kärnthcn und Illpricn Ü'in
flachcs Land, desscn Vertheidigiing eiuc
Gesaininlheit von kostspieligen Bautcn cr-

hcischt, liiid das ini Fallc eiiies Kricges
cinen großc» Thcil der Arince wcit ent-
fcrnt von der Haupkstadt des Neiches
lähmt.

Nl'rinand kann in Abrede stcllcn, daß
die Verpflichtung, den Stoß des Feindcs
in dcn Ebencn dcr Etsch und des Po
ausznhalteii, für Oesterreich scit eincin
halben Iahrhundert die Ursache aller seiner
Ni'cderlagen gcwesen ist.

Weiin dic kaiserlichen Arineen in den
Iahrcn 1797, 1805 und 1809 ihre Ver-
thcidigungsmittcl auf dem südlichkii Ab-
hangc dcr Alpen hütten zusamnieil ziehen
kviinen, so würden ihre Kräfte um alles
das angrlvachsen sein, wäs sie im offcnen
Felde verloi'en habcn, und Hcrrinneii eiuer
Stellnng, welche die Kunst mit geriiigen
Kvstcn unciiiiikhinbär mache» kann, wür-
dcn sie dcn nationalcii Boden unberührt
gelassen haben.

Venetien würde nur aufhöreii, in Be-
züg äuf dic Gebictsvrrthcidigüng eine Last
uiid Gcfahr zu sein, wenn es, als zur
Sicherheit Deutschlands nothwendig' an-
gesehen, in den deutschcn Bund Aufnahmc
fände, und wcnii seinc Festiingen zu Biin-
desfcstiliigen erklärt würden. (Forts. f.)

Aus Bnden wird der D. A. Z. ge-
schricbeii, das neue Organ der Partci der
ehemaligen Drutschcn Zeitnng, von dem
schon im Sommer die Nede gcwesen ist,
wcrde wirklich in's Leben trctcn, aber crst
zu Ostcrn des nächstcn Iahres und zwar
in Frankfurt.

Stuttc^art, 15. Dec. „Wie wir
aus sicherer Quelle crfahren, ist die
päpstliche Nuntiatur in Mlinchcn ange-
wiesen, keinerlei Werbilngen mehr aiizu-
stellen iind früherc papstlichc Militärs!
nicht mehr nach Rom zurückziiliefern;
eben deßhalb verwilligt dieselbe aiich schvn
seit einiger Zeit Icdiglich nichts mehr an
früherc päpstliche Militärs."

Wien, 13. Dec. Das Urtheil ini
Nichtcr'schen Proceß lautet: „Fraiiz Nichtcr,
Mitbesitzcr zweier Spi'nnfabriken nnd
Hanptdircctor dcr Crcditanstalt, ift 1)
schnldig' dcs Vcrbrechens der Verleitung
zum Mißbranche der Amtsgcwalc nach
§. 105 St. G. dnrch Verabfolguiig eines
Gcschcnkes vvn Nordbahn - Actien im
Werthc von 25.634 fl. 5. kr. O. W.
aii den k. k. FML. Baron v. Epnatten,
ilin ihii bei Entscheivliiigc» über Armee-
Lsefcrungeu zur Parteilichkeit zu verleilen;
'2) wird derselbe vvn dcr Anklage wegen
Verbrechens des Bctruges nach §. 107
St.' G. dürch listige Äiifrechnung eincs
Beträges von 50,746 fl. 37 kr. O. W.
bcim Devl'skngeschäfte von 20,000 Pfund
Sterling zuui Nächtheile des k. k. Armee-

Obcrconiando wegcn Unzulänglichkcit der
Bewcismitiel nach §. 287 St. P. O.
frcigesprvchen; 3) wird Franz Nichter von
dcm ihm angeschuldeteii Vcrbrecheu dcs
Betrugcs nach §. 197 niid 201 lit r,
und ck St. G. durch Anfertigiuig eines
falschen Conto für das k. k. Finaiiziniiii-
sterium znm Nachtheilc der östcrrcichischen
Creditanstalt, dann durch absichtliche
Stogminderung bci dcr Liefcrung von 4
Millionen Ellcn Calico zum Nachthcile
des hohen Acrars und durch Reduktion
ciiiks Theiles hiervon zum Schaden der
Subliefcranten vermöge §. 288 St. P. O.
losgcsprochcn nnd schuldlos erkannt. Die
Staatsbehörde meldete zwar rücksichtlich
cines Theils des Urtheils gegcn Richter
die Bcrufung an, empfahl abcr dem Ge-
richtshosc in Erwägung der viclcn
Mlibcrnngsgrüilde, inöbesondere der langen
Haft, dic Ausübnng des außerordentlichen
Milbcrungsrechtes. Der Vertheidiger
meldetc keine Beriifung an, führte jedoch,
dic Humanität der Staatsanwalcschaft
anerkennend, in warmen Worten die
Milderungsgrüiide uniständlicher aus,
welche für das geringste Ausmaß der
geseplichcn Strafe sprcchen. Nichter selbst
hörle die Verkündigung des Urtheils mit
Fassung an nnd fand über Aussordcrung
deö Vorsipeiiden nichtö zu bcmerken.
(Das Urthcil ist bereils initgetheilt.)

Wien, 18. Dcc. Die „Ostd. Post"
thcilt ein Telegramui aus Gran von gc-
ftcrn mit. Nach demselben werden dic
Konfereiizcn hcntc desinitiv eröffnet wer-
den. Alle Bedenken sind beseitigt. Von
der Fordcrnng cines selbstständigen ungari-
schcn Ministerinnis ist keine Rede. Jn
Gran hcrrscht reges Leben.

Pcsth, 12. Dce. Die gestern von
der Cvinitalscouimissioii beschlossene Adresse
an den Kanzler ist in dcr entschiedensten
j Form abgefaßt, um ein jedes Ausweichen
iiiimöglich zn machcn. Die Beivegungs-
partei rührt sich gewaltig, die Nachrichtcn,
wclche aus Italicn, aus den Donau-
fürstenthüiiiern u. s. w. über die Thätig-
kcit der Emigration hierher gelangen, er-
hichcn die Gcmüthcr, und was pian hier
sieht, ist auch nichl gerade geeignet, großes
Vrrtrauen für dic Znkunft zu erwecken.
Noch vor wenigcn Wochen hütete man
si.ch, von dcn Honveds zu reden, gestern
wurde ein gelvescner Honvcd-Major,
Dionps Limbeck, als solcher förmlich rnit
militärischen Ehren bcgrabcn. Der Sarg
wnrdc von sriiikii ehemaligen Gefährten
getragen; aiidere umgabcn denselbcn mit
Fäkeln und gezogeiicn Säbeln. Von dem
auf dem Sarge stehenden Kreuze flatterten
dreifarbige. nat.ionale Bänder und. ein
blanker Säbcl dentete auf seuic kriegerische
Laufbahn. Bedürfen derartige Vorgänge
noch ciner weitcren Erklärnng?

D e u t s ch l a n d.

Redactivii, Druck mid Vcrlag von Adolph Vmmerlliig, Vcrlagö-Buchhandlung mid Buchdruckcrci tn Heidelbcrg.
 
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