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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Philippi, P.: Die Kunst im Hause
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0027

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Häusliche Betrachtungen.

/^in tiefeingewurzeltes Übel unserer
^ Stubeneinrichtung ist die altphiliströse
Symmetrie, die, von der Renaissance in
ihren verschiedenen Entwickelungsstufen mehr
und mehr begünstigt, in der Biedermaier-
zeit zum unantastbaren Prinzipe im Be-
reiche der Stube geworden war und heut-
zutage ihre Triumphe ganz besonders in

Hälften geteilt werden, mithin die Summe
der Eindrücke, welche sich bei einer unsym-
metrischen Einteilung ergeben würde, auf
die Halste reduziert wird.

Wenn uns in derartigen Zimmern die
öde Seite der Symmetrie in ihrer lang-
weiligsten Potenz entgegentritt, so finden
wir dieselbe in etwas erträglicherer Gestalt,
wie oben erwähnt,^ auch in^ den guten
Stuben, welche nichts von dem ver-
hältnismäßig malerischenReize mitbekommen,

werden. Sodann soll der ganze Wand-
schmuck bei Verwerfung der Symmetrie mit
einem gewissen malerischen Rhythmus ver-
teilt sein. Eine solche Mannigfaltigkeit
regt an und erfrischt, während eine steise
Symmetrie, besonders wenn sie mit der
oben erwähnten pseudoeleganten Nüchtern-
heit gepaart ist, die Phantasie lähmt und
keine wohnliche Behaglichkeit auskommen läßt.

Die einfachste Grundlage zur Vermeidung
der Symmetrie, die, wo sie etwa bei Aus-

Abb. t9- Nus drm Lllolria-Iokal.

den guten Stuben und den Zimmern der der den eigentlichen Wohnräumen durch ihr
möblierten Herren feiert. verschiedenes Beiwerk und durch die von

Der Typus des letzteren Zimmers in der praktischen Notwendigkeit diktierte un-
einem der bekannten modernen Dutzend- schematische, lebendige Verteilung der Gegen-
häuser, die im Hinblick auf die daraus zu stände gegeben ist.

erzielende Miete so gebaut sind, daß sie auf Bequemlichkeit und Erzielung behaglicher
einen beschränkten Menschen einen eleganten Winkel für die meistbenutzten Sitzplätze, so-
Eindruck machen, enthält nichts, was nicht wie das Gepräge der besonderen Zweck-
unter dem erwähnten Gesichtspunkte un- bestimmung jeder einzelnen Zimmerpaitie
bedingt notwendig erscheint und ist in seiner sollen die Gesichtspuntte für eine Zimmer-
schematischen Noblesse von so klassischer einrichtung sein. Bei einer solchen Ein-
Nüchternheit, daß ein moderner Diogenes, richtung ist die Mannigfaltigkeit die not-
der genötigt wäre ein wenig zu repräsen- wendige Begleiterscheinung. Diese Mannig-
tieren, damit renommieren könnte. Hier saltigkeit soll durch allerlei Wandschmuck
wird nun die Symmetrie für unentbehrlich gehoben werden, auch durch solchen, der im
gehalten, um der Einrichtung das Ansehen Gegensätze zu dem flachen Schmuck der
zu geben, in Wirklichkeit aber verdoppelt Bilder die Fläche der Wand unterbricht, wie
sie die Nüchternheit, indem mit den ohnehin Bücherregale, Wandbretter, Vogelbauer w.,
spärlichen Mitteln nicht die Mannigfaltig- teils zu demselben Zwecke, teils weil sie so
keil erstrebt wird, sondern in der Gliederung ^ besser betrachtet werden können, sollen hoch-
die verschiedenen Wände möglichst in gleiche hängende Bilder vornübergeneigt gehängt

stellung der Möbel vermieden worden ist,
doch bei Verteilung der Wandbilder den
meisten Leuten unerläßlich erscheint, ist
darin gegeben, daß man den Schwerpunkt
der Wanddekoration, sowohl inbezug auf
die ganze Fläche der Wand als inbezug
auf einzelne Wandpartien, nicht in die Mitte
legt, denn geschieht dies, so ist der Grund-
zug der Symmetrie gegeben und die un-
symmetrische Verteilung der Nebensachen
erscheint dann inkonsequent.

Anordnung und Arrangement der ein-
zelnen Wohnräume.

von Z. Aramlinger (Wien).

Das Speisezimmer.

^m Gegensätze zu der absichtlich unruhigen
Gruppierung der Möbel im Salon ver-
langt das Speisezimmer ein ruhiges Arrange-
 
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