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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Kirchbach, Wolfgang: Über den Genuss von Bildhauerwerken
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Heilbut, Emil: Rundschau, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0116

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Über den Genuß an Bildhauerwerken, von Wolfgang Kirchbach. — Rundscbau.

Bildnis. von L. Gpxler.

wir sahen, der eigentliche Bildnergenuß verbunden ist. —
Aber auch heute noch wird es gelten, daß es einem tiefen
Bedürfnis des geheimnisvollen Naturinstinktes entspricht,
wenn der Künstler, welcher die höchsten Organismen in
räumlicher Körperlichkeit, d. h. Belastbarkeit (ein Körper
ist das, was eben von allen Seiten betastbar ist) nach-
ahmt, auch diese Organismen in ihrer Schönheit, d. h.
vollentwickelten Gesundheit schildert. In Zeiten, wo
falsche naturalistische Theorien auch die Bildhauer zur
Gestaltung des Häßlichen verführen sollten, muß stets
die Teilnahme an der Bildhauerei geringer werden, weil
einer der geheimnisvollsten Instinkte der Menschennatur
und der Thätigkeit ihrer Sinnesorgane verletzt wird.

Wer aber durch Naturanlage, reines Beobachten,
nachhelfendes Studium des Körperbaues, durch Eindringen
in die Verschiedenheiten des menschlichen Organismus
seinen Sinn und seinen Geschmack zur Plastik gebildet
hat, der wird gerade im körperlichen Schönheitsempfinden
dieser Kunst eine Art von abgeklärtem Genuß fühlen,
der demjenigen Genuß am nächsten verwandt sein mag,
den der Schöpfer empfunden haben muß, als er Mann
und Weib mit seiner tastenden Hand aus einem Erden-
kloß und einer Rippe formte. Und wenn man noch
heute sagt: „Das ruht in Gottes Hand", so ist damit

auch ausgesprochen, daß eine solche Hand, in der auch
des Bildhauers Schöpfung ruht, gerade eines der voll-
kommensten Organe sein muß und daß ein Werk, welches
der tastenden Thätigkeit einer solchen Hand entspricht, nicht
minder wertvoll sein muß, als diejenigen, auf denen das
Auge des Menschen und das Auge des Schöpfers ruht.

Rundschau.

von Derman Delrerich.

ier hervorragende Stimmen sind in der letzten Zeit
mit der Äußerung von Ansichten über die so höchst
wichtige Erziehungsfrage der Künstler laut geworden.
Wir registrieren zuerst Herman Grimms Auffassung,
welche in einem Aufsatze der Deutschen Litteraturzeitung
mitgeteilt war, und die in der Frage gipfelt, ob es sich
nicht empfiehlt, die deutschen Kunstakademien zu schließen
oder wenigstens sehr zu beschränken. Er motiviert das
mit der Frage, ob denn Romanschriftsteller und Theater-
dichter der Akademien bedürfen, und findet vom ökono-
mischen Standpunkte, daß die bedeutenden Summen,
welche dein Staat die Unterhaltung der Akademien kostet,
 
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