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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Relling, J.: Die große Berliner Kunstausstellung 1894, [2]
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Personal- und Ateliernachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Preisausschreiben - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0380

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Von Dr. Rolling. — Personal- und Ateliernachrichten.

2YY

I-L Berlin. Die hiesige Künstlerschaft hat einen erneuten
Verlust erlitten. Der Historien-, Genre- und Porträtmaler
Emil Teschendorfs ist Hierselbst am 3. Juni nach kurzem
Krankenlager verstorben. Im Jahre l833 zu Stettin geboren,
»>. nnck otnn-enä absolvierten Schulstudien auf

üuarketk. Von U.H. Freiherr v. Lcdersrröin.

Wunsch seines Vaters der Theologie, sattelte aber, innerer
Neigung folgend, gelegentlich eines Aufenthaltes in München um,
um als Schüler Pilotys Maler zu werden. In München malte
er zunächst verschiedene naturalistisch gehaltene Bilder aus dem
Leben Luthers und Bildnisse. Nach Vollendung seiner Studien
siedelte er nach Berlin über, wo er bald ein gesuchter und be-
liebter Bildnismaler ward, und mit besonderer Vorliebe die Dar-
stellung von Einzelfiguren in malerischer Attitüde betrieb. Seiner
Neigung für das Sentimentale und Melancholische kam sein zartes,
duftiges Kolorit zu Hülfe, das sich indessen bei Behandlung tra-
gischer Gegenstände zu größerer Kraft und Tiefe erhebt: „Antigone
und Jsmene", „Antigone am Grabe ihres Bruders", „Ledipus
und Antigone" u. a. Die Vervielfältigungen des zuletzt ge-
nannten Werkes sind durch den Kunsthandel weit verbreitet
worden. An seinen Porträls wird neben der Vorzüglichkeit des
Kolorits die charakteristische Wiedergabe der Dargestellten gerühmt.
Ein Meisterwerk der Pvrträtkunst war das 1880 ausgestellte

schein, sondern auf sächsischem Boden entstanden. Die
Dresdener werden es aber dem Urheber wenig Dank wissen.

Auf dem Gebiete der Landschaftsmalerei hat Berlin
seit Jahren schon leidliche Erfolge zu verzeichnen. Unser
bester hiesiger Landschafter Walther Leistikow ist nur
mit einem Bilde vertreten. Bracht, früher unsere
geschätzteste Kraft, geht immer seltsamere Wege. „Der
Eingang zum Schattenreich" ist ein so mysteriöses
Bild, daß man zweifeln möchte, ob man es
ganz ernsthaft nehmen soll. Es fehlt auch
nicht an Spöttern, die über die Schsenschädel,
die den Eingang zur dunklen geheimnisvollen
Grotte schmücken, naheliegende Glossen
machen. Max Uth erfreut wieder sehr.

Recht gut sind auch Wilhelm Feldmanns
Landschaften. Weniger selbständig erscheint
Wachenhusen. Müller-Kurzwellys vio-
lette abendliche Schneelandschaft hat wenig-
stens für mein Empfinden etwas Krankes in
der Farbe. Victor Freudemanns Bilder
(sie waren schon einmal bei Schulte aus-
gestellt) sehen in der verzärtelten Gesellschaft
doppelt gesund und frisch aus, namentlich
das schmale Bild mit dem Bach auf hell-
grüner Wiese. Der düstere Ton scheint aber
doch die moderne Landschaftsmalerei stärker
zu fesseln. Von Münchener Bildern ist
Charles I. Palmies „Abend" in sanft
verschimmelten Farben ein gutes Beispiel.

Das Beste in der Art schickt uns aber
Schottland. Soweit ich richtig orientiert bin,
haben uns diesmal drei schottische Land-
schafter Bilder geschickt. Sie verdienen be-
sonderen Dank, daß sie uns nicht vergessen
haben. Es sind dies A. K. Brown,

John Buxton Knight und Macaulay
Stevenson. Von den Bildern des letzteren
hat mich die einfache trübe Mondscheinland-
schaft besonders angesprochen. I. B. Knights
Farm ist so fein nicht im Ton, wie wir es
bei anderen Schotten im vorigen Jahr sahen.

Des Brüsseler Malers Fr. Co urt ens'„Sep-
tembersonne", eine Allee hoher, dichtbelaubter
Bäume, bleibt doch weit hinter dem zurück,
was anderswo und selbst von einigen in
Berlin in Sonnenmalerei geleistet wird.

Malerisch besser kommt mir ein anderes Bild
Courtens' vor, trotz der süßlichen Tendenz.

Am „Kreuzesweg" heißt es und zeigt eine
Straße im Schnee, vor dem hier aufgestellten Kruzifi;
zieht eine arme Familie in Kümmernis vorbei. Tei
abgetriebene Schimmel, der den elenden Karren zieht, ist
recht gut und koloristisch fein zum Schnee gestimmt.

Tie Schwächen und die Vorzüge der Berliner Kunst
sind auf keinem anderen Gebiete so deutlich zu erkennen,
wie bei den Landschaften. Freilich vor diesen Bildern
und in dieser Ausstellung merkt man es nicht, daß die
moderne Richtung gerade im Landschaftsbild es zu be-
sonders erfreulichen Resultaten gebracht hat.

(Ein dritter Artikel im nächsten Hefte.)


ZiN
 
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