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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Zimmermann, Ernst: Das Bild als Wandschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0236

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von Ernst Zimmermaiin. i83

bringen, daß man sie möglichst oft und leicht genießen daß sie die Wände, die Umfassung des Zimmers säst

konnte, ohne daß man dabei gleich an ihr Verhältnis verdecken, und nicht mit der Gesamtordnung der Archi-

zur übrigen Wand dachte. In Holland war es im tektur und der Möbel im Widerspruche stehen. Die

17. Jahrhundert sogar noch vielfach Sitte, wie aus den wahre Kunst, Bilder aufzuhängeu, besteht eben darin,

Jnterieurdarstellungen dieser Zeit hervorgeht, die auf- daß man die wirklichen Lücken an einer Wand erspäht,

gehängten Bilder für gewöhnlich zu ihrer Schonung und daß man diese richtig zu füllen weiß. Man lasse

mit Vorhängen zu bedecken. In dieser reinen, naiven daher lieber, ist man sehr reichlich mit Bildern ge-

Freude am Kunstwerk ist man nun später und nament- segnet, einige von ihnen fort und suche den Rest mit

lich in unserem Jahrhundert als die Photographie die Geschmack kunstvoll anzuordnen, als daß man in dem

Möglichkeit erleichterte, dahin gekommen, die Wände Glauben, alles unterbringen zu müssen, sein Heim zum

allzuvoll zu hängen, daß sie denen eines Museums Bildermagazine macht. Allzuviel dargebotener Schmuck

gleichen. Hatte man doch z. B. eine Zeit lang die schmeckt nach Parvenutum. Freilich haben wir uns ja

Sitte, die Wände des Wohnzimmers mit einer solchen seit der verhängnisvollen Reuaissanceperiode unserer

Masse rundeingerahmter Familienporträts zu bedecken, dekorativen Kunst leider nur zu sehr an das „über-

Die Bekehrung des Herzogs von Gandia. von I. Moreno Larbonero.

daß man sich fast in den Tanzsalon eines Schützenhofes
versetzt glaubte, wo alle Scheiben der Schützenkönige zur
ewigen Erinnerung für die Nachwelt an die Wände an-
genagelt waren.

Man wird sich heute, soll das Vorhandensein von Bil-
dern in unseren Zimmern für das künstlerische Auge erträg-
lich sein, doch darauf beschränken müssen, daß sie zunächst
nur einen rein dekorativen Zweck zu verrichten haben,
daß sie für die Wände vorhanden sind und nicht die
Wände für sie, daß ihre Bedeutung mithin nur sekundär
ist. Darum muß schon bei ihrer Aufstellung alles ver-
mieden werden, was sie zu sehr in den Vordergrund
stellen, ihre Gegenwart zu aufdringlich machen würde.
Sie dürfen nicht zu schwer, nicht zu massig, nicht zu
auffallend wirken, weder durch ihren Gegenstand, noch
durch die Art seiner Wiedergabe, noch durch ihre Um-
rahmung. Sie dürfen nicht zu dicht gedrängt sein,

volle Zimmer" gewöhnt, und man dürfte daher bei einer
Umkehr zur Einfachheit nicht mit den Wandbildern
gerade den Anfang machen.

Nichts ist wichtiger für die Frage der Bilderaus-
schmückung unserer Zimmer, als die Wahl derselben
hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer Erscheinung. In
den Bildern der Wand verrät sich am offensten im
Wohnraume die Individualität seines Bewohners; sie
sind die offenen Glaubensbekenntnisse seiner inneren
Seele, der Spiegel seines ästhetischen Empfindens.
Freilich ist man ja, wenn man den dekorativen Zweck
dieser Bilder als Hauptsache anerkennt, von vornherein
in seiner Auswahl beschränkt. Aber es bleibt doch
Spielraum genug, uni persönliche Neigung zum Aus-
druck bringen zu können.

Originale und Reproduktionen, letztere in mannig-
fachster Art, pflegen wir heute je nach unseren Mitteln
 
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