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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Kirchbach, Wolfgang: Der Kunstausstellungspalast zu Dresden und die neue königliche Kunstakademie, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0329

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258

Der Kunstausstellmigspalast zu Dresden und die neue Kgl. Kunstakademie.

Dir beiden „Vikkorirn"
über drin skaüiporkal des
Dresdner AusstrllnngSMlLstes.

ferraresischer Bauwerke. Gegenüber der Brühlschen Terrasse, wo einst die alten Pontonschuppen das Elbufer
verunzierten, ist eine mächtige, künstliche Ufererhöhung geschaffen worden, auf welcher sich in einem Stile,
welcher dem des Palazzo Strozzi in Florenz verwandt ist, ein riesenhaftes Bauwerk, das neue Finanzministerialhaus
erhebt. Vollendet sind vor kurzem in der inneren Stadt die neuen „Markthallen", gleichfalls ein monumentaler
Bau mit viel künstlerischem Luxus, plastischen Bildwerken und Putten ausgestattet, ein sehr originelles Werk.
In der Neustadt fesseln zwei schöne neue Bauten im Stifthäuserstile, ein Realgymnasium und ein zweiter Amts-
gerichtsbau. Vollendet ist soeben der Neubau des Königlichen Residenzschlosses, ein umfangreiches Bauwerk in
deutscher Renaissance mit Ecktürmen, Erkern und hohen Giebeln, überaus malerisch und abwechslungsreich dem
Zwinger gegenüberstehend, jenem weltberühmten Musterstück des Barockstils. Eine vierte große Elbbrücke geht
ihrer Vollendung entgegen; vor der Stadt hat man gewaltige Erdmassen und Steinmassen bewegt zum Baue
eines neuen großen Elbhafens, der die ganze Schiffahrt aufnehmen soll, und an der Stelle des alten böhmischen
Bahnhofs entsteht soeben ein neuer Staatsbahnhof, ein Komplex von vielen stattlichen Prachthäusern. Auch die
private Bauthätigkeit ist sehr reich gewesen, viele neue Villen sind am herrlichen Elbstrande und auf den Bergen
entstanden und in der Stadt ist das sogenannte Viktoriahaus (erbaut vom Juwelier Mau) ein Meisterstück
deutscher Renaissance geworden, kostbar ausgestattet mit Schlosserarbeit und kunstgewerblichem Luxus, ein Vorbild
dessen, was deutsches Kunstgewerbe in einem gediegenen Geschmacke zu leisten vermag.

Die glückliche Lage der Stadt, die landschaftliche und architektonische Schönheit der Punkte, wo diese
Schlösser, Paläste und Hallen sich erheben, alle im massiven Sandsteinmaterial des Elbsandsteingebirges aus-
geführt, ergeben eine Verbindung von architektonischem und landschaftlichem Reize, welcher Dresden zu einer der
herrlichsten Städte der Welt gemacht hat. Der große Bogen, welchen die Elbe beschreibt, von vier massiven
Brücken überspannt, ergiebt für die Bauwerke, welche sich hier hinziehen, so viele schöne Überschneidungen und
Ansichten, überall durch die nahe hereinschanenden Berge malerisch belebt, daß es in aller Welt kaum etwas
Schöneres giebt, als einen Spaziergang am gegenwärtigen neuen Elbufer Dresdens. Die Stadt hat das Glück
gehabt, aus den verschiedensten Zeiten der Baukunst originale Muster- und Meisterwerke entstehen zu sehen.
Sie besitzt im sogenannten Zwinger ein Muster des Rokoko. Sie hat in der sogenannten katholischen Hofkirche
mit ihren Heiligen einen der schwungvollsten Dome des leidenschaftlichen Barockstils, ein Werk von hinreißender
Genialität. Daneben stehen Gottfried Sempers größte Meisterwerke, sein Bau der König!. Gemäldegalerie
und sein gewaltiges Hoftheater. Die Kuppel der Frauenkirche, nach St. Peter in Rom und St. Paul in
London die gewaltigste aller Kuppeln, ganz im massiven Sandstein gewölbt, mit ihrer Kirche das machtvollste
Denkmal des protestantischen Kirchenburgenstils, blickt wie „eine feste Burg" Luthers aus dem Hintergründe herüber.

Und über all diesen Palästen, Schlössern und Hallen und Kirchen, auf dem schönsten Punkte der Stadt,
nach der Elbe zu auf dem alten Mauerwall und der weitschanenden Terassenbastion gelegen, ähnlich wie das
Maximilianeum in München hoch die Stadt überragend, erhebt sich, seit kurzem vollendet, der neue große
Dresdner Kunstausstellungspalast nebst der damit verbundenen König!. Kunstakademie. Eine mächtige Kuppel,
von einer fliegenden Fama gekrönt, bezeichnet den Schwerpunkt eines großen Komplexes von Pavillons und
Palästen, einen Luxusbau aus Sandstein in großartigen Verhältnissen, der, wie eine Burg der Künste auf dem
schönsten Punkt gelegen, weithin über das Elbthal und nach den fernen Schlössern an den Bergabhängen der
 
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