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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Pecht, Friedrich: Die Jahres-Ausstellung 1894 der Künstlergenossenschaft zu München, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0429

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Die Iahresausstellung ^394 der Künstlergenoffenschaft zu München.

nach aufs Moos hingelegt hat, während die zwei Zentner schwere Lebensgefährtin an einen Baumstamm gelehnt
auch schon in süßen Träumen liegt. Das ist urkomisch und hat zugleich noch mehr Lokalfarbe wie das schon
erwähnte „Gänsemädchen". Köstlich der Natur abgestohlen sind noch zwei barfüßige kleine Jungen von Marie
Wunsch, von denen der eine dem anderen eben ein „Wichtiges Geheimnis" (Jll. S. 337) anvertraut, wozu dieser ein
so ernsthaftes Gesicht macht, als ob es sich mindestens um die Ermordung des Präsidenten Carnot und nicht um
den Nachbarn zu stehlende Birnen handelte. Reizend natürlich ist auch Eberl es „Im Stalle" ihren jüngeren
Geschwistern die frischgemolkene Milch spendendes Bauernmädchen, wo eine Hundefamilie auch schon begierig
auf die Reste wartet. Jakobides führt uns aber eine echte Münchener „Hauskapelle" vor, wo ein Halbdutzend
Jungen zum nicht geringen Entzücken des von der hübschen Mutter gehaltenen Jüngsten mit allerhand lärmenden
Instrumenten eine höllische Katzenmusik aufführen. Vortreffliche allbayerische Charakterfiguren bringen Leibl
in seinem „Bauernmädchen" und dem behaglich rauchenden „Kleinstädter", ferner Kronberger im Herrn
„Stadtwachtmeister", „Holzknecht" und „Alt-Münchener". — Mehr ins Sentimentale schlagen Ritzbergers
liebliche, ihr Kind noch vor dem Schlafengehen stillende junge Mutter, Raupps „In höherem Schutz" stehende
Schisferin mit ihrem Kinde oder Arthur Kampffs „Todeskuß", der eine arme kranke Mutter eben abruft,
während der vom Elend schon stumpfsinnig gewordene Mann neben ihr mit dem Kind beschäftigt ist. Fremde
Sitten schildert am besten der Ungar Eisen Hut in seinem etwa am Nil stattfindenden „Hahnenkampf", wo man
nur vor der stupiden Brutalität dieses orientalischen Kaffeehauspublikums zurückschrickt. Ist das nun ungefähr
das beste unter dem sehr vielen, was die deutsche Sittenbildmalerei gebracht, so sieht man daraus wenigstens, daß
wir Ursache haben, bescheiden zu sein! Viel besser sieht es übrigens auch bei den Fremden nicht aus, obwohl
wenigstens die Italiener immerhin einiges Hübsche gebracht.

Gehen wir nun zur Tier- und Landschaftsmalerei über, so finden wir da in der elfteren Braith als
bedeutendsten Meister der die Tiere individualisierenden Richtung mit einer meisterhaften „Rückkehr der Herden
von der Alm", einem Meisterstück energischer Charakteristik, wo sowohl die den Zug eröffnenden Rinder und
ein schwer bepackter Esel, als die ihm folgenden schwarzen Schafe und Ziegen so herrlich kräftig geschildert
sind, wie das kein anderer vermag. Selbst der leider inzwischen verschiedene Baisch nicht, auf dessen drei

Bildern eben doch die Landschaft die erste Rolle spielt.
Unter den Spezialisten aber nimmt eigentlich der
Katzenmaler Jul. Adam die erste Rolle ein. Pferde
und Elche bringt dann Kowalski-Wierusz, Rehe
und Hirsche Krön er mit gewohnter Meisterschaft, wie
auch Thiele, Schafe der Berliner Frenzel und unser
Gebier, Ron band verherrlicht die Ochsen, und der
Engländer Sw an eine Löwin mit ihrer Familie,
während Davis das zottige Hochländer Vieh auf dem
Heimweg vorführt.

Verhältnismäßig weniger glänzend ist diesmal
auch die Landschaft bei den „Alten" vertreten. Da
spielen die Gebrüder Willroider eigentlich eine Haupt-
rolle, Ludwig mit zwei ganz ähnlich komponierten Wald-
ecken aus Oberbayern und Südtirol, Josef mit Land-
schaften bei Rosenheim. Ins Hochgebirge haben sich
nur drei Maler erfolgreich verirrt; Österley mit einem
prächtig grandiosen norwegischen Fjord — weitaus das
Beste in dieser Gattung — dann Maccos „Rheinthal
im Winter" und Kamlahs „Ötzthal". — Am besten
sind im Grunde die Bilder der deutschen Landschafter,
wo sie Ebenen, die See oder besondere Stimmungen
schildern, wie Hans Bartels die „Kurische Nehrung"
mit ihrem prächtig weiten Blick; Heimes' „Meer",
wo man buchstäblich nichts als Luft und Wasser sieht,
Dückers „Nordsee" oder Canals köstliche „Mühle",
Hochmanns „Kühe im Schlick", H. Raschs „Strand-
szene", Kubierschkys zwei Flußlandschaften im Früh-
ling und Herbst oder auch Kochanowskis ergreifen-
der „Vorfrühling", wo überall noch die Schneeflecke
Edlr Rrisrr. von w. Hasem ann. auf der schwarzen Erde liegen. In der Sonnenhitze läßt

Iabresausstellnng ISS» der «ünstlergenoffenschaft ZN München. uns dann Mühlig bei seinen beiden Erntebildern

photogr.-verl. der jDhotogr. Union in München.
 
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