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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Lippmann, Friedrich: Die Technik des Kupferstichs
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0440

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von Friedrich

gewissen Gruppe von Drucken gehörig festgestellt, und
die Qualität des Abdruckes damit kategorienmäßig be-
zeichnet. Praktisch wird durch die Angabe des Platten-
zustandes die Qualität des Abdruckes oft weit schärfer
bezeichnet als durch die Angaben wie gut, gering u. dergl.

Um von einer durch den Druck abgenützten Platte
wieder kräftig aussehende Abdrucke zu erhalten, muß
dieselbe von neuem bearbeitet, aufgestochen, retou-
chiert weiden. Beim Aufstechen einer mit
dem Grabstichel gefertigten Platte ist es aber
dem Retoucheur unmöglich, die ursprüng-
lichen Striche wieder genau nachzuziehen.

Er ist genötigt, neue Strichlagen über die
alten zu legen. Eine so überarbeitete Platte
ist durchaus einem übermalten Gemälde ver-
gleichbar. Die ursprüngliche Arbeit wird durch
die spätere verdeckt, das Werk verliert an Ori-
ginalität, an Feinheit und Haltung, zumal
wenn, wie fast immer, die Überarbeitung von
anderer und geringerer Hand gemacht ist, als
der des ersten Verfertigers. Abdrucke re-
touchierter Platten kennzeichnen sich gewöhn-
lich durch rauhe und unangenehme Haltung.

Zwischen den Strichen, die der Retoucheur
gemacht hat, kommen die Reste der alten
Stecharbeit wie ein grauer Untergrund zum
Vorschein. In der Regel wird man einem
noch leidlich guten Abdruck einer unretou-
chierten Platte den Vorzug vor dem, wenn
auch schwärzeren einer retouchierten geben.

Künstler, die eigene Erfindungen, selbst-
erdachte Kompositionen durch den Stich oder
ein anderes künstlerisches Verfahren verviel-
fältigen, bezeichnet man als Malerstecher,
Malerradierer (Ueintre Qraveur). Die
Gesamtheit der von einem Künstler ver-
fertigten Arbeiten in vervielfältigender Technik
nennt man dessen Werk (Oeuvre). In einer
anderen Bedeutung versteht man unter Werk
die Gesamtheit der Vervielfältigungen nach
den Kompositionen eines Künstlers. In
diesem Sinne spricht man z. B. von einem
Werk oder Malerwerk des Rubens und
meint damit alle Stiche rc., die im Laufe
der Zeit nach Gemälden dieses Meisters aus-
geführt worden sind.

Von wesentlichem Einfluß auf die künst-
lerische Wirkung eines Kupferstiches ist die
Qualität des zum Drucken verwendeten
Papiers. Die Künstler aller Zeiten, welche
das Drucken ihrer Platten selbst überwacht,
oft vielleicht sogar selbst bewerkstelligt haben,
ließen sich es angelegen sein, nur geeignetes
Papier zu verwenden. Die guten Abdrucke
der Werke der besten Meister zeigen immer
nahezu tadelloses Papier. Früher kannte
man nur die Art der Herstellung des Papiers, die man
gegenwärtig als Handarbeit (Handpapier, geschöpftes
Papier) bezeichnet, zum Unterschied vom Maschinenpapier,
das eine Erfindung dieses Jahrhunderts ist. Die soge-
nannten Wasserzeichen der alten Papiere sind Fabrik-
ant) Qualitätsmarken. Ihre Kenntnis ist nicht wertlos
für die Geschichte des Kupferstiches und Holzschnittes,

Lippmann. 2-4?

insofern als die Wasserzeichen mitunter Fingerzeige für
die Ursprungszeit oder den Ursprungsort von Stichen
und Abdrucksgattungen geben können. Die Schlüsse, die
aus dem Vorkommen von bestimmten Wasserzeichen ge-
zogen werden, sind jedoch stets mit Vorsicht aufzunehmen,
da das Papier schon sehr früh einen Handelsartikel ge-
bildet hat, der über weite Gebiete verbreitet wurde, so
daß dieselbe Papiersorte z. B. gleichzeitig in Italien und

in den Niederlanden verwendet werden konnte. —
Die technischen Bedingungen des Stichs haben in
unserem Jahrhundert wesentliche Umgestaltung er-
fahren. Statt des Kupfers fing man an, Stahlplatten
zu verwenden, die allerdings eine sehr große Anzahl
von Abdrucken lieferten, mit dem Stichel aber nur sehr
mühselig zu bearbeiten waren. Der Stahlstich ist denn

Frühlingshymne, von Simon Glücklich.


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