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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Diercks, Gustav: Mariano Fortuny
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0468

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IX. Jahrgang. Heft 24.

16. September 1894.

—Herausgegeben von Friedrich Pecht —

^Tie Kunst für Alle" erscheint in halbmonatlichen Heften von 2 Bogen reich illustrierten Textes und 4 Bilderbeilagen in Umschlag geheftet. Bezugspreis im
Buchhandel oder durch die Post (Reichspostverzeichnis Nr. 3750, daher. Verzeichnis Nr. 438, k. u. k. österr. Zeitungsliste Nr. 1447) 3 M. 60 Pf. für das Vierteljahr
_ (6 Hefte); das einzelne Heft 75 Pf. _

Mariano Fortunn.

von Gustav Diercks.

Nachdruck verboten.

TT^ie charakteristischen Eigentümlichkeiten, durch welche die spanische
Malerei der Gegenwart hauptsächlich das Interesse der Außen-
welt für sich geweckt und ihre Anerkennung erworben hat, sind zumeist
auf den mächtigen gestaltenden Einfluß Mariano Fortunys zurückzu-
führen, dessen künstlerische Individualität, die aller seiner Zeitgenossen
weit überragend, dem Kunstleben seines Vaterlandes neue Wege wies.

Mariano Fortuny war der Sohn eines Tischlers und wurde in
Rens in der Provinz Tarragona am 11- Juni 1838 geboren. Sehr
früh verwaist, kam das Kind unter die Obhut seines Großvaters, der,
obgleich auch nur ein einfacher Handwerker, doch von jeher künst-
lerische Interessen gehabt hatte und denselben besonders in seinen alten
Tagen mit Eifer nachging. Er beschäftigte sich damit, Figuren aus
Holz zu schnitzen und ans Wachs zu formen und verdiente sich seinen
Unterhalt, indem er diese rohen Erzeugnisse seiner Hände in den
Dörfern seiner Heimatprovinz ausstellte und für die Bauern Votiv-
gegenstände anfertigte, wie sie in den Dorfkirchen katholischer Länder
überall in großen Mengen zu sehen sind.

Bei dem Knaben zeigte sich sehr früh schon eine auffallende
Begabung für das Zeichnen; er versuchte mit dem Bleistift alles zu
fixieren, was ihm besonders in die Augen fiel, und da der Großvater
diese Neigung nicht unterdrückte, sondern sie im Gegenteil zu ent-
wickeln suchte, so lenkte der junge Fortuny bald durch seine Skizzen
die Aufmerksamkeit der Nachbarn und von Personen auf sich, die in
diesen unbehilflichen Versuchen des Kindes ein natürliches Talent für
die Zeichenkunst erkannten. Ein dem Großvater befreundeter Geistlicher
spendete aus seinen eigenen äußerst beschränkten Mitteln die kleinen Beträge, welche den Schulbesuch des
Knaben ermöglichten, doch zeigte derselbe für die meisten Unterrichtsgegenstände mit Ausnahme des Zeichnens
weder Neigung noch Begabung. Der alte Fortuny, welcher, bestärkt durch das Urteil einiger Sachverständigen,
in seinem Enkel einen angehenden großen Künstler erblickte, war darauf bedacht, die Mittel und Wege zu finden,
den jungen Mariano für diesen Beruf ausbilden zu lassen, und, voll der größten Hoffnungen, beschloß er 1852,
mit dem Knaben nach Barcelona zu gehen, wo er mit seinen Figuren ebenso große Erfolge erwartete, wie bei
den Landlenten der Provinz. Die Enttäuschung blieb nicht aus, aber auf Verwendung eines Bildhauers
Talarn und eines Geistlichen wurde seitens der städtischen Verwaltung von Rens und aus Privatmitteln die
Summe aufgebracht, welche für den Besuch der Kunstschule Barcelonas erforderlich war. Hier fand Mariano in
einem Schüler Overbecks, Claudio Lorenzale, einen einflußreichen Beschützer, der seine Fähigkeiten erkannte und
zu entwickeln bemüht war, und binnen kurzem zeichnete er sich vor allen seinen Mitschülern derart aus, daß
auch die Lehrer und die Kunstkreise aufmerksam auf ihn wurden. Denn, da er gezwungen war, neben seinen

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Die Kunst für Alle IX.
 
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