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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Pecht, Friedrich: Deutsche Siegesdenkmäler: zum 25. Jahrestage des Frankfurter Friedens, 2. Mai 1871
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Springer, Jaro: Die Ausstellung der "XI"
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0270

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Vom Herausgeber. — Die Ausstellung der .,XI". Von Iaro Springer.

2ll

Süddeutschen unter sich zum Kampfe aufruft. Diese beiden, sich da die Hände schüttelnden Herren sind samt
dem sie begleitenden preußischen Adler und bayerischen Löwen doch so gut geraten, daß man selbst die Prosa
des hölzernen Gaules über ihnen vergißt, umsomehr als die ganze wilde Umgebung trefflich zu einer idealen
Kampfscene paßt. Daß aber ein solches Denkmal einen vor allen Dingen hoch über die gemeine Wirklichkeit
hinausheben muß, wenn es uns packen soll, das kann man unfern hier vorgeführten Arbeiten mit überwältigender
Deutlichkeit entnehmen. Sie haben anscheinend keinen neuen Stil erzeugt. Oder etwa doch? Wenigstens ist
nichts gewisser, als daß alle diese Monumente, wie verschieden auch unter sich, dennoch niemals ihren Ursprung
im Deutschland des Jahres 1870 verleugnen, ja ihn vielfach so deutlich aussprechen, daß man ihnen denselben
noch in Jahrhunderten beim ersten Blick ankennen wird. Denn hart und eckig und ungeschickt, wie so viele
von ihnen mehr oder weniger sind, haben sie doch nie jene Kleinlichkeit, die uns sonst so oft anhaftet, sie
gemahnen fast alle an das Erwachen eines Riesen. — Ja, viele von ihnen, besonders Siemerings Schöpfungen,
zeigen sehr deutlich etwas von dem Geiste, der uns an den berühmten Innsbrucker Figuren bald mit staunender
Bewunderung und bald mit scheuer Ehrfurcht vor ihrer herben Männlichkeit erfüllt.

Die Aufstellung der „XI".

von Aaro Springer. „ ,. . ^

in ich alt? ist mein Freund Relling alt? Es
passieren Dinge um uns, die es beinahe so scheinen
lassen, als ob ein Geschlecht aufgekommen wäre, von dem
uns in Auffassung und Empfindung eine ganze Welt trennt.
Wäre es so, wir müßten uns still bescheiden. Denn
wie wir einst den polternden Alten gegenüber das Recht,
und wie wir meinten, das bessere Recht, der Jungen
vertraten, so werden wir jetzt, sofern wir den Jüngsten
nicht bequem sind, von diesen und ihren Verherrlichern
rücksichtslos bei Seite geschoben und als Reaktionäre ver-
höhnt. Unser Fall liegt aber doch etwas anders. Wir
kamen von der alten Kunst her. Einiges von dem, was
uns diese wert machte, erkannten wir bei den Malern,
die mit uns jung waren, wieder. Mit den Jungen
verband uns außerdem die gleiche Geringschätzung der
veralteten Kunst von 1800 — 1860, die bei ihnen und
bei uns freilich nicht von derselben Ursache herkam. Von
alter Kunst feierten wir die Epochen, in denen ein
Ringen nach wahrhafter Natürlichkeit die Kunstübung
beherrschte und in denen ein gesunder Realismus kraft-
voll in die Erscheinung trat. Sie galten uns als beste
Kunstzeiten und nicht bloß etwa als Vorstufen der ge-
läuterten Kunst eines verschönernden Idealismus. Vom
Idealismus hielten wir nichts. Eine älteste Sage lehrt
schon, daß die Menschen nicht ungestraft versuchten, das
Feuer vom Himmel herunterzuholen. Und noch heute
strafen die Götter, wenn wir die Menschen ihnen ähnlich
zu bilden streben. Jdealische Kunst ist verbesserte Natur,
ist nicht real und darum nicht darstellbar, sie führt zu
Manier und Verfall. In der Kunst der 70er und

80 er Jahre, wie sie von den damals Jungen geübt
wurde, erkannten wir ein wunderbar geartetes Streben
nach Natürlichkeit, das uns diese Kunst als wichtigste
Erscheinung in der künstlerischen Entwicklung gelten ließ.
Noch wirken unsere damaligen Helden in kräftiger Arbeit.
Aber ihre Zeit ist vorbei. Die Jüngsten gehen andere
Wege. Denen kommt es nicht mehr auf die Form und
auf die Natürlichkeit, kaum noch auf den Schein, nur
auf die Idee und auf den Nervenreflex an. Man nennt
es Neuidealismus, meint aber damit den alten, der wieder
einmal den müden Erben eines kampffrohen Geschlechtes
wesenlose Irrlichter vorgaukelt. Wir, mein Freund Relling
und ich, schreiben den Jüngsten keinen förmlichen Absage-

^ieges-Denkmal in Dresden, von Robert He uze.

brief. Wir sind dazu um so weniger befugt, als wir
uns ihr Auftreten und ihr Wesen gesetzmäßig erklären
können. Nach demselben historischen Gesetz aber halten
wir ihre Kunst für jähen Abfall von kaum errungener

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