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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1900)
DOI Artikel:
Batka, Richard: Musik und tägliches Leben
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0013

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Musik und täglickes Leben.

Wir haben zu weuig Musik. . .

„Um Himmelswillen!"

Befürchte nicht, günstiger Leser, daß ich dir in einer umfänglichen
Abhandlung weis machcn will, die Berliner Musiksaison müss' es an-
ständigerweise im neuen Jahrhundert auf rund tausend Konzerte zum
mindesten bringen, oder die Theater sollten immer gleich zwei Opern an
einem Abend spielen, oder es werde daheim noch zu wenig gesungen,
gefiedelt oder Klavier gepaukt. Bewahre Gott! Aber darauf möcht ich
einmal hinweisen, daß das tägliche Leben, wenn man von der
Wachtparade absieht, an Musik verarmt, daß den vielen Verlusten, die
es in dieser Hinsicht erleidet, kein neuer Gewinn gcgenübersteht. Aller-
dings, die Pflege der Tonkunst nimmt sich in den statistischen Verzeich-
nissen der Musikzeitschriften und Kalender gar stattlich aus, aber während
in den abgeschlossenen Räumen der Kunstanstalten immer mehr und
künstlicher musiziert wird, verflüchtigen sich die musikalischen Elemente
aus dem täglichen Leben, es stirbt die Musik aus, die ihre Wurzeln im
Bedürfnisse dieses Lebens hat, und das kann auf die Dauer nicht ohne
nachteilige Folgen für die Tonkunst der höheren Grade bleiben. Leider
wendet sich die Aufmerksamkeit der Musiker immer mehr dem Verlaufe
der Höhenzüge des Musikgetriebes zu. Die Niederungen vorerst recht
sorgsam zu bestellen, gilt nicht als vornehm; die bleiben verwahrlost.
So fehlt denn natürlich der Musik unserer Zeit gar vielfach die gesunde
Grundlage im Volksleben, der stetige Aufstieg vom Einfachsten und Volks-
tümlichen zum Verwickelten und Subjektiven, und es ist bereits Zeit, diese
Dinge nicht zu vernachlässigen, vielmehr nach Klarheit über ihren Stand
in der Gegenwart zu gelangen.

Ueber das Schwinden des Volksliedes wird viel geklagt, und es
frommt ihm wenig, daß man zu seiner Pflege eigene Vereine und Zeit-
schriften gegründet hat. Das Singen selbst wird seltener, besonders bei
der Arbeit, seit die Maschinen so manche sonst durch Gesang beförderten
rhythmischen Thätigkeiten eingeschränkt haben. Wo dies nicht eintrifft, z. B.

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