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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 18 (2. Juniheft 1900)
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Schultze-Naumburg, Paul: Künstlerische Photographien
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Gregori, Ferdinand: Theatertrieb
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0217

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Meistcr untcr den Photographen nnd nch des wahren Sachverhalts voll-
kommen bewußt. Aber sie sind vollkommen im Recht, wcnn sie glauben,
daß Photographie als Kunst im weilercn Tinne der hohcn Ausgaben
genug zu ersüllen hat. Als wir Maler und Bildhaucr uns zu kuust-
gemcrblichcr Arbeit cntschlossen, warcn wir uns auch dcr beiden That-
sachen bewußt: erstcns, daß wir dabei auf Kunst im engsten und höchstcn
Wortsinn verzichteten, zweitcns, daß wir sür dic ästhetische Kultur
unsres Volkes gcrade mit dieser Bescheidung viel leisteten. Jn dieser
unsrer Zeitschrift ist ost auf die außerordentliche Bedeutung der Photo-
graphie als der sozusagen allräglichen Bildniskunst hingewieseu worden, die
in jedes Haus, in jcdc Hütte dringt. Gelingt es den Kunstphotographen,
durch ihrcn Einfluß und vor allem durch ihr Beispiel, die Photographic
auf den höchstcu Stand zu bringeu, den sie ihrem Wescn nach erreichcn
kann, so machen sie sich also hochverdienr. Uitsrc Lcser aber thun sicher
gut daran, die Arbeit dieser Männer bei jedcr Gelegenhcit mit
ihrer Teilnahme zu beglciteu, sich über ihrc Leistungen und ihre Ziele
aufzuklären, und sie vor allem dadurch zu unterstützen, daß sie die
Forderungen der Knnstphotographic auch den Berufsphotographeu gegen-
über nach aller Möglichkeit geltend machen.

P a u l S ch u ltze - Naumburg.

Tbetrrerlrieb.

Der Wunsch „sich auszuleben" pulst heute in Millionen so lebendig
wie chemals in einer Handvoll starker Pcrsönlichkciten. Es wäre frei-
lich töricht, diesen Millioncn deshalb Persünlichkeit zuzusprechen. Dcr
Begriff des „Auslebcns" hat sich vielmehr w erweitert, daß man kaum
noch bestimmcn kann, worin das eigcnartige „Ausleben" gcradc eincr
Persönlichkeit besteht. Tauscnd Formcn vou Ehrgciz zcigcn sich dabei,
dcren Bcrcchtigung sehr bestrcitbar ist.

Die durchschnittliche Bildungshöhe des Volkes ist um cin paar
Stufen gewachscn; Zeitungen und Bücher vermirteln bequem die Be-
kauntschaft mit den wichtigsten Fragen in Kunst, Wissenschaft und Politik,
dic früher jeder Einzelne aus sich selbst heraus crst aufwerfeu und lüsen
mußte, odcr die cr doch nur mühsam sich von außcn hcr nahc bringen
konnte. Jch brauche hier bloß an Hcbbels beschwcrlichen Bildungsgang
zu crinnern, dcr nicht allzuwcit hinter uns liegt.

Auslcbcn hcißt: dic angcborencn Keime durch sleißige Pflege zur
Entfaltung bringen, nicht abcr: mit aufgepfropften prahlen, als wärens
cigene; aus den Grenzen dcr natürlich gegebenen Wescnheit ausbrcchcn,
um sremde Gebiete zu plündcrn und sich mit diesem Plunder, der nie-
mals inncrstes Eigcntum werdcn kann, einem skalpreichen Jndianer gleich
zu behängen. Die Kopfhäute sichern die Köpse noch langc nicht.

Die Sclbstübcrhebung ist cin bedenklicher Begleiter der Durchschnitts-
bildung gewordcn. Und wenn sich einer klar macht, daß es Millionen
gibt, die dümmer sind als cr, so glaubt er schon dcr gccignetc Mann
zu sein, dicse hindämmcrndcn unteren Lcbcn zu bevormunden, während
er von obcn hcr kcine Beeinslussung duldet. Btit scinem Pfundc muchcrn,
dcutet er sich um in: sich gebärden, als ob er zchn Pfundc statt eines
cinzigcn habe. Er beginnt, sich wirkiam in Szcne zu setzcn, findct Hörer

2. Imiihefl ^900
 
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