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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 13 (1. Aprilheft 1900)
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Aus Lionardos "Traktat von der Malerei"
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0027

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Art, nach einfachsin und z u s a m m e n g e s e tz t e n 5 chatten zn
z c i chn e in

Zeichne nicht eine Figur im Hause mit dem Licht von einer Seite, um
sie dann in das allseitige Licht der Landschaft ohne Sonne hineinzusetzen.
Denn im Freien ist der Schatten cinfach, das cinseitige Licht eines Fensters
oder der Sonne jedoch gibt zusammengesetzten Schatten, d. h. einen mit
Reflexen gemischien.

van dcm Licht, bei dem man Bildnisse oder Akte inalen soll.

Ein Atelier hierfür muß offen sein gegcn den Himmel sohne Dach), und
seine Wände seien von Fleischsarbe, und die Porträts muß man im Sommer
machen, mcnn Wolkcn die Sonne bedecken. Oder auch, dn mußt die Südwand
so hoch machen, daß die Sonnenstrahlen die Nordwand nicht treffen, damit
keine Reflexe dic Schatten verderben.

Fehlcr der lltalcr, die e i n c n p l a st i s ch e n Aörper zn
6 a ii s c bei e i n c m Licht zoichnen u n d ihn d a n n ins Freie
oder in ein a n d e r e s Licht v e r s e tz c n.

Einen großen Jrrtum machen die Maler, die oft eincn plastischen Körper
zu Haufe bei einseitigem Licht zeichnen und dann diese Zeichnung anwenden bei
allseitigem Licht des tzimmels in der Landschaft, wo die Helligkeit der Luft
alle Seiten einer Ansicht umsließt und beleuchtet ohne Unterschicd. Wir sehen
dann dunkle Schatten, wo gar kein Schatten sein kann, oder wenn schon einer,
doch ein so heller, daß er unmerklich ist: und ebenso schen wir Reflexe, wo
man in Wirklichkeit unmöglich welchs finden kann.

Lose MäNer.

Aus Tslstojs „Auferstchung".

V o r b e m c r k u n g. Wir bitten unsre Leser, vor den folgenden Stellen
die Bartelsschc Besprechung des neuesten Tolstojschen Werkes zu lesen, die in
diesem selben Hefte erscheint. Wir gcben zur Jllustration unsrer Besprechung
Proben sowohl davon, wie Tolstoj in seiner „Auferstehung" schildert, wie
davon, wie er dort reflektiert. Sie sind der bei Diederichs in Leipzig er-
schienenen Uebersetzung von Czumikow entnommen.

Als Nechljudow das Gericht betrat, herrschte dort bereits rcgcs Leben.

Die Gerichtsdiener liefen atemlos, die Füße kaum vom Bvden hebend,
mit schlürfenden Schritten hin und her, besorgten Auftrüge, trugen Akten. Die
Kommissarc, Advokaten und Beamten dcs Gerichts gingen hierhin und dahin,
Supplikanten und die nicht eskorticrten Angcklagten schlichcn trübsinnig an den
Wänden umher oder saßen erwartungsvoll da.

„Wo ist das Bezirksgericht?", sragte Nechljudow cinen der Dicner.

„Welchcs wünschen Sie? Wir haben eine Civilabteilnng, einen
Kassationshof . . . ."

„Jch bin ein Geschworcner."

„Kriminalabtcilung- Hätten Sie das gleich gesagt! Hier, rechts und
dann die zweite Thür links."

Nechljudow ging, wie ihm gewiesen worden.

Bei der zweiten Thür links standen zwei Leute und wartetcn. Der eine
von ihncn war ein großer, dicker Kaufmann, ein gutmütiger Mensch, dcr offen-

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