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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 22 (2. Augustheft 1900)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0392

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Nuticnius: Wie aber, L?err Magister, ist es recht,

Den schönen Tag mit also ernster Rede
Uns zu — o nein, verderben sag' nicht,

Doch gab ihn Gott uns sicher zuin Genießen.

Ich trink' auf Luer Wohl, daß Ihr dereinst
Die sel'ge Ruhe auch empfinden lernt,

Die aus dem 5tudium der Alten fließt,

Bisweilen auch, ich woiß, aus dom der Bibel
(Er trinkt Luther zu, der ihm schweigend Lescheid thut.)

Das Fest scheint nun auf seinem lhöhexunkt,

Die Freude allgemein, doch noch nicht Tollheit.

Ich denk', ein Gang durchs Dolk wär' an der Zeit —

In Lurem Schutze darf ich ihn wohl wagen.

Loban: Wir gehn für euch durchs Feuer, wenn ihr's wünscht.
Mutianus: Ich weiß, doch laßt, mein feuriger jdoet

Das Schwert nur in dcr Schcide I (Lr erhebt sich.) wie die Stadt
Mit ihrer hundert Türme Pracht dort unten
So herrlich aufragtl kjeil Dir, reiches Erfurtl
(Lr geht voran, dio andern folgen, Luther und Grofonstein bloiben etwas zurück.)
Grefenstein: Ia, ja, mcin junger Freund, so spricht die Weisheit!

Die Fürsten Sachsens wußten, was fie thaten,

Als sie den Aonrad Mut nach Gotha zogen.

Der läßt nicht brennen, und er weiß warum.

Luther: Ihr meint —

Grofenstein: Natürlich, cr ist selbst ein Aetzer.

Luther: Ihr wollt ihn doch nicht etwa lhuß vergleichen?

Grefenstein: k)m, kfuß, der ward verbrannt, das ist gewiß,

Doch ob-ganz im Vertrauen, junger Freuud:

Man hat ihn nicht des Irrtums überwiesen.

Sein Leib ist Staub, sein Geist jedoch lebendig.

(Als Luther oine Bewegung des Schreckens macht):
lVas habt ihr?

Luther: Ach, mir ist, als ob die Lrde

In ihren Festcn wankte . . .

Grofenstein: Lrfurts Dom,

Seht nur hinab, steht fest und so die Aircho. (Ab.)

Theater.

IKundscdau.

Das Oberammergancr
Passionsspiel.

Bon den Besuchern Oberammer-
gaus, die nur Aüfälliges über das
Passionsspielzu berichten haben,scheinen
mir hauptsächlich zwei Punkte über-
sehn zn werden. Erstens einmal ist
doch das Spiel nicht mehr ein in voller
Naturkraft blühcndcs Wesen, fondern
es stellt eine im Grunde unzeitgemäße
Erscheinung dar, die sich nur infolgc
Aunstwart

besondrer Umstände alS ein merkwür-
diges und nicht immer glücklich reno-
vierteS Ueberblcibsel aus altcn Tagen
am Dasein erhalten hat. Dann aber
bietct die Passion durchauS kcine rein
volkstümliche oder auch nur rcin dra-
matische Darstellung des Leidens und
Sterbens Christi: wohl wird sie von
Bauern und Bürgern Oberammergaus
aufgeführt, aber das Wcrk selber
ist ein von Gcistlichen geschricbcnes,

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