Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

DOI Heft:
Heft 16 (2. Maiheft 1900)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Was kann der Goethebund thun?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0133

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Mas kann der Goewebund tbun?

Also wirklich, es ist so: die Lex Heinze-Gefahr hat einen „Bund
der Jntellektuellen" in Deutschland zustande gebracht. Er hat auch schon
günstig gewirkt: es ist für die nächste Zeit nicht mehr wahrscheinlich,
daß jene Kunst-Bevormundungs-Mittel rechtskräftig werden. Aber für
später? Keiner darf daran denken, den Posten auf der Wacht zu ver-
lassen. Denn jetzt ist's gar keine Frage mehr, daß der Boden, den wir
so lange vertrauensselig für unerschütterlich hielten, im Dunkeln da unten
von Gängen durchzogen ist. Wir wissen es nicht, wie viele davon man
im Stillcn zu Minen einrichtet. Wir wissen nur: es ist Krieg, und
müchtige Feinde belagern die weithin schauende Hochburg des deutschen
Geistes, auf deren Fahne der Name „Gocthe" steht. . .

Nein, berauschen wir uns nicht an vcrgleichenden Bildcrn! Unscr
öffentliches Leben ist äußerst nüchtern; wollen wir darin wirken, müssen
wir selber auch trocken sein können. Begeisternde Reden in lanten Ver-
sammlungen sind auf die Dauer nur an den Sonntagen des Lebens am
Platz, die Wochenarbeit darf nicht darin aufgehn. Worin kann sie be-
stehn? Was kann dcr Goethebund thun, um nachhaltig zum Segen unsrcr
geistigcn Wohlfahrt Ansehen zu wahren und Einsluß zu üben?

Vergegenwärtigen wir uns zunächst, was er i st. Er ist eine Ver-
einigung von Gelehrten, Künstlern, Schriftstellern und Freunden und
Freundinnen geistig angeregten Lebens überhaupt, die in ihren Gesin-
nungen und Nrteilen im Einzelnen weit auseinandergehn. Schon der
oberflächlichste Beobachter erkennt, wie anders der Goethebund in Bcrlin
aussieht, als in München, in Dresden als in Frankfurt a. M. Wollen
wir überhaupt als gcschlossene Einheit wirken, so können wir's also nur,
wo wir alle einer Meinung sind. Deshalb wollen wir uns mit Suder-
mann oder sonstwem vom Goethebund über unsre Meinungsverschieden-
heiten brav „außer dem Haus" unterhalten: der Goethebund ist nicht
zur Auseinandersetzung unter uns da, sondern zum Kampfe gegen den
gemcinsamen Feind für die gemeinsamen Güter. Denn es gibt ja

Ruilstwart 2. Maiheft tdoo
 
Annotationen