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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 24 (2. Septemberheft 1900)
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Lublinski, Samuel: Hebbel und Nietzsche
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Göhler, Georg: Musikgeschichte, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0454

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höchste Grad von Bildung ist: den Feind begreifen und achten, ja sogar
lieben und bewundern, und ihm dennoch, in der Schlacht, das Schwert
in die Brust stoßen. Freilich wird dann der Kampf nur entbrennen,
wenn er wirklich schon die ultima i-atio geworden ist und nicht aus
Einbildung und subjektivem Haß, sondern aus dem Wesen der Dinge
selbst entspringt. Jn der Zwischenzeit sind Friedensschlüsse möglich, aus
denen Stimmungen erwachsen, gleich weit entfernt von schlaffem Ver-
söhnungsdusel wie von blindwütiger Verbitterung: human-tragisch-heroische
Stimmungen. Ueber Freunden und Gegnern waltet das Gesetz der
Notwendigkeit, und trotzdem behaupten und entfalten sie innerhalb dieser
ehernen Schranken ihr Edelstes und Menschlichstes. Was aber dann?
Jetzt schon, wie das Beispiel Nietzsches beweist, nähert sich unser Zeit-
alter den Höhen Hebbels. Dann ist seine Zeit gekommen.

S. Lublinski.

/Dusikgescbicbte.

Z. Die theoretischen Grundlagen. Der einstimmige Gesang
(kirchlich und weltlich).

Da die folgende Darstellung durchaus für Laien und mit Rück-
sicht auf die lebendige Kunstübung der Gegenwart gegeben werden soll,
glaube ich mich eingehender Untersuchungen sowohl über die Anfänge
aller Musik als auch über die Musikgeschichte der vorchristlichen Zeit über-
hoben. Wer jenen sein Augenmerk zuwenden will — es handelt sich
thatsächlich um höchst interessante Probleme — wende sich an die Ver-
treter der wissenschaftlichen Völkerpsychologie; auch eine Schrift, wie etwa
die des Nationalökonomen Carl Bücher, „Arbeit und Rhrsthmus", kann
für diesen Zweck sehr empfohlen werden. Das Verlangen nach Auf-
klärung über die Musik bei den verschiedenen Kulturvölkern des Altertums
dürfte schon weniger stark sein, da die Ergebnisse hier viel lebloserer
Natur sind. Jch verzichte deshalb auch darauf, von altgriechischer Musik
zw reden. Unsere Gelehrten haben Dank dem einseitig humanistischen
Wissenschaftsbetrieb, der unsere Universitäten bis ins sst. Jahrhundert
beherrschte, freilich gerade dies Gebiet ihrer besonderen Liebe sür würdig
erachtet und, da sie trotz eifrigster Arbeit keine allzureiche Ernte erzielten,
der Musikgeschichte überhaupt zu der oft bejammerten dürftigen Stellung
im Kreise der andern Universitätswissenschaften verholfen. Aber ich hoffe,
wir können auch ohne die Griechcn so viel Licht in die Anfänge der
neuen Musik bringen, als der Laie braucht. Als erster Satz ist aller-
dings festzuhalten, daß die beiden Hauptfaktoren, die die gesamte neue
Kultur aufs stärkste beeinfluht haben, Christentum und Antike, auch die
Zeichen sind, unter denen unsere Musik erwachsen ist. Aber zum Glück
war der Einfluß hier nicht so unheilvoll, wie auf manchem anderen Ge-
biete, auf dem die Entfremdung von der Urkraft des eigenen Volkstums
bis in die neueste Zeit mit so viel Schaden verbunden geblieben ist. Denn
eine deutsche Musik, die bereits zur Kunst entwickelt gcwescn und durch
jene Mächte ertötet oder in ihrem Wachstum aufgehalten worden wäre,
gab's nicht.

Will mau in großen Zügen darstellen, was denn unter dem Ein-
flusse der genannten beiden geistigen Mächte im Laufe etwa der ersten
Uunstwart
 
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