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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 24 (2. Septemberheft 1900)
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Unsre Noten und Bilder
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Vor dem neuen Jahrgange
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0488

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Jndividuellen muß uns allen wieder in Fleisch und Blul übcrgchen, dann
werden wir die Lächerlichkcit unsrer gegcnwärtigen Mode-BildniSmacherci all-
gemein empfinden und damit in unsrer künstlerischen Kultur überhaupt einen
Schrilt oorwärts thun. Will man sich die Sachlagc recht klar machen, so
srage man sich, welches Jnteresse nach ein paar hundert Jahren neun unter
zehn von allen unsern Kaiser Wilhelm-Denkmülern wohl noch erwcckcn können?

Der Jüngling an der Quelle von Hans Thoma erinnert uns dem-
gegenüber an diejenige moderne Kunst, die nicht post. Das Bildchen
beansprucht gar nichts weiter zu geben, als den Akt eines Jünglings, dessen
Haltung durch das Trinken am Quell motiviert ist. Es ist auch keiner der
bedeutendsten Thomas, dieser hier. Gerade deswegen aber erfreut es, zu sehen,
wie sich schon hier aus dcm einfachen Motive doch etwas höheres, etwas von
feiner Stimmung ganz ungezwungen bildet. Bei einem echten Künstler fehlt
das eben nie, wenn er nur bei der Sache gewesen ist, bei einem uncchten
fehlt es immer, und wenn cr alle Maschinen in Gang selst, um die Sonne
zum Scheinen zu bringen.

Unsere Musikbeilage steht im Zusammenhangc mit den Göhlerschen
Aussützen über Musikgeschichte. Sie soll für die dort aufgestelltc Bchauptung,
daß die weltlichcn Weisen des Mittelalters auch heute noch Lebcnskraft bcsäßcn,
den Beweis bringen. Wie schon in dem Aufsatze selbst gesagt ist, stcht die
Erforschung dieser Literatur noch in den Anfüngen. Es werden sich also gewis;
noch manche Melodien finden, die die hier gcgebenen Bcispiele an Schünheit
übertreffen. Jmmerhin zeigen sich sowohl das Mailied Ncidhardts von Ncucn-
thal (c. ;225) wie auch die Weisen, die unter dem Namcn Hcinrichs von
Laufenberg gehen, schon auf den ersten Blick als melodische Gebilde, die ihrer
Wirkung noch heute sicher sind. Unsere Chor-Bercine solltcn sich solcher Stücke
viel mehr annehmen. Den Altdcutschen Lieder-Zrstlus, dem die Laufenbcrgschcn
Lieder entnommen sind, hat Karl Ricdel durch seincn feinsinnigcn Chorsatz in
ein ganz besonders schönes Licht gerückt. Die geistlichen Texte geltcn übrigens
als Umdichtungen; die zu Grunde liegenden Melodicn haben weltlichcu Licdern
angehört, deren Komponist unbekannt ist.

Vor dem neuen Zndrgange.

Die Sommerreise ist vorbei, Lcser und Sprccher dcs Runstwarts
sammeln sich wieder zur Minterarbeit. Die alte Frölstichkcit darf da-
bei mit uns sein, denn abermals hat sich unsre Zalst recht stattlich ver-
größert, und an immer mehr chtcllen zeigt sich's auch, daß der Linfluß
des Ruustwarts nuu allgcmach in die Tiese dringt. Ls ist ja trotzdcm,
wir sehen's wirklich, noch lange nicht alles bei uns, wie cs sein sollte, wir
hoffen jedoch: ebcn daß wir das sehn, während anderseits der Zutritt
der Freunde unsre blräfte vermehrt, eben das wird uns auch beim
lVeiterkommcn helfen. Neue Verbesserungen des Kunstwarts wird schon
der nächste vicrteljahrgang zeigcn. Gauz besonders aber ans einem
Grunde sctzcn wir diesmal auf die thatkräftige Lörderung unserer Leser
ein großes Lsoffen. Mächst nänilich auch in diesem bserbst wieder unsre
Schaar, wie in den lehten Zahren, so wagcu wir einen neuen chchritt,
so wagcn wir den Dersuch, über deu Knnstwart hiuaus nicht nur dnrchs
Wort, sondcru auch durch die uumittclbar ius praktische Gctriebe grei-
fende That nach unsercn Zielen lstn zu wirkeu. U?ie, davon inehr,
sobald die Möglichkcit, nicht nur zu sprechcu, soudern zu handcln, er-
wiesen ist. U)ir dürfeu ja hoffen, es wird bald sein.

Ziunstwart-Leitung: Dresden und rnünchcii, Auustivart-Nerlaa:

ffcrd. Avenarius. >"> S-piombcr iseo. Georg D. tv. Lallwcy.

Zn!)lilk. Zu Fricdrich NietzschcsTod. (A.) — Hcbbel und Nictzsche. Bon S. Lub-
linski. —Musikgeschichte. z. Von Gcvrg Göhlcr. — Die klassische Kunst. (Schlus;.)
— LoseBlättcr: Aus Friedrich NictzscheS Wcrken. — Nundschau. — Bildcrbci-
lagen: Arnold Kramcr, Nieysche-Statuettc. Fürstciistandbildcr aus dcr Jnns-
bruckcr Hofkirche. Hans Thonia, Jüngling an der Quellc. — Notcnbcilage:
Neidhardt von Reuenthal, Maienzeit. Hcimweh. Engelspicl. _

veranlworll.: der Herausgeber FerdlnandAoenarius tn vresden-BIasewiy. Mitredakteure: für Mustk:
vr. Ricbard Batka in ssrag lveinberge, für bildende Aunst: ssanl S ch u l tz e - Na u n» b u r g in Berltn.

Sendungen kür den Tert an den Herausgeber, über Mustk an vr. Batka.
verlag oon Leorg v. w. Callwe?. — Kgl. hofbuchdruckerei Kastner öc Lossen, beide in Münch-n.
 
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