Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

DOI issue:
Heft 21 (1. Augustheft 1900)
DOI article:
Lose Blätter
DOI article:
Rundschau
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0357

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nasc hcrumzugchcn, aber ich verscherzto doch sehr bald das müttcrliche Lob,
ein frommes Kind zu sein, das mir bis dahin so wohl gcthan hatte, und
stieg dafür im Ansehcn bci mcinem Valer, der es mit seincn Söhnen verhielt,
wie Fricdrich dcr Grohc mit scinen Offizieren, indenr er sie bestrafte, wenn
sie sich prügeltcn, und sie verhöhnte, wenn sie sich etwas bieten ließen. Einst
biß mich mein Gegner, als ich auf ihm lag und ihn gemächlich durchwalkte,
bis auf den Knochen in den Finger, so daß ich die Hand wochenlang nicht
mehr zum Schreiben brauchen konnte, das war aber auch die gefährlichste
Wunde, dcren ich mich erinnere, und sie sührte, wie dies wohl auch noch später
im Leben zu geschehen pflcgt, zu cincr innigen Freundschaft. — - — — —

Literatur.

Nundscbau.

^ Ueber„den moderncnWicner
Tppus'" in der Litcratur sagt Alfred
Gold in der „Zeit" ein paur schr gut
kennzeichncnde Worte: „Sie alle wer-
den von cinem scharfen, zersetzenden
Verstand, eincnr jüdischcn Verstande,
bcherrscht, und erst durch diese Gehirn-
sphärc hindurch nähcrn sie sich durch
starke Arbcit und Zucht der Frciheit
künstlerischen Schaffens. Eigentliche
Phantasie, Empfindung ist ihnen allen
ja nicht dic Hauptsache. Aber die
Sentimcntalität, die ihnen im Blute
liegt, wissen sic zu vcrwerten, die
ziehcn sie durch tauscnd Filter klugen
Mißtraucns und technischer Uebcr-
legung, bis daraus eine sublimierte
Kunstform wird." Die Eindrücke der
Wirklichkcit würden durch scntimcntale
Empfindungsreste zur Stimmung aus-
gegohrcn, die Stimmung werde wieder
zuin verdämmernden Eindruck abge-
tönt. „So ist allcs vom Tichtcr glänzcnd
geschaut, glänzcnd gesagt und zum
Schlussc wieder glänzcnd verwischt.
Selbstverstündlich mit ästhctischcr Ab-
sicht. Dcnn, um das passende Glcich-
nis aus der Musik zu nehmcn: die
Molive müsscn verklingen, die ange-
schlagen murdcn, müssen sich verlieren
und in einer nicht anders als kontra-
punktisch zu ncnncndcn Verarbeitung
wiedcr finden. Wo es nur irgend geht,
ivird bezcichnendcr Wcise die Form
dcr Traumcrinncrung vcrwendct. Gc-
träumt wird auch hicr wicder — vom
Slcrbcn! Wir vcrstchen jetzt diesen

Tic. An den Tod dcnken, das erlaubt
dem Verstande, sentimental zu werden
und doch Verstand zu bleiben, das
erlaubt Visionen ohnc Gestaltung und
Poesie ohne Wärme. Das erlaubt also
den jungen Wienern, Dichter zu sein.
Denn Dichter sind sie bei allcr Be-
wußtheit."

Vielleicht sagtc man richtiger: Virtu-
osen sind sie, Dichter, denen Phantasie
und Empfindung nicht die Hauptsache
ist, sind zum mindcsten eine schr ab-
sondcrliche Art von Poeten. Ucbrigens
sollte endlich einmal ein an wisscn-
schaftlicher Psychologie geschulter Aesthe-
tiker cin Werk über den Traum in der
dichterischen Technik schreiben. Wel-
chcr Abstand zwischen dicsen Jung-
wienern und den gesundcn Nealisten
dcr Traumdichtung, den Keller, Spit-
teler, Weber!

rnusik.

* Münchener Musiklcben.

Eugen d'AlbertsharmIoscr,abcr
seinsinniger und trotz nicht gcradc her-
vorragender Originalität der musika-
lischcn Erfindung wirklich erfrculicher
Einakter „Dic Abrcisc" (Tcxt nach dem
Luitspiele Steigentcschs vom Grafen
Sporck) war die zwcite und — letzte
Ncuheit, die unsre Hofoper im Laufc
dcr Spielzeit herausbrachte. Es folgtcn
noch zwei vcrdienstliche Neucinstudic-
rungcn, Peter Cornelius' „Bar-
bier von Bagdad" und „Cid",und damit
war's aus. Bcdenkt man nun, daß

I. Augustheft ^yno
 
Annotationen