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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

DOI issue:
Heft 14 (2. Aprilheft 1900)
DOI article:
Avenarius, Ferdinand: Die Kunstparagraphen der Lex Heinze
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0053

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13. Zabrg. Lweites Nprilbett 1900. Dett 14.

»L« KA«ST»»«T

Die Ilttmstparagrgpben der Lex Deinze.*

Sie wissen, die sogenannte Lex Heinze ist kein zusainmenhängender
Gesctzcntwnrf, es handelt sich um „Aenderungen und Ergänzungcn des
Strafgesetzbuches", die sehr verschiedenc Paragraphen betreffen, und was
die Stücke zur Einhcit macht, ist nur der Versuch, Erscheinungen der
Unsittlichkcit zu bckämpfen, Wer unter uns sreute sich solchen Versuches
nicht? Aber das steht gar nicht in Rede, — wenn einer so thut, als
wäre ein Feldzug für freie Schamlosigkeit im Werk, so versteht er eben
nicht odcr so lügt er. Ncin, meine Herren, wir warnen davor, das
Kind mit dcm Badc auszuschüttcn — besser gesagt: wir warnen davor,
das Kind im Bade ertrinken zu lassen. Da gehn uns denn nur die
beiden sogenannten Kunstparagraphen an.

Gcgen dieses Brüderpaar geht eine Bewegung durchs Land, und
sie grcift immer noch weiter um sich. Beachtcn wir, wie diese Bewegung
aussieht. Wir finden zunächst: Kcine politische Partei stcckt ihr Grenzen.
Wir sehcn Sozialdemokraten, wie Vollmar, Schulter an Schulter mit

* Jmmer wicder wcrdcn wir aus unscrm Leserkreisc heraus um einc
nähcre Bclcuchtung unsrcr Stellung zum Heinze-Gesctz gebeten. So geben wir
hiermit das Wesentliche der Ansprachc wieder, die Avenarius bei der Protest-
versammlung der Dresdner Künstler gehalten hat. Diese Bersammlung, die
mit der Begründung des Goethe-Bundcs auch sür Drcsden schloß, war von
neunzehn küustlerischen Vereinigungen veranstaltet worden, der Kunstgcnossen-
schaft, dem Vcrcin bildcnder Künstler, sämtlichen litcrarischen Vereineii, dem
Hoftheatcr mitseinemJntendanten an der Spitze u.s.w. Autzer Avcnarius sprachen
noch der Muscumsdirekior Geheimrat Treu, der Hoftheaterdramaturg vr. Meycr
ein Jurist vr. Heinze und Prof. Paul Schumann in gleichcr Schärfe gegcn die
drohende Gcsahr, und wohl gegen anderthalbtausend geladene Zuhvrer aus-
schließlich aus den Kreiscn, die sich mit Litcratur und Kunst beschäftigen, nahmen
einstimmig die oorgeschlagene Resolution an. Es war wirklich kcine „zusammen-
gelaufcne Radauvcrsammlung" gegen dicse unglückseligcn Paragraphen. Wir
wollen annehmen, dah diese nur aus Mangel an Sachverständnis im Reichs-
tage durchgehcn konnten. Aber jetzt sind die Gesctzgeber durch hundcrt Kund-
gebungen der Sachverständigen wirklich gcnügcnd belchrt, um ein Ende des
grausaincn Spiels zu machcn.

Aunstwart 2. Aprilheft tyoo
 
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