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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 18 (2. Juniheft 1900)
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Weltliche Feste in Kirchen
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0233

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habcnsten Berufes; die Pricster dcs Einen rnit einander in erbitterter Fehde,
gegenseitig ihr Werk stören: das crfahrungsmähige Bild und doch der wider-
sinnigste Zustand.

Tage, die das Gedächtnis eines Hohenpriesters erneuen, sind Feste der
Andacht für alles Volk, denn von jenen ist Heil ausgcgangen über alles Volk.

Noch verklärt aber die Andacht vor dcm Göttlichcn das Leben unseres
Volkes nicht in jene Bildcr des Friedens hincin, in denen cin Ludwig Richter
das Leben des Hauses darstcllte; noch sind unsere Kirchcn und Tempel die
einzigen Gebäudc, in denen der Einzige am weihcvollsten, am würdigsten
verehrt wcrdcn kann; Er, der ni'cht wohnt in Häusern, von Menschenhänden
gemacht.

Darum, so öffnet Euch, ihr alten Psorten der Gotteshäuser für eine jede
Stunde, in der vom Göttlichen zur Menge geredet wcrden soll; laßt in euren
geweihten Räumcn jedes Evangelium crklingen, das da verkündet Menschen-
crlösung durch Kunst, Wissenschaft, Neligion!"

Wir schließen an diese Aeußcrungen oon Geistlichen noch an, was uns
Herr Professor R u d. Eucken in Jena mirteilt. „Hier in Jena sand die Goethe-
Feier am ;8. November 4899 in unserer llnivcrsitätskirche statt, wie wir dort
überhaupt alle Feicrn größerer und ernster Art begehen. Dieselbe Kirche wird
sonntäglich zum Gottesdienste benutzt. Aus jenem andern Gebrauch zu crnsten
Fcstcn ist noch keinerlei Verwicklung cntstanden und schwerlich irgendwo An-
stos; erwachsen."

Eucken schließt sich unsrcr Anregung an. Wir wiederholen: wie jetzt die
Dinge liegcn, ist der Festsaal auch für crnste weltliche Feiern zumal in kleineren
Ortcn — die Kneipe oder dcr Tanzsaal. Wir denken an keine andrc Entscheidung,
als an eine von Fall zu Fall, aber wir wünschtcn sehr, unsre Kirchen öffneten sich
auch edeln weltlichen Festen. Wir wünschten es vom Standpunkt des Volks-
erzichers aus wahrlich ohnc jeden frömmelnden Hintcrgedanken, wir wünsch-
lcn cs einfach, wcil der edle Raum den Gedanken Ernst und Loslösung
vom Alltäglichen und in diesem Sinnc Weihe brächte. Wir wünschten es serner,
weil der dann gemcinschastlich bcnutztc ernste Raum den kirchlich Gläubigen wic
den kirchlich Nichtgläubigen das Bewußtsein der Gemeinsamkeit an idealen
Gütern stärken würde, wie ein gcmeinsames leäeum der vcrschicdenen Kon-
sessioncn das Gcfühl der Zusammengehörigkeit in erhabenen Gefühlen stärkt.
Nichts falscher, als scheinbare Uebcreinstimmungen zu erheucheln, wo sie nicht
sind und wo allcin aus dcm Streite Klarheit und Wahrheit hervorgeht. Aber
auch das ist falsch: das Einigende nicht zu betonen, da wo es i st. Daß
katholische Kirchen hier nicht in Frage kommen, wissen wir, aber evan-
gelische sind bekauntlich schon dcr Auffassung der Resormatoren nach ganz
ctwas andercs-

Lose Klüller.

Dcr Tod des Tizian.

Bruchstück von Hugo von Hofmannsthal.

V 0 r b e m e r k u n g. Wir drucken diese Dichtung mit dcr Genchmigung
ihrcs Versassers ab aus den im Kommissionsvcrlage von Gcorg Bondi in
Bcrlin crschicncncn „Blättcrn für die Kunst'".

2. Iuuiheft 190»
 
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