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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 19 (1. Juliheft 1900)
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Bartels, Adolf: Kunst und Wissenschaft als Völkerwertmesser
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Teibler, Hermann: Volkskonzerte
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0262

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roendet, um bei weitgehender Aufnahme rwn Kultureinflüssen, d. h. Ein-
flüssen sremder Völker sdenn Kultur ist wohl stets ein Reibungsprodukt),
sein eigentümliches Leben zu entwickeln. Oder vielleicht: die Zahl der
llomiliss svl ALllsrls, die es hervorgebracht hat. Und unter diesen
bomlilss Slll ASllsris würde ich nicht bloß die großen Fürsten, Feld-
herrn, Staatsmänner, Künstler, Dichter, Denker, sondern auch die aus-
geprägten Standestypen jeder Art, wie sie im Volke immer und immer
wieder auftreten, verstehen. Je zahlreicher diese Typen und ihre Ver-
treter, um so besser. Nur keine Gleichsörmigkeit. Jn Kunst und Wissen-
schaft sind an Stelle dieser Typen Jndividuen nötig; je mehr Jndi-
vidualitäten, große und kleine, da sind, um so hüher stehen Kunst und
Wissenschaft. Nur dann sind auch sie wirkliche Völkerwertmesser, —
eine bestimmte allgemeine technische Kunsthöhe, allgemein verbreiteter
Wissenschaftsbetrieb thun es nicht, denn wirklicher Fortschritt kommt nie
durch Schulung. Er ist der Kampf, in dem Völker und Jndividuen
werden und groß werden, und die Kampffreudigkeit vor allem wollen
wir unserm Volke erhalten. Auch die rechte Arbeit ist Kampf und Er-
oberung. Das aber ist wohl zu allen Zeiten das Kennzeichen des
Deutschen gewesen, daß er in seinen Kämpfen ehrliche Waffen gebraucht
hat, und so wird es hoffentlich bleiben. Den Vorwurf unsrer gutcn
Freunde, daß aus dem Volk der Dichter und Denker ein Volk dcr
Kämpfer geworden sei, werden wir zu ertragen wissen.

Adolf Bartcls.

volkskonzerte.

Einer von verschiedenen Städten Norddeutschlands ausgehenden
Anregung folgend, hat auch das Münchener Kaimorchester es versucht,
„Volkskonzerte" zu veranstalten, und die stattliche Anzahl, die man in
drei Monaten schon erzielte, und der stets äußerst rege Besuch lassen
schließen, daß „Volkskonzerte" auch hier in München ihren Zweck erreicht
und sich als nützliches Glied im öffentlichen Musikleben erwiesen haben.

So sollte man meinen, aber ich muß trotz allem bekennen: es
scheint sich mir dennoch nur um einen äußerlichen Erfolg zu handeln.
Die bloße Thatsache der neuen Einrichtung hat so befriedigt, daß man
dem kleineren, aber wichtigeren Tcil des Unternehmens — der Feststellung
seiner Aufgaben, seines Wirkungskreises und den hieraus sich er-
gebenden Folgerungen für die Art seiner Durchführung nur geringe
Beachtung geschenkt hat. Das gilt übrigens nicht sür München allein.
Jn Leipzig setzte man einem tausendköpfigen Arbeiterpublikum, das die
wahrhaft ideale Wohlthat des Zehnpfennigeintrittsgeldes gut zu würdigen
wußte, ein Programm vor, das in seinem Bestreben abwechslungsreich
und leichtverständlich zu sein, zum wahren Labyrinth für ungeübte Ohren
wurde. Jn Elberfeld packte man den Stier bei den Hörnern: däs Volk
sollte durch eigene Mitwirkung zu regem Jnteresse gelangen und wurde
vor die Aufgabe gestellt, seine ungeübte Sangeskunst „primo vistn^ an
Berlioz' Requiem zu erproben. München weist weder in künstlerischer
noch in organisatorischer Hinsicht Versuche so naiver „Großzügigkeit" auf,
man steht hier durchaus vor den Ergebnissen eines halben unsicher tasten-
den Wollens. Darauf weisen die grotzenteils aus Rückständen der ander-
weitigen Unternehmungen des Orchesters zusammengesetzten Programme hin.

Vor allem müßte bedacht werden, daß die Wohlthat der Volks-

Knnstwart
 
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