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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 19 (1. Juliheft 1900)
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Eine Goethe-Stiftung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0251

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Line Goetbe-Stittung.

Jm ersten Januarheft haben roir gesagt, daß uns als die aller-
wichtigste Aufgabe der deutschen Geisteskultur im zwanzigsten Jahrhundert
erscheine: „zu bilden und auszubauen einen Urheberschatz zur Befreiung
des geistigen Schaffens der Nation vom Tages-Marktwerte". Heut
machen wir unsre Leser bekannt mit einem weiteren Schritte auf diesem
Weg. Wir haben eine Petition an den Deutschen Reichstag verfaßt,
die zuuächst eine Reichs-Stiftung zu gunsten der deutschen Dichtung, eine
„Goethe-Stiftung" erstrebt. Als wir uns nach Mitunterzeichnern um-
sahen, begegneten unsre Wünsche weit über Erhoffen lebendiger Teilnahme
und reifem Verständnis. Jhnen, die sofort zu uns getreten sind, danken
wir's, daß unsre Petition nun als eine Kundgebung erscheint, deren
Wichtigkeit Keiner guten Gewissens bestreiten kann. Wir nennen die
ersten Unterzeichner im Folgenden der Oeffentlichkeit; es hat schwerlich
je eine Petition an den Deutschen Reichstag mehr im deutschen Kunst-
leben weithin leuchtende Namen getragen, als diese um eine Goethe-
Stiftung aufweisen wird.

Selbstverständlich erhoffen wir trotzdem nicht etwa eine „glatte
Annahme" durch unser Parlament. Schon dessen Zusammensetzung machte
das ja so unwahrscheinlich wie möglich. Dann aber ist auch der Stand-
punkt, auf dem die Unterzeichner stehn, den allermeisten noch ganz fremd.
Und schließlich liegen ja thatsächlich in der Sache selbst eine Menge von
Schwierigkeiten, mehr als genug, um alle Leute zurückzuschrecken, die
lieber „ja — aber . .." sagen, als: „ja — also l"

Wir bringen die.Petition schon jetzt, gleich nach Reichstagsschluß,
also möglichst lange vor der neuen Tagung an die Oeffentlichkeit, um
allen Bedenken dagegen ausgiebige Zeit zur Nede zu lassen. Haben die
Gegner gesprochen, so werden wir antworten. Wir würden die Petition
nicht für überflüssig halten selbst, wenn sie zunächst weiter gar nichts
bewirkte, als endlich einmal eine allgemeine Aussprache darüber, ob
geistige Güter nur nach ihrem Niederschlag in körperlicher Ware bemessen
und gepflegt bleiben sollen, oder ob wir endlich einmal zu einer Volks-

Kunstwart

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