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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 15 (1. Maiheft 1900)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0123

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Rahel: Nicht zum Vater hinein!

Elias: Nein, aufs Dach hinauf, in den Glockenturm, es in die ganze
Welt hinausläuten! (Ab.)

Rahel: Aber du hast ja keine Leiter! (Sie erhält keine Antwort; üngst-
lich.) Aber da ist ja keine Treppe!

Kröjer (mit einer Handbewegung, leise): S—t!

Der Bischof (flüsternd): Ach, hört! (Alle hüren von der Kirche h cr)
Halleluja, Halleluja! Halleluja, Hallelujal

Alle (fallen auf die Kniee und flüstern): Er weitz es! Er weih es!
(Klara, Sangs Frau, kommt in ihrem weitzen leinenen Gewand langfam
gegangen. Die Augen sind starr auf die Kirche gerichtet; sie steht still und
streckt die Hände in der Richtung nach dem Gesang aus.)

Alle Geistlichen (antworteten in leisem Chor): Halleluja! Halleluja
— Halleluja! Halleluja!

Rahel (auf der Galerie): Jetzt steht der Vater in der Thür! (Man hürt
ihn jetzt klar und deutlich singen.) Halleluja! Halleluja! — Halleluja! Halleluja!
(Da fällt die Kirchenglocke und alles Volk mit ein. Es ist eine solche jubelnde
Kraft, dah es klingt, als sängen Tausende. Und es steigert sich, da die im
Gehölz versammelten Menschen herzueilen. Eine Weile will es scheinen, als
höbe dies „Halleluja" das Haus empor.)

Sang (erscheint in der Thür; die Abendsonne bestrahlt sein Antlitz. Alle
erheben sich, alle weichen zurück. Er streckt beide Arme nach Klara aus, die
mitten im Zimmer steht. Auch sie streckt die Arme nach ihm aus; er tritt vor
und umfängt sie. Der Gesang umbraust sie. Das Zimmer ist voll von Leuten;
auch die Galerie; sie stehen übereinander; einige stehen im Fenster. Da gleitet
sie langsam an seiner Schulter herab. Der Gesang schweigt; nur die Kirchen-
glocke tönt weiter. Sie macht eino Anstrengung, um sich aufzurafsen und sich
zu erheben. Es gelingt ihr halb, indem sie das Haupt erhebt und ihn anblickt).

Klara: Du Leuchtender,-der du kamst, — — mein Geliebter!

(Jhr Haupt sinkt wieder herab, die Arme sallen nieder, der ganze Körper
gibt nach.)

Sang (steht und hält sie, und legt die Hand auf ihr Herz; beugt sich
dann über sie, verwundert. Schaut nach oben und sagt in kindlichem Ton):
Aber das war ja nicht die Absicht — ? (Er beugt das eine Knie und legt ihr
Haupt darauf; untersucht, legt sie vorsichtig hin und erhebt sich, wieder empor-

schauend): Aber das war ja nicht die Absicht — ? Oder-Oder-?

(Er greift nach seinem Herzen und sällt.)

Rahel (hat versteinert dagestanden und alles mit angesehen. Jetzt stötzt
sie einen lauten Schrei aus und fällt vor den Eltern auf die Kniee.)

Kröjer: Was meinte er mit diesem „oder" — ?

Bratt: Jch weitz es es nicht zu sagcn. — Aber er starb daran.

Rahel: Starb? — Das ist unmöglich! (Die Glocke lüutet weiter.)

Nundscvau

Allgeineinercs.

* Rätsel.

Wenn es richtig ist, und es ist
unzweifelhaft richtig, datz Harmonie
und Melodie, auf gewisse mathe-
matisch berechenüarc Weisc geführt,

unfehlbar unser asthetisches Wohl-
gefallen wecken, mithin Kunst-
schönheit erzeugen, wie kommt es,
datz nur autzerordentliche Persön-
lichkciten, nur scharf markierte Jndi-
Maiheft tZoo
 
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