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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 23 (1. Septemberheft 1900)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0434

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Nnt hocherhobner Faust bedroht sie chir,

Itnd ein gewaltig Fluchwort flog ihm nach,

Als schleuiiig er und still die Flucht ergrisf.

Dann aber ganz erregt von Schmerz und Griimii
Sprach sie: „Dees is mei allerirgsier Aumma,

Wenn's d' Lrdbeer brock'n u'reis nnd kloauleizi,

Ma mirkt's ja deutli, 's thuat der Pflanzen weh.

Sie wehrt si drum, was sie nur ko, die Armi,

Iust wier a Mutter um ihr liebis Aiud,

Do' wenn die Frucht recht zeiti wor'n is,

Geit's geduldi her; no jo, sie hat
Das ihre redli tho' und denkt ihm halt:

Ietzt werst der eudli aa dein Frieden gunna.''

Da stockte sie und sah mich sragend an,

Bostiirzt beinah ob dieser Worte Sinn,

Der dämmernd nur ihr zum Bewußtsein kam.

„Wo wohnen's?", sprach sie hastig. „In St. Zeno."

„Da kimm i loi am nächste Sunnta hin,

Und Lrdbeer bring i Ihna, solchi haben's
No niemal koane g'seg'n- Bfiith Ihna Gottl"

Ikundscbau.

Sichtung.

* Seit Nicolaus Lenau gestorben,
ist nun auch ein halbes Iahrhundert
vergangen. Nur die älteren von uns
wissen es noch, welch' hohe Stellung
Lenau noch zu Zeiten des grohen
Krieges im Herzen zumal unserer
Jugend einnahm: was Heine an Be-
wunderung für Lyrik übrig ließ, das
gehörte zum großen Hauptteile Lenau.
Die Jahrzehnte haben das geändcrt,
die Bewunderung für Mörike, Hebbel,
Keller auch als Lyriker ist über die
für Lenau hinausgewachsen, und wenn
wir heut seine Gedichte durchlesen, so
stört uns vieles mehr und erbaut uns
vieles weniger, als das ältere Ge-
schlecht. Auf einzelne Gebilde jedoch
treffen auch wir noch, die uns herrlich
erscheinen „wie am ersten Tag." Und
hätte Lenau nur die Schilflieder ge-
schrieben, cr verweilte dauernd in
unserer Dichtung. Er verweilt darin
nicht nur als ein zwischen den Büchern
der Gelehrten hin- und herhuschcnder
Schatten, sondcrn gleichsam als der

Kiinstwart

ernste Ortsgeist einer cinsamen schmerz-
geheiligten Stelle, der von jedem, der
hier vorübergeht, begrüßt wird und
einen jeden still beschenkt.

* Wilhelm Hcgeler.

Gegen den Betrieb der plan-
mäßigen „Mache" bestimmter Autoren
hat sich allmählich eine Bewegung
jener Kunstfreunde im Reiche gcbildet,
die es für wichtiger halten, durch
Empfehlung echter Werke dcn kriti-
schen Sinn des deutschen Lesers zu
stärken und zu verfeinern, als irgond
einer „Richtung" zum Siege zu ver-
helfen. Unter die Künstler des jungen
Geschlechtes, die cs verdienen, an solcher
Stello kritisch gcwürdigt zu werden,
gehört Wilhelm Hegcler, übcr dcn
zu sprechen gerade jctzt nach Erschcincn
seines ncuesten Nomanes „Ingenieur
Horstmann" (Berlin, Fontanc)
Anlaß vorliegt.

Hegeler hat bisher fünf Romane
und cincn Novellenband veröffentlicht.
Abcr die kraftvollen Akzente, die er

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