oft unmenschlich behandelt. Das hült kein Choc auf die Dauer aus. Und wozu
diese Massenwirkung? Weil der innere Gehalt gerade bei dcn Stücken nicht
bedeutend ist! Das merken aber die Snnger und auch das Publikum. Solche
Blender blenden nicht lange, man merkt bald, daß das Lichtchen drin sehr
klein ist, und für die Blechscheibe dahinter dankt man bald. Kräftiges natür-
liches Licht, gesundes, das brauchen wir auch in dieser Literatur, nicht solche
künstlich konstruierte Laternen. Reger täuscht sich überhaupt leicht über die
Ausführbarkeit. Von seinen Orgelsachen rede ich nicht; das sind ganz außer-
gewöhnliche Werke, die etwas mehr vertragen, obwohl die Klarheit vielleicht
auch hier rnanchmal nur für den Leser da sein und der Hörer in den dickcn
Fluten des Satzes ertrinken wird! — Aber wenn auch in kleineren Klavier-
stücken und Liederbegleitungen die Schwierigkciten gern gehäuft werden, so
kann ich mir nicht helfen, ich halte dieses Uebermaß von Schwierigkeit in kleinen
Stücken für unbewußtes Empfinden der erfinderischen Schwäche und instinktives
Verdeckenwollen des Mangels an innerer Kraft. — Die Violinsonate op. ist
nicht für Dilettanten gedacht, sie stellt an Klavierspieler wie Geiger große An-
forderungen. Ueberzeugungskraft fehlt ihr, da sie leider wieder schr in den
Bahnen von Brahms wandelt. Wenn schon die vielen Kompositionen, die kcine
innerlich notwendigen Künstlerbekenntnisse sind, es unmöglich machen, von der
Künstlerpersönlichkeit Regers cinen Begriff zu bekommen, so bleibt bei dieser
Anlehnung an Brahms eben nichts übrig als die musikalische Gediegenheit und
der Hochachtung abnötigende Ernst, mit dem die Aufgabcn erfaßt sind. Aber
ist Hochachtung vor Gediegenhcit das, was wir Künstlern entgegenbringen
möchten? Auch die Lieder op. geben zur Aenderung dieses Urtoils keinen
Anlaß, scheinen mir sogar schwächer zu sein als die früheren Leistungen Rcgers
in derselben Fornr. Es bleibt also bci dem Urteil: Sehr viel musikalisches Können,
aber wenig Persönlichkeit. Deshalb abwarten, ob nach der Zcit dcr Studien
nun eigene Kunstleistungen kommcn. Georg Göbler.
Dle klasstscbe Aunst.
Der Kunstwart hat bisher in seinen Kunstbeilagen kaum je ein aus-
ländisches Kunstwerk abgebildet, weil er's für wichtiger hält, vor allem
deutsche Kunst den Augen und Herzen der Leser näher zu bringen. Aber unsre
allgemeinste Aufgabe ist doch die, überhaupt im Kunstgenusse zu üben. Da ge-
währt es denn eine Freude, ein Buch anzuzeigen, welches dieser selben Auf-
gabe gewidmet ist, ein gutes Buch, das den ausgcsprochenen Zweck hat, Kunst
sehen und genießen zu lehren — wenn es sich auch an ausländische Beispiele
anschließt. Wir empfehlen also mit Nachdruck Heinrich Wölfflins
„Klassische Kunst, eine Einführung in die italienische Renaissance." ^ Mit
Berechtigung ist das Werk dem Andenken Jakob Burckhardts gewidmet, dessen
Schüler Wölfflin ist. Seit Burckhardts Ciccrone ist kein Buch erschienen, das
den gleichen Zweck init gleichem Feinsinn und Geschmack verfolgte. Ein päda-
gogischer Zug des Buches ist für seinen Zweck nur wertvoll, mag ihn der oder
jener auch „schulmeisterlich" nennen.
Wölfflin beruft sich im Vorwort auf den Bildhauer Adolf Hildcbrand,
der in seinem epochemachcnden Buche „Das Problem der Form" den Kunst-
historikern den Vorwurf macht, sie behandelten die Kunst nur noch als Aus-
ftuß der verschiedenen Künstler alS Persönlichkeiten odcr aücr als Erzeugnis
* Münchcn, Verlagsanstalt F. Bruckmann. Mit oielen Abbildungen tv M.
Aunstwart
diese Massenwirkung? Weil der innere Gehalt gerade bei dcn Stücken nicht
bedeutend ist! Das merken aber die Snnger und auch das Publikum. Solche
Blender blenden nicht lange, man merkt bald, daß das Lichtchen drin sehr
klein ist, und für die Blechscheibe dahinter dankt man bald. Kräftiges natür-
liches Licht, gesundes, das brauchen wir auch in dieser Literatur, nicht solche
künstlich konstruierte Laternen. Reger täuscht sich überhaupt leicht über die
Ausführbarkeit. Von seinen Orgelsachen rede ich nicht; das sind ganz außer-
gewöhnliche Werke, die etwas mehr vertragen, obwohl die Klarheit vielleicht
auch hier rnanchmal nur für den Leser da sein und der Hörer in den dickcn
Fluten des Satzes ertrinken wird! — Aber wenn auch in kleineren Klavier-
stücken und Liederbegleitungen die Schwierigkciten gern gehäuft werden, so
kann ich mir nicht helfen, ich halte dieses Uebermaß von Schwierigkeit in kleinen
Stücken für unbewußtes Empfinden der erfinderischen Schwäche und instinktives
Verdeckenwollen des Mangels an innerer Kraft. — Die Violinsonate op. ist
nicht für Dilettanten gedacht, sie stellt an Klavierspieler wie Geiger große An-
forderungen. Ueberzeugungskraft fehlt ihr, da sie leider wieder schr in den
Bahnen von Brahms wandelt. Wenn schon die vielen Kompositionen, die kcine
innerlich notwendigen Künstlerbekenntnisse sind, es unmöglich machen, von der
Künstlerpersönlichkeit Regers cinen Begriff zu bekommen, so bleibt bei dieser
Anlehnung an Brahms eben nichts übrig als die musikalische Gediegenheit und
der Hochachtung abnötigende Ernst, mit dem die Aufgabcn erfaßt sind. Aber
ist Hochachtung vor Gediegenhcit das, was wir Künstlern entgegenbringen
möchten? Auch die Lieder op. geben zur Aenderung dieses Urtoils keinen
Anlaß, scheinen mir sogar schwächer zu sein als die früheren Leistungen Rcgers
in derselben Fornr. Es bleibt also bci dem Urteil: Sehr viel musikalisches Können,
aber wenig Persönlichkeit. Deshalb abwarten, ob nach der Zcit dcr Studien
nun eigene Kunstleistungen kommcn. Georg Göbler.
Dle klasstscbe Aunst.
Der Kunstwart hat bisher in seinen Kunstbeilagen kaum je ein aus-
ländisches Kunstwerk abgebildet, weil er's für wichtiger hält, vor allem
deutsche Kunst den Augen und Herzen der Leser näher zu bringen. Aber unsre
allgemeinste Aufgabe ist doch die, überhaupt im Kunstgenusse zu üben. Da ge-
währt es denn eine Freude, ein Buch anzuzeigen, welches dieser selben Auf-
gabe gewidmet ist, ein gutes Buch, das den ausgcsprochenen Zweck hat, Kunst
sehen und genießen zu lehren — wenn es sich auch an ausländische Beispiele
anschließt. Wir empfehlen also mit Nachdruck Heinrich Wölfflins
„Klassische Kunst, eine Einführung in die italienische Renaissance." ^ Mit
Berechtigung ist das Werk dem Andenken Jakob Burckhardts gewidmet, dessen
Schüler Wölfflin ist. Seit Burckhardts Ciccrone ist kein Buch erschienen, das
den gleichen Zweck init gleichem Feinsinn und Geschmack verfolgte. Ein päda-
gogischer Zug des Buches ist für seinen Zweck nur wertvoll, mag ihn der oder
jener auch „schulmeisterlich" nennen.
Wölfflin beruft sich im Vorwort auf den Bildhauer Adolf Hildcbrand,
der in seinem epochemachcnden Buche „Das Problem der Form" den Kunst-
historikern den Vorwurf macht, sie behandelten die Kunst nur noch als Aus-
ftuß der verschiedenen Künstler alS Persönlichkeiten odcr aücr als Erzeugnis
* Münchcn, Verlagsanstalt F. Bruckmann. Mit oielen Abbildungen tv M.
Aunstwart