möchtc, in dcr Bcgleitung. Nun scheint ein frcundlicheres Bild dem Dichter
vor Augen zu trcten: Die Rötzlein auf der Wiese; schon freut cr sich an ihren
muntcren Sprüngcn (daher das kurze instrumentale Nachspiel), da der düstere
Gedanke: „sic roerden schrittweis gehn mit deiner Leiche." Das eben so lustige,
leichte Springmotiv ist in den feicrlichenRhythmus cines schwerenTraucrmarsches
durch eine genialo Umbildung gebannt. Und nun in wenigen Taktcn cinc Stei-
gerung von entsetzlicher Gewalt, es ist als ziehe sich in den Harmonien das Herz zu-
sammen, als richte sich dcr Scher bei jedcm Wort höher vom Lager aus, um
der schreckhaften Erscheinung mit dem Auge zu folgen, bis das blanke Eisen
im Tremolo auf dem vcrschärften Septimenakkord ausblitzt. Erschöpftes Hin-
sinkcn auf das Lager. Jmmer leiser werdendes Scufzen, Stöhnen; noch zwei-
mal hebt sich die Brust. Dann Stille, dcr Spuck ist aus . . .
„Um Mittcrnacht." Die Einheit der mystischen Grundstimmung
dicscs wunderbar schönen Gedichts wird durch die ruhige, gleichmäßige Achtel-
bewegung festgehalten und nur in harmonischer Beziehung fein abgetönt. Zwei
Strophen, deren inhaltlicher Parallelismus zur Anwendung der gleichen musi-
kalischcn Form genutzt ist. Jede Strophe ist dreiteilig. Der crste Teil („Ge-
lassen — Wand" und „das uralt — müd"), besteht aus der Wiederholung
eincr aufsteigendcn Periode deklamatorischen Charakters auf anderer Stufe,
und stellt in beiden Strophen sozusagen das Thatsüchliche fest. Dcr nun fol-
gende Teil führt es nüher aus, dic mclodische Linie des vorhin noch etwas
starren, behauptenden Nczitativs wird beweglicher, freier, gcschmeidigcr, rhyth-
misch bclebter, und in der zweiten Strophe gegen die erstc leicht gewandelt,
bezw. gesteigert. Frcilich dcr Typus bleibt der nämliche und die zarte
Jnslexion am Schlussc vermag sowohl die ruhenden Schalen der Zeitwage wic
der flüchtigon Stundcn leichtgeschwungenes Joch zu malen. Bcachtenswerter
ist die verschicdene musikalische Dcklamation dieses Teils; sie zerstört aller-
dings in dcr erstcn Strophe ihren formalen Schein-Bau, hebt abcr den Sinn
um so vlastischcr hcrvor. Da dcr dritte Teil blotz den wiederkehrcnden Ge-
sang der Quellcn zu schildern hat, konnte er in der gleichen Kantilene den
entsprechendcn Ausdruck finden- Hier gesellt sich zu der wcbendcn Begleitung
noch cin das „uralt alte Schlummerlied" dcr Quellcn unterstützendcs durch-'
gehendes Wicge-Motiv, wclches zuletzt die Singstimme an der Stclle „vom
Tagc" aufnimmt, worauf cs als Refrain mit zauberischer Wirkung soglcich
auch im Klavicrpart auftaucht. . . . Man vergleiche mit diesem Liedc Carl
Maria von Webers „Die Zeit'" (Kunstwartbeilage XII. Nr. iZ), das einen ver-
wandten Vorwurf hat und ersche daran, welch ungcheuere Bercicherung die
Ausdrucksmittel dcr Tonkunst scither erfahren haben-
Wcrdcn wir's noch erlebcn, daß wcnigstens Wolfs bei Heckcl in Mann-
heim crschicncner Mörike-Band bei allcn zu findcn ist, dic ihn erwcrben könncn?
Eigentlich sollte ihn jeder deutsche Musikfreund besitzen.
Von unscrn Bilderbcilagcn gehört auch eine Hug o W o lf. Man
wird sein Bildnis mit tiefcr Wchmut betrachten, cingcdcnk dessen, daß dicser
Geist, dcr uns in scincr Jugcnd schon so überreich beschenkt hat, nur mchr
durchs Fenstcr dcs Jrrenhauscs in seine schönc Welt hinausträumt. — Mancher
wird wünschen, dic Photogravüre selbst zu haben, nach dcr unsec Bild ver-
viclfältigt ist. Der wende sich an dcn Hugo Wolf-Verein in Wicn (IV 2, Luisen-
gassc y). Ucberhaupt cmpschlcn wir allen, „die was davon crkannt", rccht
dringend, sich mit dcn Wols-Vcreinen in Verbindung zu setzcn, damit nicht
auch dicscr Ton- und Poesie-Schatz wicder Jahrzehntelang ungenugt blcibe.—
I. Innihest zyoo
vor Augen zu trcten: Die Rötzlein auf der Wiese; schon freut cr sich an ihren
muntcren Sprüngcn (daher das kurze instrumentale Nachspiel), da der düstere
Gedanke: „sic roerden schrittweis gehn mit deiner Leiche." Das eben so lustige,
leichte Springmotiv ist in den feicrlichenRhythmus cines schwerenTraucrmarsches
durch eine genialo Umbildung gebannt. Und nun in wenigen Taktcn cinc Stei-
gerung von entsetzlicher Gewalt, es ist als ziehe sich in den Harmonien das Herz zu-
sammen, als richte sich dcr Scher bei jedcm Wort höher vom Lager aus, um
der schreckhaften Erscheinung mit dem Auge zu folgen, bis das blanke Eisen
im Tremolo auf dem vcrschärften Septimenakkord ausblitzt. Erschöpftes Hin-
sinkcn auf das Lager. Jmmer leiser werdendes Scufzen, Stöhnen; noch zwei-
mal hebt sich die Brust. Dann Stille, dcr Spuck ist aus . . .
„Um Mittcrnacht." Die Einheit der mystischen Grundstimmung
dicscs wunderbar schönen Gedichts wird durch die ruhige, gleichmäßige Achtel-
bewegung festgehalten und nur in harmonischer Beziehung fein abgetönt. Zwei
Strophen, deren inhaltlicher Parallelismus zur Anwendung der gleichen musi-
kalischcn Form genutzt ist. Jede Strophe ist dreiteilig. Der crste Teil („Ge-
lassen — Wand" und „das uralt — müd"), besteht aus der Wiederholung
eincr aufsteigendcn Periode deklamatorischen Charakters auf anderer Stufe,
und stellt in beiden Strophen sozusagen das Thatsüchliche fest. Dcr nun fol-
gende Teil führt es nüher aus, dic mclodische Linie des vorhin noch etwas
starren, behauptenden Nczitativs wird beweglicher, freier, gcschmeidigcr, rhyth-
misch bclebter, und in der zweiten Strophe gegen die erstc leicht gewandelt,
bezw. gesteigert. Frcilich dcr Typus bleibt der nämliche und die zarte
Jnslexion am Schlussc vermag sowohl die ruhenden Schalen der Zeitwage wic
der flüchtigon Stundcn leichtgeschwungenes Joch zu malen. Bcachtenswerter
ist die verschicdene musikalische Dcklamation dieses Teils; sie zerstört aller-
dings in dcr erstcn Strophe ihren formalen Schein-Bau, hebt abcr den Sinn
um so vlastischcr hcrvor. Da dcr dritte Teil blotz den wiederkehrcnden Ge-
sang der Quellcn zu schildern hat, konnte er in der gleichen Kantilene den
entsprechendcn Ausdruck finden- Hier gesellt sich zu der wcbendcn Begleitung
noch cin das „uralt alte Schlummerlied" dcr Quellcn unterstützendcs durch-'
gehendes Wicge-Motiv, wclches zuletzt die Singstimme an der Stclle „vom
Tagc" aufnimmt, worauf cs als Refrain mit zauberischer Wirkung soglcich
auch im Klavicrpart auftaucht. . . . Man vergleiche mit diesem Liedc Carl
Maria von Webers „Die Zeit'" (Kunstwartbeilage XII. Nr. iZ), das einen ver-
wandten Vorwurf hat und ersche daran, welch ungcheuere Bercicherung die
Ausdrucksmittel dcr Tonkunst scither erfahren haben-
Wcrdcn wir's noch erlebcn, daß wcnigstens Wolfs bei Heckcl in Mann-
heim crschicncner Mörike-Band bei allcn zu findcn ist, dic ihn erwcrben könncn?
Eigentlich sollte ihn jeder deutsche Musikfreund besitzen.
Von unscrn Bilderbcilagcn gehört auch eine Hug o W o lf. Man
wird sein Bildnis mit tiefcr Wchmut betrachten, cingcdcnk dessen, daß dicser
Geist, dcr uns in scincr Jugcnd schon so überreich beschenkt hat, nur mchr
durchs Fenstcr dcs Jrrenhauscs in seine schönc Welt hinausträumt. — Mancher
wird wünschen, dic Photogravüre selbst zu haben, nach dcr unsec Bild ver-
viclfältigt ist. Der wende sich an dcn Hugo Wolf-Verein in Wicn (IV 2, Luisen-
gassc y). Ucberhaupt cmpschlcn wir allen, „die was davon crkannt", rccht
dringend, sich mit dcn Wols-Vcreinen in Verbindung zu setzcn, damit nicht
auch dicscr Ton- und Poesie-Schatz wicder Jahrzehntelang ungenugt blcibe.—
I. Innihest zyoo