sichtsfeldes. Nur mit der Länge der Rohre verringerte sich dieses Leiden, aber
selbst bei einigermaßen noch handlichen „Krimstechern" blieb es fatal genug:
der Ausschnitt aus dem Naturbilde war zur Gewährung ästhetischen Ge-
nusses fast für alle Fälle zu klein. Die Optiker zerbrachen sich deshalb die
Köpfe, aber lange mußten sie keinen Nat. Endlich erlaubten es die technischen
Fortschritte, den Tppus des bildumkehrenden astronomischen Fernrohres zur
Gewinnung eines handlich kurzen Glases mit großem Gesichtsfelde zu ver-
bessern. Eine vcrschmitzte Prismen-Konstruktion stellte gleichzeitig das Bild
wieder auf die Füße und verklcinerte die Länge des Rohrs etwa auf den
dritten Teil, indem sie den Strahl darin hin und her sandte, eh er ins Auge
trat. Das Ergebnis sind die Trieder-Binocles, die sich jetzt rasch verbreiten.
Jch benutze ein solches aus der Goerzschen Anstalt in Berlin-Friedenau
seit einiger Zeit und dars nach einer Menge von Beobachtungen nun sagen:
das ist's, was unsoreiner braucht. Man lege ein Fünfmarkstück neben einen
Pfennig (so ungefähr verhält sich das Gesichtsfeld eines Trieder-Binocles zu
dem eines Opernglases älterer Konstruktion) — dann bedenke man, wie sehr
diese Vergrößerung des Sehkreises nicht nur das Auffinden und im Auge
behalten, sondern ebenso den Schönheitsgenuß erhöht. Mit diesen Gläsern ists
:n der That möglich, sich ein fernes Landschnftsstück als Bild vors Auge zu
ziehen. Und es ist ganz überraschend, was das bedeutet. Eine Menge von
Landschaftsbildern, die man aus der Ferne „angedeutet" sieht, z. B. Einblicke
von Bergen in Thäler, kann man gerade so aus der Nähe ja überhaupt nicht
gewinnen, ehe das Fliegen erlernt ist. Da ist denn das Durchprüfen der
Landschaft auf schöne Bilder hin etwas ganz andres, als das übliche Absuchen
mit dem Fernrohr auf berühmte „Punkte" — man kann sich da wirklich aufs
Entdecken verlegen und oft eine wahre Fülle von Landschaftsschönheiten einheimsen,
die anderswie überhaupt nicht zu seh en sind. Was noch den Reiz er-
höht, ist der Umstand, daß die Luft zwischen dem Hier und Dort ja nicht „weg-
gesehen" wird, daß also der seine „Duft der Ferne" bleibt, der das Bild nach
Blau oder Gold hin harmonisiert und stimmt. Die Konstruktion der Trieder-
Binocles hat vor den früheren noch ein paar andere Vorzüge, aber die gehen
uns nichts an, wir haben's nur mit dem Aesthetischen zu thun. Da unsres
Wissens noch nie diese Seite der neuen Erfindung hervorgehoben worden ist,
wollten wir doch darauf aufmerksam machen.
Wir raten unsern Freunden, die in die Sommerfrische gehn, den ästhe-
tischen Genüssen, die ihnen Fern- und Nahglas vermitteln, ein -wenig mehr
Beachtung zu schenken, als gemcinhin üblich ist. Gewiß, es wird sich verlohnen.
Auch bei dem „Nahglas". Schon wer eine Lupe gut zu brauchen versteht,
wird seine Freude dran haben. Ein kleines Mikroskop verlangt ein wenig
Sachverständnis, soll man was Rechtes damit anfangen können, und wegen
des Präparierens mehr Zeit. Aber das zureichende Pücklein Sachverständnis
läßt sich beim Lesen eines Buchs, wie z. B. der Willkommschen „Wunder
des Mikroskops" (Leipzig, Spamer) ohne viel geistige Kostcn erwerben, und
Zeit pflegt ja in der Sommerfrische auch nicht allzu teuer zu sein.
Iuliheft ^900
selbst bei einigermaßen noch handlichen „Krimstechern" blieb es fatal genug:
der Ausschnitt aus dem Naturbilde war zur Gewährung ästhetischen Ge-
nusses fast für alle Fälle zu klein. Die Optiker zerbrachen sich deshalb die
Köpfe, aber lange mußten sie keinen Nat. Endlich erlaubten es die technischen
Fortschritte, den Tppus des bildumkehrenden astronomischen Fernrohres zur
Gewinnung eines handlich kurzen Glases mit großem Gesichtsfelde zu ver-
bessern. Eine vcrschmitzte Prismen-Konstruktion stellte gleichzeitig das Bild
wieder auf die Füße und verklcinerte die Länge des Rohrs etwa auf den
dritten Teil, indem sie den Strahl darin hin und her sandte, eh er ins Auge
trat. Das Ergebnis sind die Trieder-Binocles, die sich jetzt rasch verbreiten.
Jch benutze ein solches aus der Goerzschen Anstalt in Berlin-Friedenau
seit einiger Zeit und dars nach einer Menge von Beobachtungen nun sagen:
das ist's, was unsoreiner braucht. Man lege ein Fünfmarkstück neben einen
Pfennig (so ungefähr verhält sich das Gesichtsfeld eines Trieder-Binocles zu
dem eines Opernglases älterer Konstruktion) — dann bedenke man, wie sehr
diese Vergrößerung des Sehkreises nicht nur das Auffinden und im Auge
behalten, sondern ebenso den Schönheitsgenuß erhöht. Mit diesen Gläsern ists
:n der That möglich, sich ein fernes Landschnftsstück als Bild vors Auge zu
ziehen. Und es ist ganz überraschend, was das bedeutet. Eine Menge von
Landschaftsbildern, die man aus der Ferne „angedeutet" sieht, z. B. Einblicke
von Bergen in Thäler, kann man gerade so aus der Nähe ja überhaupt nicht
gewinnen, ehe das Fliegen erlernt ist. Da ist denn das Durchprüfen der
Landschaft auf schöne Bilder hin etwas ganz andres, als das übliche Absuchen
mit dem Fernrohr auf berühmte „Punkte" — man kann sich da wirklich aufs
Entdecken verlegen und oft eine wahre Fülle von Landschaftsschönheiten einheimsen,
die anderswie überhaupt nicht zu seh en sind. Was noch den Reiz er-
höht, ist der Umstand, daß die Luft zwischen dem Hier und Dort ja nicht „weg-
gesehen" wird, daß also der seine „Duft der Ferne" bleibt, der das Bild nach
Blau oder Gold hin harmonisiert und stimmt. Die Konstruktion der Trieder-
Binocles hat vor den früheren noch ein paar andere Vorzüge, aber die gehen
uns nichts an, wir haben's nur mit dem Aesthetischen zu thun. Da unsres
Wissens noch nie diese Seite der neuen Erfindung hervorgehoben worden ist,
wollten wir doch darauf aufmerksam machen.
Wir raten unsern Freunden, die in die Sommerfrische gehn, den ästhe-
tischen Genüssen, die ihnen Fern- und Nahglas vermitteln, ein -wenig mehr
Beachtung zu schenken, als gemcinhin üblich ist. Gewiß, es wird sich verlohnen.
Auch bei dem „Nahglas". Schon wer eine Lupe gut zu brauchen versteht,
wird seine Freude dran haben. Ein kleines Mikroskop verlangt ein wenig
Sachverständnis, soll man was Rechtes damit anfangen können, und wegen
des Präparierens mehr Zeit. Aber das zureichende Pücklein Sachverständnis
läßt sich beim Lesen eines Buchs, wie z. B. der Willkommschen „Wunder
des Mikroskops" (Leipzig, Spamer) ohne viel geistige Kostcn erwerben, und
Zeit pflegt ja in der Sommerfrische auch nicht allzu teuer zu sein.
Iuliheft ^900