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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

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Heft 20 (2. Juliheft 1900)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0304

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halten. Die Eisenacher Bache. Voran der wohlehrenfeste und kunstberühmte
Herr Johann Bernhard, Johann Christophs, des großen „ausdrückenden" Kom-
ponisten würdiger Nachfolger an der Kirche St. Georgen. Die Erfurtischen
Bache: Thomas Bach, der gcstrenge Herr vireowi- mit seiner vollzähligon Rats-
kompagnie; dcr bereits hochbetagte, ehrwürdige Herr Aegidius Bach, der
St. Michaeliskirche kunstberühmter Organist — der, in guter Rüstigkeit, sein
Bäuchlein alleweil in Ehren trägt. Ferner dic Gotyaischen Bache: Herr Johann
Caspar vom Thurm und alle sechS Kunstpfeifer der Kompagnie. Auch der
kränkliche Herr Johann Elias Bach von Mciningen hat dio woite Reise nicht
gescheut, wie auch der wohledle, kunstberühmte und hochgelahrte Universitäts-
organist von Jena, Herr Lk. Johann, Nikolaus Bach, ein kleines, bewegliches
aber bei allem Frohsinn doch würdebewußtes Männchen. Es sind gekommen die
Bache von Coburg, von Rudolstadt, von Saalfeld, Ohrdruf, Sondershausen und
die aus dem Weimarischen; die Bache von Kösen, Ruhla, Nockhausen, Mols-
dorf und aus dcm Amt Gehren; die Bachischen Kantoren, Organisten und
Kunstpfeifer von Suhl, Mühlhausen, Breitenbach, Wechmar, Stadtilm, Jlmen-
au, Ammern, Buttelstedt und aus der gefürsteten Grafschaft Henneberg.

An ihre Plätze begeben sich die Bache.

Linker Hand, nach den Salat-, Bohnen- und Schotenrabatten des an-
stoßenden Gemüsegartens hinaus haben frei und luftig die Türmer und Kunst-
pfeifer ihr Revier; die sind züh und wettcrfest und könncn schon einen krüftigen
Blascr Luft vertragen. Rechts, längs der schutzgewährenden, cpheuberankten,
großen Scheunen- und Wagcnremisenwand sitzen die Herrcn Oantoi-es und Or-
ganisten von denen Kirchen im Thüringcrlande. Wäs im Hauso und weit
hcrum in der Nachbarschaft an irgend reputierlichem Getisch und Gestühl nur
aufzutreiben war, ist für dero größtmögliche Behaglichkeit bestimmt, denn gär
penibel ist alles, was zur Geistlichkeit gehört, im Punkt bequemcn und zugluft-
sichercn Sitzens. Der Hcnnenwirt weiß dies. Das Kunstpfeifervolk, imglcichen
auch die Türmer, so hoch oben im Turm ihre Sach' zu gcmeincr Stadt Nutz
haben abzuwarten, müssen stch mit Schemeln, Böcken, leeren Fässern und roh-
bretterncn Bänken bcgnügen. Genau in der Frontmitte zwischen bciden Flügeln
der Versammlung ist auf eingerammten Pfählcn einc Art Tribüne errichtet,
mit beherrschendem Hochsitz und Rundblick. Hier walten dic Herren Senioren
und Sprechmannen ihres Amtes. Die WLrde des lliaeses fällt allemal dem
jeweiligen Nestor des Geschlechtes vom Stammc der Kantoren und Organisten
zu. Lluliei- taceLt. Ei nun, selbstverständlich I Weiber- und Kindergeguarre,
wo die thüringischen Bache sich versammeln, zu Nutz und Frommen der Lrosession,
der hohen Kunst — ? Vielmehr: in der Wirtschaft greifen sie sleißig mit an,
das Mahl richten zu helfcn, die Hausfrauen unter den Bachinnen, und die
Jungfern Töchter hüten das Kindcrvölklein hinten im Garten, insoweit cs da-
heim nicht unterzubringen gewesen und deshalb mitgenommen ward.

Da sitzen nun die Bache, ruhen aus von den Beschwerdcn der Ncise,
klöhnen gemütlich, recken die Gliedcr, lehnen sich zurück und badcn die Augen
in dem Meer schneeiger Kirschblüten ihnen zu Hüupten. Was allcs man doch
dahcim wiederum erlebt hat, in Freud und Leid, zu Nutz oder Schadcn der
llrokession, seit dem letzten Beisammcnsein auf dem Erfurtischen Familientagel
Von Geburten und Sterbefällen gibts zu berichten, von allerhand Krankheiten
und Mühseligkeiten, von sröhlichen Hochzeiten und Kindstaufen und sonstigen
kleincn und großen Familienfreuden, zumal gar ausführlich darüber, wic die
Kinder einschlagen und sich machen: wie sie doch haben allcsamt guten ?ro-
Aunstwart
 
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