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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1900)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0363

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* Eine künstliche Ruine will
noch oder wollte doch dcr Erfurter
Nerschönerungs-Verein crrichtcn, und
zwar im obcren Stcigcrthale. Der
„Burgwart" riet von diescm Unter-
nehmon ab: „Eine künstliche Nuine
wird unter allen Umständen unecht
wirken, selbst wenn man bedeutende
Mittcl aufwcnden wollte. Bei geringen
Aufwendungen läßt sich überhaupt nur
cin komischer Effekt erzielen. Unter
allen Umständcn wirkt ein solches un-
cchtes Bauwcrk vcrwirrcnd und stört
das Ncrständnis des Publikums sür
die Wirklichkcit. Ueberdies dürfte es
dem Verschönerungs-Bercine durchaus
nicht an gceigncten Obsekten fehlen,
wcnn er cinc oder mehrerc wirklichc
Burgruincn in dcr Nühe Erfurts in
scine Pflcgc nehmen will. Dadurch
könntc er sich ein wirkliches Vcrdienst
um die Landschaft und um die vater-
ländische Gcschichte erwcrbcn." Wir
müchten betonen, dasj nuch von dem
Standpunkte aus, auf dem wir stehen,
sich zu Gunstcn künstlichcr Ruinen
nichts findcn läßt. Jm Gegenteil,
wir verurteilen geradc als Kunstfreunde
dic „künstlichcn Nuincn" womöglich
noch cntschiedcner. Sie sind dcr Aus-
druck cincr sentimcntalen Gefühls-
spiclcrci, dic mit Kunst als dem Aus-
druck vollcmpfundencr Wirklichkcit nicht
das mindcste zu thun hat. EchteRuincn
ja dic bcwahrc man, die haben, ab-
geschcn von ihrem gcschichtlichcn und !
etwaigcn architektonischcn Wcrt auch
einen elegisch-poetischcn Neiz, wo der
malerische ihnen fehlt. Was diesen
malerischcn Neiz anbclangt, so ist's i
übrigens cin Jrrtum, wenn man ihn
im Publikum dcn Ruinen in besonderem
Matze zuspricht; cin Jrrtum, der wohl
noch aus der Zcit des Ltlassizismus
stammt, zu dcr man's vcrlcrnl hattc,
selbcr malcrisch zu baucn. Zctzt kann
man's abcr wicdcr.

" „Dicllnschönheit dcrObcrlcitungen j
dcr clektrischen Stratzenbahnen !
ctwas zu mildern, gibt cs cin cinfaches

Mittel, das von einer tcchnischcn Fach-
schrift empsohlen wird. Es ist dic
Lackicrung der stärkeren Tcilc dcr Luft-
leitungcn in einer hellgrauen
Farbe. Während die dünnen Drähte
selbst wegen ihrer Unscheinbarkeit wenig
auffallen, hebt sich die schmutzige
schwarze Farbe der stärkeren Teilc, die
sich namentlich an dcn Abzweigungen
und Krcuzungen häufen, recht auf-
fallend von dem hcllen Hintergrund
des Himmels ab, und cin heller An-
strich, gegen welchen keinerlei Ein-
wendungen alS dic des Kostcnpunktcs
gemacht werdcn künncn, mildert dic
Ausfülligkcit in sehr bedeutendem Matze.
Ein leicht ausführbarcr Versuch wird
das sehr augenfällig crscheinen lasscn."

Uns schcint diese kleine Notiz un-
gemein bczeichnend für die übliche
Wald- und Wiesen-Aesthelik dcs deut-
schen Bürgers. Was einem nicht ge-
sällt, je nun, das vertuscht man
cben nach Möglichkeit! Oder kommt der
^ Vorschlag auf ctwas anderes hinaus?
j Mitunter geht's ja wirklich ohne ein
Vertuschen nicht ab, wenn namlich
Hätzlichkeiten da sind, die sich aus
praktischen Gründcn nicht ändern lassen.
Das aber sind ganz seltene Ausnahmen;
in hundert Füllen von hundert und einem
lictze sich dic Sache, die man eigentlich
oder vergleichsweise gesprochen durch
„graue Farbe" aus dem Bild wischen
will, gerade zu cinem Reiz des Bil-
des gestalten. Auch von den besagten
„Oberleitungen" gilt das. Man bilde
cinfachc feingeformte Tragsäulcn und
Tragarme in grotzen Linicn ohnc
kleinliche Ausputzerei und lasse sie keck
in krüftigcn Farben anstreichen — und
unsre grotzstädtischen Stratzen werdcn
nicht nur ctwas Hätzlichcs verlorcn,
sondern zuglcich etwas Hübschcs ge-
wonncn habcn.

vcrniischtcs.

* Zur Ncise nach Paris
noch ein paar klcine Büchcrcmpfeh-
lungcn als Nachtrag. „Ein Studien-
Augustheft ttzvo
 
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