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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,2.1900

DOI Heft:
Heft 22 (2. Augustheft 1900)
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Prager, Robert L.: Urheberrecht und Buchhandel in sozialistischer Beleuchtung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7960#0379

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Gründung einer gcnossenschastlichcn Buchhandlung, die rwm Staate er-
richtet wcrden soll, ohne von ihm abhängig zu sein. Sie soll sich selbst leiten,
und selbst die Verteilung des Nutzens, den die gemeinsame Arbeit erzielt hat,
unter ihre Mitglieder vornehmen. Der Staat soll ihr lcdiglich ihre Verfassung
in Form eines Gesetzes geben und die genaue Beobachtung des Gesctzes über-
wachen. Eine Honorarzahlung sei auszuschliehen. Den Preis dcs Buches
habe der Staat zu bestimmen, und er soll so wohlfeil wie möglich sein. Die
Druckkosten zahlt die Genossenschaft, über die Annahme des Buches bestimmt
cin zu dicsem Zwecke gewählter Ausschuß erleuchteter Männer. Jn das Staats-
budget sei cin Posten untcr der Bezcichnung ^Nationalbelohnung" einzustellen,
nm dic sich die Schriftstellcr, dercn Werke von der Genossenschast veröffentlicht
werdcn, bewcrben dürfen, und dic denen zufallen soll, die sich durch ihre
Werkc um das Vaterland am meisten verdient gemacht haben. Die „National-
belohnung" soll an Stelle des jetzt üblichen Schriftstellerhonorars trcten. Für
jedes der „Nationalbelohnung" würdig befundene Werk ist der Genossenschaft
einc Prämie zuzubilligcn, einerseits um sie zu ermutigen, junge Talcnte zu
unterstützen, anderseits um sie für die Verluste zu entschädigen, dcnen sie durch
ihre Unterstützung zuweilen ausgcsetzt scin könnte. Jedes Iahr hätten die Volks-
vcrtreter einen Bürger zu ernennen, dcssen Aufgabe cs sein solle, die von der
Buchhandlung herausgegebencn Werke eincr Beurteilung zu unterziehen, dcn
Eindruck festzustcllen, den dicse Büchcr auf die Kritik und auf die Gcscllschaft
gcmacht habcn und am Ende des Jahres die Ergebnisse sciner Prüfung in
einem mit Gründen versehenen und im einzelncn ausgearbeiteten Bericht den
Vertretern des Volks vorzulegen. Einen Monat nach Veröfscntlichung dieses
Berichts hätten die Volksvei-treter die Verteilung der zur Nationalbclohnung
bestimmten Summe unter die dieser Anerkennung sür würdig erachtcten Schrift-
steller vorzunehmen.

Louis Blanc sieht voraus, daß dieses System „einigen naiv, anderen
wunderlich" erschcinen wird; er rechtfertigt es aber dadurch, daß heute der
Eintritt cincs armen, unbekannnten jungen Mannes in die Schriftstellcr-
laufbahn mit den größten Schwierigkeiten oerknüpft ist, daß der jungc Schrift-
stcller häufig dcr Ausbeutung sich nicht crwehren kann, und daß die schlechten
Bücher dcn guten dcn Weg versperren. Auch die Erfahrung, daß nicht stets
die Nützlichkcit oder dcr Wert cines Buches ausschlaggebend für den Erfolg
sei, sondern ebcnso häufig die geschickte Rcklame oder die Spekulation auf un-
edle Jnstinkte bewegt ihn zu seinen Vorschlägen. Die Folge ist, daß auch der
klingende Lohn nicht im Verhältnis zur aufgewendeten Arbeit oder zu dem
Nutzen stcht, dcr dcr Allgemeinheit aus dem Buche erwächst. Endlich soll die
Schriftstcllcrei kcin Gewcrbc sein, dcr Schriftsteller soll schaffen, weil es ihn
drängt, scin Jnncres scinen Mirmcnschen zu offenbaren, wcil er die Erfahrung,
dic Kcnntnisse, dic er gewonnen, seincn Volksgenosscn zn gute kommen lasscn
will. Deshalb soll das Streben, unter den Besten genannt zu werden, der
Sporü sein und dic Belohnung durch die Vertreter des Volks dic höchste zu
erstrebcnde Ehre sür den Schriftsteller. R. k. Prager.

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