Mutianus: So bringt uns, N)irt!
(Alle setzeu sich, der Wirt briugt Weiu.)
Gbwobl der Ruhe Freund nnd in der Stille
Dcs eignen ^auses nur ganz, der ich bin,
Lieb' ich es doch bisweilen, unterin volk
Zu sitzen — freilich unbehelligt, bloß
Beobachtend, die wechselnden Affekte,
Lust, Trauer, Ueberraschung und Lnttäuschung,
Die Lifersucht, den Ncid, wohl gar den Isaß
Zu schaun in Mienen, dio nichts hehlen können —
Loban: Nun, heute sieht man nichts als reine Lust;
Der !Nai hat alle Lserzen aufgethan,
Und jedes Antlitz lächelt ihm entgegen.
INutianus: Das scheint euch nur. Schant einmal näher hinl
Die Dirne dort, merkt ihr, sie ist cnttäuscht,
Iveil sie den Liebsten nicht gefunden hat,
Und jene andrc ncidet, deutlich zeigt sich's,
Der munteren Gesxiolin ihren Putz.
So kann inan viel von den Gcsichtcrn lesen,
Das ganze Leben ist ein buntes Buch,
Aus dcm der Weise sich Belehrung holt —
Ich frcilich ziehe meine Alten vor,
Wic ihrc Augen sahn, sehn keinc inehr.
Da sitze ich in meiner stillen Aaninier,
Und tief und wcit öfsnet sich inir die lvelt.
Domherr: Ia, ihr seid cin Gelehrter, Nkutianus;
Wir andern — lieber Gott, die vielen Biicherl
U?o fängt man damit an, wo hört man auf?
Latein, ein bißchen, wie man's eben braucht,
Nun ja, doch Griechisch gar! Ls stammt vom Teufel,
Sxrach einst ein weiser Ulönch. Das glaub' ich nicht,
Allein die heil'ge Uirche ist verniinftig,
Sic guält uns nicht, sie will nur, daß wir fromm sind.
Iägcr: Und was habt ihr, hochwürd'ger kserr, nicht alles
Zu thun? Wie kann man von euch fordern,
Daß ihr euch mit don dummen Büchern abgobt?
Ls ist fürwahr nicht leicht, ein reiches Stift
Rccht zn vcrwalten, all die guton Gaben,
Die ihm das Bauernvolk zu lcistcn hat,
Zn würdigcn. „Sind auch dic Licr frisch?
Ist dicscr Schinken nicht zu fett? Der wein
Ans Frankon odcr gar vom Rhein, bekommt er
Uns auch? was sollcn wir für Fische esscn?
Uarxfen sind gut, doch Schleie auch nicht übcl."
Das sind doch Dinge, die inan iiberlegen,
Ticf iiberlegen muß; dcnn ohne die
Gesundheit, ach, was ist der Uiensch? — Daneben
Isat man zu kiof zu ziehn, die vielen vettorn
Abwechsclnd zu bcsuchen, mit dcn lvcibcrn
Gibts immer Aergcr, mit dcn Nachbarn iminer
2. Augustheft tIvc»
375
(Alle setzeu sich, der Wirt briugt Weiu.)
Gbwobl der Ruhe Freund nnd in der Stille
Dcs eignen ^auses nur ganz, der ich bin,
Lieb' ich es doch bisweilen, unterin volk
Zu sitzen — freilich unbehelligt, bloß
Beobachtend, die wechselnden Affekte,
Lust, Trauer, Ueberraschung und Lnttäuschung,
Die Lifersucht, den Ncid, wohl gar den Isaß
Zu schaun in Mienen, dio nichts hehlen können —
Loban: Nun, heute sieht man nichts als reine Lust;
Der !Nai hat alle Lserzen aufgethan,
Und jedes Antlitz lächelt ihm entgegen.
INutianus: Das scheint euch nur. Schant einmal näher hinl
Die Dirne dort, merkt ihr, sie ist cnttäuscht,
Iveil sie den Liebsten nicht gefunden hat,
Und jene andrc ncidet, deutlich zeigt sich's,
Der munteren Gesxiolin ihren Putz.
So kann inan viel von den Gcsichtcrn lesen,
Das ganze Leben ist ein buntes Buch,
Aus dcm der Weise sich Belehrung holt —
Ich frcilich ziehe meine Alten vor,
Wic ihrc Augen sahn, sehn keinc inehr.
Da sitze ich in meiner stillen Aaninier,
Und tief und wcit öfsnet sich inir die lvelt.
Domherr: Ia, ihr seid cin Gelehrter, Nkutianus;
Wir andern — lieber Gott, die vielen Biicherl
U?o fängt man damit an, wo hört man auf?
Latein, ein bißchen, wie man's eben braucht,
Nun ja, doch Griechisch gar! Ls stammt vom Teufel,
Sxrach einst ein weiser Ulönch. Das glaub' ich nicht,
Allein die heil'ge Uirche ist verniinftig,
Sic guält uns nicht, sie will nur, daß wir fromm sind.
Iägcr: Und was habt ihr, hochwürd'ger kserr, nicht alles
Zu thun? Wie kann man von euch fordern,
Daß ihr euch mit don dummen Büchern abgobt?
Ls ist fürwahr nicht leicht, ein reiches Stift
Rccht zn vcrwalten, all die guton Gaben,
Die ihm das Bauernvolk zu lcistcn hat,
Zn würdigcn. „Sind auch dic Licr frisch?
Ist dicscr Schinken nicht zu fett? Der wein
Ans Frankon odcr gar vom Rhein, bekommt er
Uns auch? was sollcn wir für Fische esscn?
Uarxfen sind gut, doch Schleie auch nicht übcl."
Das sind doch Dinge, die inan iiberlegen,
Ticf iiberlegen muß; dcnn ohne die
Gesundheit, ach, was ist der Uiensch? — Daneben
Isat man zu kiof zu ziehn, die vielen vettorn
Abwechsclnd zu bcsuchen, mit dcn lvcibcrn
Gibts immer Aergcr, mit dcn Nachbarn iminer
2. Augustheft tIvc»
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