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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

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Heft 3 (November 1913)
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Vom Schreibtisch und aus dem Atelier
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Rath, Willy: Münchner Dichter
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0436

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358 Willy Rath:

Schaffens wird etwas langsamer genom-
men und Zeit für Zerstreuung oder Er-
holung gewonnen. Als Or. Joseph Ett-
linger (der allzu früh gestorbene Gründer
des Literarischen Echos und Förderer der
Volksbühne), einmal aus Berlin nach
München kam und einige Dichter und
Schriftsteller besuchen wollte, konnte er
sich nicht genug wundern über das späte
Aufstehen, das gemächliche Arbeiten, die
stete freundliche Bereitschaft zu kleineren
oder größeren Symposien. Anderen Be-
suchern aus dem Norden soll es ähnlich
ergangen sein. Da aber die Dichtung
nicht bloß vom Fleiß lebt, ist hiermit keines-
wegs ein Vernichtungurteil über München
als Dichterstadt gegeben.
Von den lebendigen Münchner Dichtern
nun im einzelnen zu sprechen, bedeutet ein
Wagnis. Wie man's auch anfasse, man-
chem wird man's nicht recht machen. Im

Nahmen einer zwanglosen Übersicht ist
kein Raum für „erschöpfende" Behand-
lung eines Themas, das sich einem unter
den Händen beständig verändert, und auch
kein Raum für exakte Gliederung nach
einem Nangsystem. Es sei also bereit-
willigst zugegeben, daß sehr wohl mancher
Dichter von Talent, vielleicht sogar einer
von Genie in München leben mag, der
hier übersehen wird. Und es sei angemerkt,
daß für die Beschränkung des Bildschmucks
technische Gründe mitbestimmend waren.
Der ehrenwerte Name Münchner Dichter
kann hier selbstverständlich nicht in dem
engeren Sinn gebraucht werden, daß nur
geborene Münchner in Betracht kämen.
Dann wäre auch bei weitherziger Aus-
legung des Begriffs Dichter noch kein
halbes Dutzend zusammenzubringen. Die
Bayern, die aus anderen Orten des
Königreichs stammen, aber längst in


Josef Ruederer

München heimisch wur-
den, stellen schon eine
größere Gruppe.
Ihr Alterspräsident
ist der einundachtzig-
jährige Maximilian
Schmidt, der wie Greif
ursprünglich Offizier
war und dann in zahl-
reichen volkstümlichen
Erzählungen namentlich
den Bayrischen Wald
(zwanzigmal) verwertet
hat. Zur Unterscheidung
vom Heer der Namens-
vettern führt er denn
auch mit landesherrlicher
Genehmigung den Na-
men Waldschmidt. Die
schöne Jahreszeit verlebt
der rüstige Greis teils
im Bayrischen Wald,
teils auf seinem schlichten
Sommersitz in Ambach
am Starnberger See.
Vier andere Bayern,
die in anderer Weise,
zur Hälfte in geradezu
entgegengesetzter Weise,
ebenfalls gern Motive
des Volkslebens behan-
deln, haben sich gleicher-
maßen Landsitze ge-
 
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