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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

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Heft 3 (November 1913)
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Vom Schreibtisch und aus dem Atelier
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Rath, Willy: Münchner Dichter
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0437

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Münchner Dichter 359

schaffen, wo sie vom Frühjahr bis tief in
den Herbst hinein Hausen. Mindestens
drei von ihnen sind auch vielerfahrene
Weidmänner. Und das ist charakteristisch
für sie, so sehr sie untereinander verschieden
sind. In ihren Werken kommt es zum
Ausdruck, auch wo nicht von Wald und
Wild die Rede ist.
Ludwig Thoma (von Geburt Oberam-
mergauer), der mit seinen sechsundvierzig
Jahren auf der Höhe seines Schaffens
steht, hat seit vier Jahren in Rottach am
Tegernsee sein schönes Bauernanwesen,
das er gut bäuerlich bewirtschaftet, mit
bildsauberem, blumenumhegtem Haus.
Zum Jäger war er schon durch die Ab-
stammung , als Sohn eines Forstmeisters,
bestimmt. Sein geruhiges, stämmiges
Wesen birgt mehr Temperamentsschattie-
rungen, als der äußere Anschein vermuten
läßt. Die mordsgrobe Satire ist bei ihm

wig Ganghofer der Jägerei ergeben und
hat uns in lebensvollen Schilderungen an
ihrer Lust teilnehmen lassen. Ganghofer,
der unerschöpfliche Fabulierer, ist ein san-
guinischer Bayer vom minder harten
Schwabenstamm (geboren 1855 zu Kauf-
beuren), bewohnt mit der blühenden Fa-
milie im Sommer sein Jagdhaus Hubertus,
das ziemlich einsam am Fuß des Wetter-
steingebirges bei Leutasch in Tirol liegt.
Michael Georg Conrad, der hünenhafte
Franke, reiht sich diesen bayrischen Kraft-
gestalten , die alle so gar nichts vom typi-
schen Literatentum an sich haben, würdig
an. Daß er mit seinen siebenundsechzig
Jahren nicht mehr der rauhe Stürmer ist,
der er als Wortführer der aufstrebenden
Modernen vor zwei Jahrzehnten war,
das ist ja ebenso natürlich wie der Alters-
reif, der ihm auf das blonde Kopf- und
Barthaar fiel. Wie Conrad, hat sich auch

ebenso echt wie die Ge-
mütstiefe, die sein erstes
Volksdrama „Magda-
lena" enthüllte. Dieses
Werk und seine herben
Bauernromane („An-
dreas Vöst", „Der Wit-
tiber") bedeuten in
ihrer unübertrefflichen
Lebenstreue den gehalt-
vollen Kern seines bis-
herigen Dichtens.
Josef Ruederer (ein
wirklicher, geborener
Münchner, Jahrgang
1861) hat sich in Ober-
ammergau angesiedelt.
Die Art, wie er sich vor
Jahren in seiner vielver-
sprechenden Komödie
„Die Fahnenweihe"
gegen die herkömmlich
liebenswürdige Bauern-
kumedi wandte, war der
Ludwig Thomas ver-
wandt. Seitdem zeigte
sich, daß weniger das
naturwahre Gestalten
größeren Stils, als die
bajuvarisch kräftige Sa-
tire die Stärke seiner ras-
sigen Persönlichkeit ist.
Wie Thoma ist Lud-


D Georg Hirschfeld V
 
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