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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

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Heft 3 (November 1913)
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Vom Schreibtisch und aus dem Atelier
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Rath, Willy: Münchner Dichter
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0440

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362 Willy Rath:

die Lyriker Karl Henckell und Ludwig
Scharf in München dauernd festen Fuß
gefaßt. Henckell (der aus derselben
Stadt und demselben Jahr wie Wede-
kind stammt) fand nach dem Aus-
probieren sämtlicher Viertel von Zürich,
der schönsten Stellen am Vierwald-
stätter See und der erträglichsten von
Charlottenburg ein neues Heim in Mün-
chen. „Wo die lebendige, grüne Isar
bei Bogenhausen die Stadt wieder ver-
läßt und, von Weiden und Pappeln um-
säumt, in die Weite zieht, am Eingang
des früheren Herzogparks", wohnt er
nun seit vier Jahren und scheint Lust
zum Bleiben zu haben.
Und abermals eine charakteristische
Zweiergruppe: Graf Eduard Keyser-
ling und Thomas Mann, ein echter
Aristokrat und ein echter Patrizier,

Hanns von Gunrppenberg


zwei der vornehmsten deutschen Prosa-
künstler unter den Lebenden. Beide stam-
men aus dem hohen Norden, Graf Keyser-
ling aus Kurland, Mann aus Lübeck.
Zwanzig Jahre (1855 bis 1875) liegen

zwischen ihren Geburtsjahren, aber in
ihrem Schaffen kommt das kaum zum
Ausdruck. Keyserling, der seit Jahren von
körperlichen Leiden schwer bedrängt wird,
entwickelt als Erzähler eher noch mehr


Korfiz Holm

Wärme denn der jüngere
Genoß; in der unbestechlich
sachlichen und gepflegten
Darstellung sind sie ein-
ander ebenbürtig.
Graf Keyserling ist seit
mehr als einem Jahrzehnt
in einer der neueren Miet-
wohnungen Schwabings da-
heim, Thomas Mann lebt
nur den Winter über in der
Stadt. Für die Sommer-
zeit hat er sich bei Bad Tölz
ein schönes Landhaus bauen
lassen, auf literarischem
Grund und Boden; denn
der Vorbesitzer war Hans
Hopfen, dem es nicht mehr
vergönnt war, seinen Villen-
plan zu verwirklichen. Es
macht dem Dichter der
„Buddenbrooks" und der
„Königlichen Hoheit" viel
Spaß, seinen Garten zu
kultivieren. Sehr bezeich-
nend aber ist es für ihn und
für viele von uns (soweit
wir ehrlich sind), wenn er
trotzdem bekennt: „Ich bin
 
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